Herrscher des Lichts - Sanderson, B: Herrscher des Lichts - The Hero of Ages, Mistborn 3
waren nun schon so lange bei ihm, waren seine Gefährten. Sein ganzes Wissen.
Wissen …
Die Worte der Prophezeiung waren sehr präzise, dachte er plötzlich. Sie besagen … sie besagen, dass der Held die Zukunft der Welt an den Armen trägt.
Nicht auf den Schultern. Nicht in den Händen. An den Armen.
Bei allen vergessenen Göttern!
Er rammte die Arme in die beiden Nebelstränge und ergriff die Macht, die sich ihm darbot. Er saugte sie in sich ein, spürte
sie seinen Körper durchdringen und in ihm brennen. Sein Fleisch, seine Knochen verdampften, doch dabei berührte er seine Kupfergeister und ergoss ihren gesamten Inhalt in sein Bewusstsein, das sich immer weiter ausdehnte.
Die geleerten Kupfergeister fielen zusammen mit seinen Ringen auf den Haufen der blauen Leichname und neben die von Vin, Elant und dem namenlosen Körper Ruins. Sazed öffnete die Augen, die nun so groß wie die ganze Welt waren, und nahm die Macht in sich auf, welche die gesamte Schöpfung untereinander verband.
Der Held wird die Macht haben, die Welt zu retten. Aber er wird auch die Macht haben, sie zu vernichten.
Wir haben es nicht verstanden. Er würde nicht nur Bewahrs Macht in sich begreifen. Er würde auch die von Ruin benötigen.
Diese Kräfte waren einander entgegengesetzt. Als er sie aufsaugte, drohten sie sich gegenseitig aufzuheben. Doch weil er genau wusste, wie er sie einsetzen wollte, konnte er sie in sich getrennt halten. Sie konnten sich berühren, ohne sich zu vernichten, wenn er es nur wollte. Denn diese beiden Mächte waren benutzt worden, um alle Dinge zu erschaffen. Wenn sie kämpften, vernichteten sie. Wenn sie gemeinsam eingesetzt wurden, erschufen sie.
Verständnis schwoll in ihm an. Mehr als tausend Jahre hatten die Bewahrer das Wissen der Menschheit gesammelt und in ihren Kupfergeistern aufbewahrt. Sie hatten es von Bewahrer zu Bewahrer weitergegeben, und jeder Mann und jede Frau hatte die Gesamtheit dieses Wissens mit sich herumgetragen, so dass er oder sie es weitergeben konnte, wenn es nötig wurde. Sazed besaß alles.
Und in einem Augenblick der vollkommenen Klarheit verstand er alles. Er sah die Muster, die Hinweise, die Geheimnisse. Die Menschen hatten geglaubt und angebetet, solange sie existiert hatten, und in diesem Glauben fand Sazed die Antworten,
die er brauchte. Es waren Juwelen, die in allen Religionen der Menschheit vor Ruin verborgen worden waren.
Es hatte ein Volk gegeben, die sich die Bennett genannt hatten. Sie hatten das Erstellen von Landkarten als ihre heilige Pflicht angesehen; Sazed hatte einst ihre Religion vor Kelsier persönlich erörtert. Aus ihren genauen Karten erkannte Sazed nun, wie die Welt einmal ausgesehen hatte. Er benutzte seine Macht, um die Kontinente und Ozeane, die Inseln und Küstenlinien, die Berge und Flüsse wiederherzustellen.
Es hatte ein Volk gegeben, das sich die Nelazan genannt hatte. Es hatte die Sterne angebetet und sie die Tausend Augen ihres Gottes Trell genannt, mit denen er sie beobachtete. Sazed erinnerte sich daran, wie er ihre Religion der jungen Vin dargelegt hatte, während sie als Gefangene der Mannschaft ihren ersten Haarschnitt über sich ergehen lassen musste. Von den Nezalan hatten die Bewahrer Sternenkarten erhalten und sie pflichtschuldig aufgezeichnet, auch wenn die Gelehrten sie als nutzlos bezeichnet hatten, da sie seit den Tagen der Erhebung nicht mehr korrigiert worden waren. Doch aus diesen Sternenkarten und den Mustern und Bewegungen der anderen Planeten im Sonnensystem konnte Sazed errechnen, wo genau die Umlaufbahn der Welt sein sollte. Er rückte den Planeten an seinen alten Platz – nicht zu heftig, wie es einst der Oberste Herrscher getan hatte, denn nun hatte er Vergleichsdaten, an die er sich halten konnte.
Es hatte einmal ein Volk gegeben, das als die Canzi bekannt gewesen war und den Tod angebetet hatte; es hatte den menschlichen Körper in allen Einzelheiten erforscht. Sazed hatte ein Gebet dieses Volkes über die Leichen gesprochen, die sie in dem Versteck von Vins alter Diebesbande vorgefunden hatten – damals, als Kelsier noch gelebt hatte. Aus den Lehren der Canzi über den menschlichen Körper folgerte Sazed, dass sich die Physiologie der Menschheit verändert hatte – entweder durch
die Absichten des Obersten Herrschers oder einfach aufgrund von Evolution –, so dass sie nun Asche einatmen und braune Pflanzen essen konnte. In einer Machtaufwallung stellte Sazed die Körper der Menschen wieder so her, wie sie
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