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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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anfängliche Schrecken über seine aussichtslose Lage war verflogen. Er kämpfte nicht mehr, sondern schickte sich drein und zermarterte sich den Kopf mit Fragen, auf die er möglicherweise nie eine Antwort bekommen würde. Keine der Sagen der Weisen hatte jemals angedeutet, daß derart unglaubliche Dinge möglich waren, daß der Wille eines anderen Gewalt über den Körper eines Menschen bekommen konnte und ihm seine Schritte diktierte. Doch das Wissen, das die Weisen aus den Vergangenen Tagen besaßen, war natürlich sehr lückenhaft. Außerdem waren in jener sagenhaften Zeit die Vorfahren Sanders nicht in diesem Gebiet ansässig gewesen. So konnten damals durchaus Dinge geschehen, von denen man bei seiner Horde nichts wußte. Daß jemand diese alten Maschinen – wie zum Beispiel den Wagen, den er eben gesehen hatte – wieder in Gang setzen konnte, das nahm er fraglos hin. Denn die Arbeit eines Mannes konnte mit Geduld und den nötigen Werkzeugen repariert werden. Das war ja gerade die Hoffnung gewesen, die ihn hierher, nach Norden, geführt hatte.
    Aber, daß etwas Unbekanntes seine Gedanken durchdringen und steuern konnte, war etwas völlig anderes: es schien ihm so fremd wie das Ungeheuer auf der alten Insel. Doch dachte er, daß ihm vielleicht eine Chance blieb, wenn er sich willig und widerstandslos der Macht fügte, bis er wußte, was hinter allem steckte.
    Sander hatte nunmehr den beschädigten Teil des Ganges hinter sich gelassen und mit ihm die Mauerstützen. Hier leuchteten auch wieder alle Lampen; die Wände waren glatt und wiesen keine Sprünge auf. Vor sich sah er eine Öffnung und dahinter wieder das Licht von Lampen. Dann hörte er etwas: Rhins scharfes Bellen! Genauso grüßte ihn der Kojote, wenn er ihn lange nicht gesehen hatte. Er hatte also recht gehabt: der Kojote wartete auf ihn. Sander trat durch die Türöffnung und mußte blinzeln, denn hier leuchtete das Licht heller als im Gang.
    Er befand sich in einem Raum von mittlerer Größe. Es war ein merkwürdiger Raum. Die Wände reichten nur bis gut über Kopfhöhe, darüber verlief eine Säulengalerie, die hoch oben an der Decke endete. Der Raum war leer und hatte außer dem Eingang, durch den Sander gekommen war, auch keine weitere Unterbrechung in den Mauern. In diesem Augenblick hörte der Zwang, der ihn hierhergebracht hatte, plötzlich und unvermutet auf. Und doch war Sander sicher, daß er, sollte er es versuchen, nicht umkehren konnte.
    Dort, wo er Rhins Bellen gehört hatte, mußte es einen Weg aus dem Raum geben. Systematisch begann Sander bei der nächsten Mauer zu suchen. Er fuhr mit den Fingerspitzen über die feuchte Oberfläche, obgleich er mit den Augen nicht die feinste Linie einer Tür erkennen konnte. Er kauerte sich nieder und begann sie von unten nach oben abzutasten.
    Die Mauer war aus keinem ihm bekannten Stein. Sie war auch viel glatter, als man je einen Stein schleifen konnte. Und sie fühlte sich kalt an. Doch an manchen Stellen stieß er auf wärmere Abschnitte. Oft waren sie nicht größer als seine Fingerspitzen, manchmal so groß wie seine Handflächen. Und nachdem er sämtliche Wände untersucht hatte, stellte er fest, daß die warmen Stellen nur an der Wand zu finden waren, die dem Eingang gegenüberlag. Da er sonst nichts gefunden hatte, untersuchte Sander sie noch einmal genauer. Dabei stellte er fest, daß die warmen Stellen die Form von Händen hatten! Wenn man die Handfläche auf die größere warme Stelle legte, paßten die Fingerspitzen, spreizte man sie, genau auf die kleinen warmen Flecken. Eine Hand entsprach der linken, eine der rechten. Doch man konnte die Hände nur genau darauflegen, wenn man den Körper eng an die Mauer preßte und die Arme weit ausstreckte. Sander tat es und legte seine Hände auf die warmen Stellen.
    Plötzlich flammte Hitze auf. Sander war geistesgegenwärtig genug, seine Hände nicht fortzureißen. Und dann merkte er auch, daß die Hitze nicht so stark war, wie er anfangs befürchtet hatte. Doch dann erschrak er, als eine körperlose Stimme über ihm zu sprechen anfing.
    Das meiste, was sie sagte, war unverständlich. Doch zu seinem nicht geringen Erstaunen schnappte Sander ein paar Wörter auf, die zu den geheimen Sprüchen der Schmiede gehörten. Es folgte Stille, und dann ertönten noch einmal dieselben Laute.
    Sander fuhr sich mit der Zunge über die ausgetrockneten Lippen. Ein Schmied …? Einer mit derselben Berufung? Es blieb ihm nichts weiter zu tun, als einen Versuch

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