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Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur

Titel: Herrscher der Eisenzeit - die Kelten - auf den Spuren einer geheimnisvollen Kultur Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heyne
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linke Hand hatte schon den Haarschopf des Gefallenen gepackt, das Schwert in seiner erhobenen Rechten, bereit, dem Geschlagenen den Kopf zu nehmen. In diesem Augenblick erwachte er plötzlich, in Schweiß gebadet, mit rasendem Herzen – und einem großen Grasbüschel in seiner linken Hand.
    Aleso öffnet die Augen. Seine Hand geht unbewusst zum Kopf, seine Finger fahren durch sein halblanges blondes Haar, nur um zu fühlen, was sein Kopf ihm bereits gesagt hat:
    Keine Spur von der harten weißen Kruste, die das Haar eines Kriegers aufrecht stehen lässt, nur weiche, leicht fettige Haarsträhnen.
    Wieder war es nur ein Traum. Aber irgendwann wird es kein Traum mehr sein. Irgendwann wird auch er sich mit den Händendas milchig weiße Wasser auf sein Haar klatschen, es mit den Fingern steil nach oben kämmen und so trocknen lassen.
    So, wie sein Vater es immer tut, wenn er in den Kampf zieht.
    Sein Vater, der Krieger.
    Das Leben ist hart für einen heranwachsenden keltischen Jungen des 4. bis 1. vorchristlichen Jahrhunderts. Zu gerne würde er einmal die Waffen des Vaters tragen. Ganz Vermessene, die das Glück haben, Sohn eines berittenen Kriegers zu sein, träumen gar davon, einmal auf dessen Tier zu sitzen. Und natürlich sollen alle seine Freunde sehen, wie er das Schwert in die Höhe reckt und dem Pferd die Fersen in die Weichen stößt.
    Die Wirklichkeit sieht jedoch ganz anders aus. In der keltischen Gesellschaft ist der erfolgreiche Krieger das erstrebenswerte Idealbild schlechthin. Er ist jemand, der sich wieder und wieder in mutigen Einzelkämpfen beweist, der seinen Wohlstand in zahlreichen wagemutigen Überfällen erworben hat und eine große Anhängerschaft sein Eigen nennt, die ihn, den Kriegsherrn, anhimmelt. Er ist jemand, von dem sogar vielleicht einmal die Geschichtsbewahrer des Stammes singen.
    In dieser Gesellschaft haben diejenigen, die noch nicht einmal Waffen tragen dürfen, nicht viel zu sagen.
    Außerhalb der heimischen vier Lehm- und Flechtwerkwände führt der Sohn eines Kriegers ein Leben, das bisweilen an das eines Ausgestoßenen erinnert. Bis zu seiner Kriegerweihe darf er die Waffen des Vaters vielleicht putzen – wenn er Glück hat! – im Haus natürlich, denn sich als Ungeweihter draußen mit einer Waffe blicken zu lassen, gilt als Vergehen. Es ist bereits ungehörig, sich als Ungeweihter in der Öffentlichkeit seinem Vater zu nähern, ihn gar anzusprechen. Und wer sich bei Stammesversammlungen oder Festen (so er denn überhaupt daran teilnehmen darf) in Anwesenheit des Vaters niedersetzt, der riskiert wahrscheinlich nicht nur böse Blicke, sondern eher handfeste Argumente, sich wieder zu erheben und zu entfernen.
    Doch irgendwann im Alter zwischen 15 und 17 naht der Tag der Kriegerweihe. Diese Weihe ist ein sich über mehrere Tage hinziehendes Ereignis, bestehend aus rituellen Reinigungen, Weissagungen, Mutproben, Ausdauer-, Kraft- und Geschicklichkeitstests und nicht zuletzt Waffenübungen. Allerdings ist der Tag der Kriegerweihe natürlich nicht der erste Tag, an dem die zukünftigen Kämpfer des Stammes eine Waffe in die Hand nehmen. Einige Zeit vor dem Fest der Kriegerweihe findet sich die angehende Kriegerjugend regelmäßig in Gemeinschaften zusammen, um unter der Anleitung gestandener Stammeskrieger an den Waffen unterwiesen zu werden und mit den Gepflogenheiten des Kriegerdaseins bekannt gemacht zu werden. Ab hier widmen sich die Väter verstärkt ihren Söhnen, denn natürlich reichen die allgemeinen Waffenübungen bei Weitem nicht aus, um wirkliche Meisterschaft zu erlangen. Und natürlich kann es nicht angehen, dass sich der Sohn eines Kriegers vor aller Augen bei der Kriegerweihe blamiert! Da nimmt man sich als Vater gern die Zeit, ihm das in vielen Kämpfen Erlernte an Schwert, Speer und Schild höchst selbst beizubringen.
    Wichtiger Bestandteil der Vorbereitung auf die Kriegerweihe ist auch die Einführung in diejenigen heiligen Rituale, die bislang ausschließlich den erwachsenen Kriegern vorbehalten sind. Wie bitte ich die Götter um genug Kraft und Ausdauer im Kampf, um die Fähigkeit, den Schmerz einer Verletzung zu ertragen? Wie bedanke ich mich, wenn die Götter mir den Sieg geschenkt haben? Was erwartet mich in der Anderen Welt, wenn ich als ruhmreicher Krieger im Kampf falle? Was droht mir, wenn ich mich ergebe, obwohl ich noch kämpfen kann? Wenn ich gar weglaufe?
    Diese Unterweisungen sind für die Heranwachsenden eine hoch spannende Angelegenheit. Zum einen

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