Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
Elant.
Yomen hielt inne. »Ja, der Oberste Herrscher hat die Kolosse erschaffen«, sagte er schließlich. »Es war sein Vorrecht zu beschließen, wie sie eingesetzt werden. Außerdem hat er sie in großer
Entfernung der zivilisierten Städte gehalten. Ihr aber führt sie direkt vor unsere Schwelle.«
»Ja«, sagte Elant, »und sie haben nicht angegriffen, denn ich kann sie genauso kontrollieren, wie es der Oberste Herrscher konnte. Deutet das nicht an, dass ich sein Recht zu herrschen geerbt habe?«
Yomen runzelte die Stirn. Vielleicht bemerkte er, dass sich Elants Argumente andauernd änderten. Er sagte, was ihm in den Sinn kam, damit das Gespräch nicht versandete.
»Anscheinend wollt Ihr diese Stadt nicht retten«, sagte Elant, »aber es gibt andere in ihr, die weiser sind. Ihr glaubt doch wohl nicht, dass ich ohne Verbündete hergekommen bin, oder?«
Yomen zögerte.
»Ja«, sagte Elant, während er einen Blick auf die Menge warf. »Ihr kämpft nicht nur gegen mich, Yomen. Ihr kämpft gegen Euer eigenes Volk. Wer wird Euch verraten, wenn die Zeit gekommen ist? Wie gut könnt Ihr Euren Untertanen vertrauen?«
Yomen schnaubte verächtlich. »Das sind müßige Drohungen, Wager. Worum geht es hier wirklich?« Doch Elant wusste, dass seine Worte Yomen Sorgen bereiteten. Der Mann vertraute dem örtlichen Adel nicht. Wenn er es getan hätte, wäre er ein Narr.
Elant lächelte und bereitete sich auf sein nächstes Argument vor. So konnte er das Gespräch für einige Zeit weiterführen. Denn wenn er als Heranwachsender im Hause seines Vaters etwas gelernt hatte, dann war es das Ärgern anderer Menschen.
Da hast du dein Ablenkungsmanöver, Vin, dachte Elant. Hoffen wir, dass du den Kampf um diese Stadt beenden kannst, noch bevor er richtig begonnen hat.
Jeder einzelne sorgfältig gesetzte Stachel kann bestimmen, wie der Körper des Empfängers durch die Hämalurgie verändert wird. An der einen Stelle erschafft der Stachel eine ungeheure, fast hirnlose Bestie. An der anderen Stelle erschafft er einen geschickten – aber mörderischen – Inquisitor.
Ohne das instinktive Wissen, das ihm bei der Quelle der Erhebung verliehen wurde, als er die Macht ergriff, wäre Raschek nie in der Lage gewesen, Hämalurgie anzuwenden. Mit seinem erweiterten Geist und ein wenig Übung konnte er erahnen, wo er die Stacheln setzten musste, um die Diener zu erschaffen, die er haben wollte.
Es ist eine kaum bekannte Tatsache, dass die Folterkammern der Inquisitoren in Wirklichkeit hämalurgische Laboratorien waren. Der Oberste Herrscher versuchte andauernd, neue Dienerarten zu erschaffen. Es zeugt von der Komplexität der Hämalurgie, dass es ihm trotz tausendjähriger Versuche nie gelang, etwas jenseits der drei Arten von Geschöpfen zu erschaffen, die er während des kurzen Augenblicks ersonnen hatte, als er die Macht in Händen hielt.
Kapitel 44
D in schlich den steinernen Treppenschacht hinunter, während von unten leise, unheimliche Geräusche zu ihr hochdrangen. Sie hatte weder eine Fackel noch eine Laterne, und der Treppenschacht war nicht erleuchtet, doch es fiel genug Licht von oben herein, so dass sie mit ihren zinnscharfen Augen etwas sehen konnte.
Je länger sie darüber nachdachte, desto mehr ergab der ausgedehnte Keller einen Sinn. Das hier war das Schatzamt — es war der Teil des Ministeriums, der für die Ernährung der Menschen,
den Unterhalt der Kanäle und die Versorgung der anderen Ämter verantwortlich gewesen war. Vin vermutete, dass in den Gewölben einmal viele Vorräte und wertvolle Waren gelagert gewesen waren. Wenn sich die Höhle wirklich hier befand, dann wäre sie die erste unter einem Gebäude des Schatzamtes. Vin erwartete viel von diesen Kellern. Welchen besseren Ort gab es, das eigene Atium und die wichtigsten anderen Schätze und Vorräte zu verstecken, als den einer Organisation, die sich um Lagerung und Versand im ganzen Reich kümmerte?
Der Treppenschacht war einfach, zweckmäßig und tief. Vin rümpfte die Nase über die abgestandene Luft, die ihr wegen ihres geschärften Geruchssinns umso stickiger erschien. Aber sie war dankbar für das bessere Sehvermögen, um das schärfere Gehör erst gar nicht zu erwähnen, das ihr das Klirren von Rüstungen dort unten vermeldete – was bedeutete, dass sie sich sehr vorsichtig bewegen musste.
Und das tat sie. Sie erreichte den Fuß der Treppe und spähte um die Ecke. Drei schmale Steinkorridore führten von der Treppe weg; jede befand sich in einem
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