Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Steinsalzbrocken werden unbehandelt weiterverkauft.
Doch die Mühe lohnt sich, denn Salz macht reich. Speziell die Region um Hallstatt am gleichnamigen See in Oberösterreich blüht auf. Als einziger Salzanbieter im Umkreis von 300 Kilometern entwickelt sich Hallstatt nicht nur zu einem der Haupthandelszentren für Steinsalz, sondern auch zu einem Ort, an dem mit den Handelsstraßen auch technisches Know-how sowie verschiedenste kulturelle, soziale und religiöse Gedanken zusammentreffen. »Hall« ist übrigens nicht wie weithin angenommen (und vermarktet) dasaltkeltische Wort für »Salz« (dieses lautete saleino ), sondern stammt aus dem Urgermanischen. Wenn es seinen Ursprung nicht sogar in der indogermanischen Ursprache hat, denn immerhin finden wir neben dem urgermanischen hallan »Salzkruste« das lateinische callum »harte, verkrustete Stelle«.
Hauptlieferant aller Informationen ist der zwischen 1847 und 1863 von Bergmeister Johann Georg Ramsauer planmäßig ausgegrabene Friedhof von Hallstatt. Ungeachtet aller Schwierigkeiten bei der Zuordnung und Interpretation der Funde, konnte inzwischen ein recht genaues Bild von den Arbeitsbedingungen derer gezeichnet werden, die den Wohlstand mit ihren Händen erschaffen haben.
Der erste nennenswerte Abbau beginnt schon um 1350 v. Chr.; aus dieser Zeit stammt auch die älteste erhaltene Holztreppe. Ab 800 v. Chr. ist er »im großen Stil« organisiert. Die bronzenen Pickel, mit denen das Salz geschlagen wird, sind da bereits durchdachte Weiterentwicklungen primitiver Urformen. Der Metallkopf sitzt auf einem Holzstiel, in den eine Verjüngung eingearbeitet ist. Das lässt das Werkzeug beim Aufschlag federn und vermindert somit den Gelenk schädigenden Rückschlag. Die Nahrung der Arbeiter ist eiweißreich, um der schweren körperlichen Arbeit Rechnung zu tragen. Hülsenfrüchte – speziell Bohnen – erfreuen sich dabei großer Beliebtheit. Aufgrund der Hochlage des Abbaugebietes müssen fast alle Lebensmittel aus dem Flachland auf den Berg gebracht werden. Eine einheitliche Kleidung für die Bergleute gibt es nicht, es wird alles verwendet, was in irgendeiner Weise praktikabel erscheint. Man trägt Leder, Felle und Wollstoffe, Letztere gelegentlich mit Rinder- oder Pferdehaar verstärkt. Eine Art Einheitskleidung stellen lediglich die ledernen Zipfelmützen dar, die man mit dem Fell nach innen trägt, sowie die Schuhe, die aus einem einzigen Stück Leder bestehen, an der Ferse zusammengenäht und vorn zu einem Zipfel gelegt und zusammengebunden sind.
Was wir über die Arbeiter wissen, haben uns in erster Linie die Unglücklichen überliefert, die im Berg vom Tod überrascht wurden und nie ein Grab gefunden haben. Die letzten Ruhestätten jedoch,die Ramsauer ausgegraben hat, sind die der Reichen, die, für die der weißgraue Schatz abgebaut wird. Sie berichten von einem anderen Leben, in Glamour und Wohlstand.
Hallstatt – Metropole der Frühkelten
Seit der Entdeckung des Friedhofs taucht immer wieder der Begriff »Hallstattkelten« auf. Er impliziert, dass sich anhand der Funde in Hallstatt die Lebensweise der Kelten ab dem 8. vorchristlichen Jahrhundert als geschlossenes Gesellschaftsbild zeichnen lässt.
Das kann aus verschiedenen Gründen nicht funktionieren.
Zunächst einmal sind die Salzbergwerke von Hallstatt Saisonbetriebe, die nach völlig eigenen Regeln funktionieren. Hier leben während der Abbauzeit nur die Arbeiter und die Handelsherren. Dazu kommen dann noch einige Kriegsherren, die den reibungslosen Ablauf des Handels in Hallstatt sichern. Die Familien bleiben zu Hause, das (und hier widerspricht der Friedhof der Annahme, dass als Träger vor allem Frauen und Kinder eingesetzt werden) verrät die unterdurchschnittlich geringe Anzahl an Frauengräbern. Die Gräber erzählen auch, dass viele der Händler zum Teil von weit her kommen, auch von deutlich außerhalb des hallstättischen Kulturkreises, denn in Hallstatt werden völlig verschiedene Begräbnisrituale parallel praktiziert.
Auch der Charakter Hallstatts selbst ist geeignet, das Bild zu verfälschen. Es ist Förderstätte eines international gefragten Rohstoffes und Drehscheibe des Handels zwischen Nord und Süd, Ost und West. Es ist ziemlich sicher genauso wenig typisch frühkeltisch wie heute London als typisch englisch und Berlin als typisch deutsch zu bezeichnen ist. Hallstatt ist ein Ort, an dem die Einflüsse der Kulturen zusammenfließen, ein spätbronzezeitliches bzw.
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