Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur
Humber bildet, zurückzudrängen. Das römische Herrschaftsgebiet reicht im Norden nun bis zur Landenge am Solway.
Ein Mann auf der Flucht, eine Frau und ihre Nähe zur Macht
Viele Britannier der oberen Schichten betrachten die Römer eher als Freunde statt als Feinde. Auf der anderen Seite ist die antirömische Allianz keineswegs bereit, das Feld kampflos zu räumen. Und es ist auch keine Überraschung, dass die Anführer des britannischen Widerstands die Söhne des Cunobelin, Togodum und Caradoc sind. Doch bereits im Jahr der Ankunft der Römer werden die Cassi unterworfen und Togodum stirbt im Kampf noch vor der Ankunft des Claudius. Caradoc zieht sich zurück und sucht Unterschlupf bei den Dobunni. Dort bleibt er, bis diese Ziel der römischen Vorstöße werden.
Für gute Männer mit Führungsqualitäten und herausragender Reputation als Krieger findet sich immer eine Aufgabe. Nur kurze Zeit später taucht Caradoc als Führer der walisischen Stammesföderation aus Silures und Ordovices wieder aus der Versenkung auf. Diese Stellung hat er ganze neun Jahre inne, dann ist die Zeit auch für diese Stämme gekommen. In einer großen Schlacht in der Nähe des Flusses Severn siegen die Römer. Caradocs Frau und seine Tochter werden gefangen genommen; er selbst muss fliehen. Seine Wahl hinsichtlich seines Exils fällt auf das Königreich der Brigantes, in denen er speziell nach dem Vorrücken der Römer in deren Stammesterritorium und dem Schauspiel der Hinrichtungen wertvolle Verbündete vermutet.
Er vermutet falsch. Cartimandua, die Königin der Brigantes, ist mindestens genauso ehrgeizig wie skrupellos. Für sie ist klar, dass die neue Macht in Britannien Rom heißt. Und die alte keltische Regel für den Erfolg heißt nun einmal, sich mit denen zu verbünden, die einem hilfreich sein können. Dafür geht man weit. Sehr weit. InCartimanduas Fall heißt das, dass sie keinerlei Hemmungen hat, Caradoc erst als Flüchtling aufzunehmen und ihn dann an die Römer auszuliefern.
Wie sehr sich die Zeiten seit Caesar und Vercingetorix gewandelt haben, zeigt das Schicksal des Caradoc. Er wird Claudius vorgeführt und erhält die Gelegenheit, sich und seine Motive zu erklären. Das tut er laut Überlieferung in einer flammenden Rede über Freiheit und Unabhängigkeit, die Claudius dazu bewegt, ihn nicht etwa hinzurichten, sondern ihn zu begnadigen.
Ob Caradoc wirklich vor Claudius gesprochen hat, ist keineswegs gesichert. Römische Geschichtsschreiber haben derartige Reden gern erfunden und zur Verbesserung des Images ihres Protagonisten sogenannten »edlen Feinden« in den Mund gelegt. Sollte es sie gegeben haben, dann hat sie bei Claudius mit Sicherheit keinerlei Sentimentalitäten ausgelöst. Unwahrscheinlich ist auch, dass Claudius gegenüber Caradoc irgendwelche freundschaftlichen Gefühle entwickelt, gewissermaßen von Kriegsherrn zu edlem Unterlegenen.
Nein, die Begnadigung des Caradoc durch Claudius kann man getrost als PR-Maßnahme in Sachen Eigenmarketing verbuchen. Eine der wichtigsten römischen Tugenden, die einen wahren Staatsmann ausmachen, ist die clementia , die Milde. Der Mangel an derselben hat sowohl Scipio als auch Caesar als Makel angehaftet. Claudius begeht diesen Fehler nicht. Die Begnadigung des Caradoc rundet seinen Sieg in Britannien ab. Er ist nun auch dem öffentlichen Ansehen nach genau der Herrscher, den Rom verlangt.
Doch bleibt die Auslieferung des Caradoc nicht ohne Folgen für die königliche Familie der Brigantes. Der Gemahl der Cartimandua, Venutius, nimmt seiner Frau den Verrat übel und stellt sich offen gegen sie. Das missfällt der Königin, und um ihren Standpunkt klarzumachen, nimmt sie Venutius’ Bruder und diverse weitere Verwandte von ihm gefangen. Venutius sammelt daraufhin seine Krieger und greift Cartimandua ohne Umschweife an. Diese tut, was mit Rom verbündete Kelten schon vor ihr getan haben: Siebittet Rom um Hilfe. Und tatsächlich ist es nur das Eingreifen der römischen Streitkräfte, das ihr den Thron und vermutlich auch das Leben retten.
Im Großen und Ganzen läuft für Rom militärisch alles so wie geplant. Die Geißel Roms, die das Unternehmen »Rule Britannia« letztlich nach 17 Jahren dennoch fast zum Scheitern bringt, ist eine andere.
Ihr moderner Name wäre »Öffentlicher Dienst«.
Ämter, Amtsmissbrauch und seine Folgen
Noch zur Zeit Caesars verwaltet Rom seine Territorien wie einen privaten Haushalt. Es gibt flache Hierarchien, die vitalen
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