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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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ihrer Hilfe die oberen Teile der Wände zu untersuchen.
    Tisch – Stühle – Kasten. Alles übrige hatte er erkundet. Lag das Geheimnis doch in der Mitte des Raums? Erregt stand er auf. Keiner der beiden Stühle ließ sich weiter bewegen, als er es bei dem ersten Versuch festgestellt hatte. Und die Knöpfe? Sicher dienten sie dazu, Nahrung zu liefern und nicht, wie er zu Anfang angenommen hatte, um die Wände zu öffnen. Und jetzt der Tisch.
    Trotz aller Anstrengung vermochte er ihn keinen Millimeter zu verrücken.
    Tisch, Stühle, Kasten …
    Sander setzte sich wieder, um sich zu konzentrieren. Vor sich sah er die Farben der Knöpfe mit ihren Zeichen: rot, grün, gelb, braun. Rot war seit Anbeginn verbunden mit Macht, Gefahr. Rot war das Feuer, das zerstören konnte, wenn man es nicht bezwang. Rot wurde das Gesicht eines Mannes, der wütend war.
    Grün war den Augen angenehm. Es war die Farbe des Wachstums, des Lebens. Gelb – gelb war Gold, Sonnenlicht, auch Macht, doch nicht so vernichtend wie rot. Braun – braun war die Erde – etwas, das man bearbeiten mußte, weil es nicht von selbst etwas schaffen würde.
    Warum vergeudete er seine Zeit und dachte über die Bedeutungen der Farben nach? Er mußte einen Weg hinaus finden – er mußte! Doch er vermochte seinen Blick nicht von den Knopfreihen zu lösen – rot, grün, gelb, braun. Sie gaben ihm zu essen, aber waren nutzlos für seine anderen Bedürfnisse.
    Braun: das Gelb des Goldes, verborgen in der Erde, Grün: die Dinge, die auf ihr wuchsen, Rot: das Feuer, das die Erde des Lebens berauben konnte. Langsam begann sich ein Muster zu formen, obgleich er energisch diese abwegigen Gedanken vertreiben wollte, um praktischere Überlegungen anzustellen. Doch waren es abwegige Gedanken? Er vermutete, daß Fanyi dies nicht finden würde. Sander hatte nie an Dinge geglaubt, die er nicht sehen, berühren, schmecken oder hören konnte. Und doch hatte er auf seiner Reise Begegnungen gehabt, die sich nicht allein daran messen ließen. Als Schmied arbeitete er mit seinen Händen; doch was er schuf, war zunächst ein Bild in seinem Geist – also folgte er einem Plan, den sonst niemand außer ihm wahrnehmen konnte. Auf gewisse Weise hatte er demnach doch mit Dingen zu tun, die nicht greifbar waren.
    Sollte er nach all den letzten Stunden sich weigern, seine Phantasie zu gebrauchen? Die Stimme aus der Luft hatte die Worte der Schmiede gesprochen. Freilich waren sie eingestreut in andere, die Sander nicht verstanden hatte, aber er war sich seiner Sache sicher. Er sollte dies als Zeichen nehmen und seinen Vermutungen trauen, auch wenn sie ihm unsinnig schienen.
    „Braun“, sagte er laut und drückte den dunkelsten Knopf dieser Reihe herunter. „Gold.“ Jetzt wählte er den hellsten, der ihn am meisten an das geschmolzene Metall erinnerte. „Grün.“ Hier wählte er nicht den dunkelsten, sondern einen in der Mitte, der in seiner Farbe am ehesten dem frischen Grün im Mai glich. „Rot.“ Dieser Knopf hatte den feurigen Ton tanzender Flammen.
    Ein schlürfendes, kratzendes Geräusch ertönte. Eine Wand öffnete sich, indem sich ein Stück nach oben verschob. Sander war nicht einmal überrascht. Er hatte, als er die Knöpfe der Reihe nach niederdrückte, bereits das Gefühl gehabt, daß er damit tatsächlich ein weiteres Stückchen des Geheimnisses gelöst hatte.
    Nun schritt er zuversichtlich durch die Öffnung dem Unbekannten entgegen.

Maxim

    Er gelangte in keinen Raum, wie er erwartet hatte, sondern in einen engen Korridor. Er lief ihn entlang, selbstbewußt und zuversichtlich, weil es ihm gelungen war, das Rätsel der Tür zu lösen. Er war auch nicht besonders erstaunt, als sich eine blanke Platte vor ihm zur Seite schob, als er sich ihr näherte, und ihm den Durchgang öffnete.
    Von der anderen Seite drangen Geräusche an sein Ohr. Ein Summen, Klicken und andere Laute. Er verlangsamte seine Schritte und versuchte zu überlegen, was ihn nun erwarten würde. Ihn durchzuckte der Gedanke, daß derjenige, der sich dieses Irrgartens bediente, kein einfacher Gegner sein würde. Jedenfalls ließ er sich durch Sanders Waffen gewiß nicht abschrecken. Sein Pfeilwerfer, sein langes Messer waren so weit entfernt von allem, was er bisher hier gesehen hatte, wie sie ihrerseits von den unbehauenen Steinbrocken entfernt, die ein primitiver Mensch als Waffe verwendete.
    Entschlossen steckte er den Pfeilwerfer zurück in den Gürtel und trat mit leeren Händen durch die Tür. Das

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