Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
davonstehle.«
Er nickte, und sie trennten sich. Elant ging geradewegs auf eine Gruppe von Männern zu, die Vin nicht kannte. Sie hielt sich in Bewegung. Sie wollte nicht in Gespräche verwickelt werden, also mied sie die Frauen, die sie aus der Festung Orielle kannte. Sie wusste, dass sie eigentlich ihre Kontakte hätte festigen sollen, aber ihre Gefühle waren gar nicht so weit von Elants entfernt. Es war keine richtige Nervosität, sondern eher das Verlangen, allen typischen Ballaktivitäten aus dem Weg zu gehen. Sie hatte Wichtigeres zu tun.
So schlenderte sie durch den Ballsaal, nippte an einem Becher Wein und beobachtete die Wachen. Es gab eine Menge von ihnen, was vermutlich eine gute Sache war. Je mehr Wächter sich im Ballsaal befanden, desto weniger waren im Rest des Gebäudes. Theoretisch.
Vin ging weiter, nickte den Leuten zu, aber zog sich jedes Mal zurück, wenn jemand mit ihr zu reden versuchte. Wenn sie an
Yomens Stelle wäre, dann hätte sie einige Soldaten abgestellt, um sie zu bewachen und dafür zu sorgen, dass sie nicht überall herumstromerte. Doch keiner der Männer schien sich auf sie zu konzentrieren. Nach einer Stunde war sie wahrhaft enttäuscht. War Yomen tatsächlich so unfähig, dass er eine allseits bekannte Nebelgeborene, die sein eigenes Haus betreten hatte, nicht einmal überwachen ließ?
Verärgert verbrannte Vin Bronze. Vielleicht waren Allomanten in der Nähe. Beinahe wäre sie vor Entsetzen zusammengefahren, als sie ein allomantisches Pulsieren unmittelbar neben sich bemerkte.
Dort standen nur zwei Personen. Höfische Puderquasten — Frauen, deren Namen sie nicht kannte, die aber eindeutig unwesentlich wirkten. Vermutlich sollte sie genau diesen Eindruck erhalten. Sie standen nicht weit von Vin entfernt und schwatzten mit einigen anderen Damen. Die eine verbrannte Kupfer und die andere Zinn – Vin hätte es niemals bemerkt, wenn sie nicht die Fähigkeit besäße, Kupferwolken zu durchdringen.
Als Vin durch den Raum schlenderte, folgten ihr die beiden und beteiligten sich mit beachtlichem Geschick immer wieder an neuen Gesprächen. Sie blieben stets in Vins Nähe, damit ihre zinnscharfen Ohren alles aufschnappen konnten, aber sie hielten sich in dem überfüllten Raum so weit von ihr entfernt, dass Vin sie ohne allomantische Hilfe niemals entdeckt hätte.
Interessant, dachte sie und begab sich zum Rande des Raums. Wenigstens unterschätzte Yomen sie nicht. Aber wie sollte sie diesen Frauen entwischen? Sie würden sich von Elants Ablenkungsmanöver nicht beeindrucken lassen und sofort Alarm schlagen, wenn Vin versuchen sollte, sich davonzustehlen.
Während sie langsam weiterging und an dieser Frage arbeitete, bemerkte sie eine vertraute Gestalt, die am Rande des Ballsaals saß. Langsamschneller trug seinen üblichen Anzug und
rauchte seine Pfeife in einem der Sessel, die für die Älteren oder vom Tanzen Ermüdeten bereitgestellt waren. Sie begab sich hinüber zu ihm.
»Ich war der Meinung, du gehst nicht auf solche Veranstaltungen«, bemerkte sie lächelnd. Hinter ihr drängten sich ihre beiden Schatten geschickt in eine Unterhaltung, die nicht weit von Vin entfernt geführt wurde.
»Ich komme nur, wenn mein König sie ausrichtet«, sagte Langsamschneller.
»Ah«, meinte Vin und verließ ihn wieder. Aus den Augenwinkeln heraus sah sie, dass Langsamschneller die Stirn krauszog. Offenbar hatte er erwartet, etwas länger mit ihr zu reden, aber sie durfte nicht das Risiko eingehen, dass er etwas Belastendes sagte. Zumindest noch nicht. Ihre Verfolgerinnen machten sich von ihrem Gespräch los; Vins rascher Abgang zwang sie, es etwas unbeholfen zu tun. Nachdem Vin ein wenig herumgewandert war, blieb sie stehen und gab den Damen die Gelegenheit, sich in ein neues Gespräch zu stürzen.
Dann wirbelte Vin herum und lief mit raschen Schritten zurück zu Langsamschneller. Dabei versuchte sie den Eindruck zu hinterlassen, dass sie sich gerade an etwas erinnert hatte. Ihre Schatten, die ganz natürlich wirken wollten, hatten große Schwierigkeiten, ihr zu folgen. Sie zögerten kurz, und Vin erhielt dadurch einige Atemzüge Freiheit.
Als sie an Langsamschneller vorbeiging, beugte sie sich hinunter zu ihm. »Ich brauche zwei Männer«, sagte sie. »Solche, denen du vertraust und die gegen Yomen sind. Sie sollen mich an einem Ort treffen, der abgeschiedener ist und wo man sitzen und miteinander reden kann.«
»Der Innenhof«, sagte Langsamschneller. »Den linken Korridor entlang
Weitere Kostenlose Bücher