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Herrscher

Herrscher

Titel: Herrscher Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Howell Morgan
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nähern. Alle, die es taten, hatten von ihr den Eindruck starker Zerstreutheit. Es war ein offenes Geheimnis, dass sie sich mit großen Sorgen um ihren Sohn plagte, der sich seit dem Tod seines Vaters abgesondert hielt und in der Nacht zu Albträumen und Angstanfällen neigte.
    Still und stumm standen hinter der Königin Ork-Wächter und verdarben zu einem guten Teil die Stimmung. Anscheinend fürchtete sich der junge Kregant III. vor ihnen. Er zappelte an der Seite seiner Mutter herum, während sie halbherzig diesem und jenem Anliegen Gehör schenkte.
    General Voltar wartete, bis die Reihe der Bittsteller ein Ende genommen hatte, dann fasste er Kol am Ärmel und näherte sich mit ihm der Königin. »Majestät«, sagte er, indem er sich verbeugte, »gestatten Sie mir, meinen neuen Adjutanten vorzustellen: Tolum Kol.«
    »Majestät«, sagte auch Kol, indem er sich verneigte, ohne den Blick von Königin Girta zu wenden.
    »Er ist ein guter Kenner der Pissaugen«, fiel General Voltar mit der Tür ins Haus.
    »Wie vortrefflich«, antwortete die Königin auf geradezu geistesabwesende Weise.
    Der General setzte zu einer neuen Äußerung an, doch Kol packte seinen Ellbogen. Voltar schwieg und vollführte eine zweite Verbeugung. Dann wandten die beiden Männer der Königin den Rücken zu und ein Graf trat vor, der irgendeine Beschwerde auf dem Herzen hatte.

    Königin Girta dachte erst wieder an Tolum Kol, als der Festabend fast vorüber war und ihr Sohn längst auf seinem kleinen Thron unruhig vor sich hindöste. Sie erinnerte sich an seine Augen und an ihren selbstbewussten Ausdruck.
     
    Während Königin Girta sich an Tolum Kols Augen erinnerte, ging auch Dars Festlichkeit dem Ende entgegen. Sie war von dem Besuch bei der Wissenshüterin ziemlich spät ins Hanmuthi zurückgekehrt und hatte sich nur in größter Eile zurechtmachen können, bevor die Gäste eintrafen. Die zu Gast weilende Familie war noch größer als Tauma-yats Verwandtschaft, und es kostete Zeit, sie alle zu bedienen. Wie schon am Vorabend lenkten wieder Gedanken an Kovok-mah Dar ab, aber sie scheute keine Mühe und hatte den Eindruck, dass der Abend einen erquicklichen Verlauf nahm.
    Aber als mehrmals Falfhissi ausgeschenkt worden war, nannte ein Sohn, der offenbar zu viel getrunken hatte, Dar »Muth Velavash« und schwafelte, er sei vor einer Schlacht von ihr gesegnet worden. Dar erkannte ihn nicht, doch das konnte daran liegen, dass Orks stets Helme trugen, wenn sie in die Schlacht stürmten. Er machte vor Dar eine tiefe Verbeugung, dann stimmte er das Todeslied an. Zum Glück brachte ihn eine Mutter nach den ersten dreizehn Zeilen zum Schweigen. Kurz darauf endete das Fest.
    »Morgen kehrt Thir heim«, wandte sich Nir-yat an Dar, nachdem sich die Gäste verabschiedet hatten. »Muthuri hat es mir erzählt.«
    Dar wusste nicht, was sie mehr freute: dass sie die junge Schwester wiedersehen durfte, oder dass Zor-yat wieder mit Nir-yat sprach. »Warum hast du es nicht gleich gesagt?«
    »Du warst so beschäftigt«, erwiderte Nir-yat. »Ja wirklich,
Schwester, es stimmt: Muthuri zürnt mir nicht mehr. Sie hat mich klug genannt, weil ich vorhergesehen habe, dass du eine gute Königin wirst.«
    »Sie hat gesagt, ich sei eine gute Königin?«, fragte Dar.
    »Hai«, bestätigte Nir-yat mit strahlender Miene. »Sie meint, es wird nun allgemeines Wissen.«
    Dar wünschte, sie könnte die Genugtuung ihrer Schwester teilen, doch sie fühlte sich außerstande. Wie die meisten Orks hatte Nir-yat von Betrug keine Vorstellung, darum blieb ihr auch Zynismus unverständlich. Bei Dar verhielt es sich anders; sie gelangte augenblicklich zu der Überzeugung, dass Zor-yat auf bewährte Weise mit der Wahrheit Schindluder trieb. Muthuri war bis jetzt gegen mich. Wieso dieser plötzliche Umschwung? Doch sie verschwieg ihrer Schwester diese Zweifel. Sie lächelte, innerlich jedoch hatte Misstrauen sie erfasst.
     
    Am nächsten Tag trat Tolum Kol in Thamus’ Ladengeschäft und wurde vom Inhaber begrüßt. »Guten Morgen, Herr. Kann ich dir zu Diensten sein?«
    »Ich suche ein Geschenk. Etwas für eine Dame.«
    »Etwas Besonderes? Vielleicht etwas Romantisches?«
    Kol schmunzelte. »Du vermutest ganz richtig.«
    »Dann hast du den besten Ort aufgesucht. Ich verkaufe ausschließlich orkische Ware.«
    Kol tat überrascht. »Orkische Ware?«
    »Die Orks sind die besten Handwerker«, versicherte Thamus und hielt eine zierliche Vase in die Höhe. »Beachte die Klarheit und

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