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Herrscher über den Abgrund

Herrscher über den Abgrund

Titel: Herrscher über den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andre Norton
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völlig verschwunden, und viele Umrisse waren verschwommen und undeutlich.
    „Unsere Welt …“
    Sander fuhr herum, die Hand am Messer. Er brauchte Rhins Grollen nicht, obgleich er sich einen Moment verwundert fragte, warum der Kojote nicht eher Laut gegeben hatte, denn diesmal kam die Stimme nicht aus der leeren Luft. Diese Worte waren von einem Mann gesprochen worden, einem Mann, der nun auf ihn zu humpelte und Sander ebenso reserviert musterte wie dieser ihn.
    Der Fremde bot keinen erfreulichen Anblick. Früher war er wohl groß gewesen, doch jetzt war sein Rücken gekrümmt, und die Schultern hingen nach vorn. Seine spindeldürren Arme und Beine, sowie sein aufgeblähter Bauch wurden besonders deutlich sichtbar, weil er ein graues Gewand trug, das ihm eng am Körper lag. Sein Kopf war mit borstigem weißlichem Haar bedeckt, als hätte man ihn erst kahlgeschoren und ihm dann ein paar Zentimeter Haar zugestanden. Auf der hängenden Oberlippe hatte er einen dürftigen Bart von der gleichen Farbe. Ansonsten war sein faltiges Gesicht bartlos. Die Haut seines Gesichts und der Hände mit den knotigen Fingern war so blaß, daß er wie ein Weißhäutiger ausschaute, nur lag bei ihm ein ins Graue gehender Schimmer darauf. In einer Hand hielt er eine Röhre oder einen Stock, den er trotz seiner zitternden Hand sorgfältig auf Sander gerichtet hatte. Sander dachte, daß es sich um eine Waffe handelte. Vor Waffen, die sich mit der Umgebung dieses Ortes messen konnten, hatte der Schmied bereits einen gewaltigen Respekt.
    „Unsere Welt“, wiederholte die Erscheinung in Grau und begann zu husten.
    Sander vernahm ein Winseln von Rhin und sah sich um. Das Tier, das er einmal beobachtet hatte, wie es einen Bullen in Schach hielt, bis die Reiter der Horde ihm zu Hilfe kamen, lag jetzt auf dem Boden, als hätte man es geschlagen. Bei diesem Anblick wurde Sander wütend.
    „Was hast du mit Rhin gemacht!“
    Der Fremde grinste. „Das Tier hat seine Lektion gelernt. Ich bin Maxim – kein Tier zeigt mir die Zähne. Nimm das als Warnung, Junge, nimm das als Warnung! Ich habe so große Macht zu meiner Verfügung, wie ihr Barbaren draußen nicht einmal erträumen könnt! Ich bin Maxim von den Erwählten. Es gab welche, die vorausblickten, die Vorbereitungen trafen … Wir, wir allein retteten alles, was die Menschheit wußte. Wir allein!“
    Er hatte die Stimme erhoben und endete nun mit einem so schrillen Ton, daß Rhin erneut winselte.
    Der alte Mann hat bereits die Grenze zwischen Gesund und Krank überschritten, überlegte Sander.
    „Ja! Ja!“ fuhr der andere fort. „Wir haben bewahrt, wir haben erlitten, wir sind die einzige Intelligenz, die einzige Zivilisation, die noch übrig ist. Barbar, sieh mich gut an! Ich bin Maxim! Hier drin“, er klopfte sich auf die Stirn, „ist mehr Wissen, als du jemals erlangen kannst, und würdest du zweimal solange leben. Du willst das alles jetzt stehlen? Es gibt keinen Weg, denn es ist hier eingeschlossen.“ Wieder klopfte er an die Stirn. „Du weißt ja nicht einmal, was du nicht weißt! So armselig ist deine Rasse. Du bist kein Mensch wie die Vergangenen Menschen …!“
    Schriller und lauter wurde sein Gebrabbel. Und Sander brauchte nur einen Blick auf Rhin zu werfen, um zu erkennen, daß dieser Verrückte entsetzliche Waffen besaß, die er zweifellos, ohne zu zögern, gegen jeden und jedes richten würde. Was war mit Fanyi und den Fischern geschehen? Das mußte der Ort sein, den sie gesucht hat. Aber war sie diesem Maxim begegnet und hatte sie dafür zahlen müssen? Wut war in ihm aufgestiegen, als er Rhin so demütig fand, doch diese Wut verstärkte sich, wenn er daran dachte, daß vielleicht Fanyi durch diesen Narren sterben würde.
    „Was willst du?“ erkundigte sich Maxim. „Was wolltest du von Maxim erbitten? Möglichkeiten zu töten? Ich kann dir einige zeigen, daß dir dein Gehirn vor Schrecken schmilzt. Wir kannten sie, ja, wir kannten sie alle! Es gibt Seuchen, die man unter die Unwissenden bringen kann, so daß sie wie vergiftete Fliegen umfallen. Wir können den Körper eines Menschen am Leben erhalten, aber seinen Willen vernichten. Wir können eine Stadt in die Luft jagen mit einem einzigen Knopfdruck! Wir sind die Meister. Dieser Ort ist von uns geplant worden, denn wir wußten, einige mußten überleben, damit unsere Zivilisation weiterlebte. Und wir lebten …“
    Seine Stimme verebbte in Schweigen, und die Erregung verschwand aus seinem fahlen Gesicht. Einen

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