Herrscher
Er nahm sich vor, das Thema bei der Audienz zur Sprache zu bringen.
Die Nacht kam, ohne dass man ihn zu einem Gespräch
mit Königin Girta rief. Kovok-mah empfand Enttäuschung. Er hatte gehofft, sie über die Bedürfnisse ihrer orkischen Leibwache aufklären zu können. Die Nachricht von Dars Überleben hatte ihre Laune verbessert, sodass er es gern gesehen hätte, wenn daraus positive Entwicklungen erfolgt wären. Er bereitete sich gerade au die Nachtruhe vor, als ein Washavoki sich Muth’las Umarmung näherte. Er blieb am Rand stehen und rief: »Nak Kovok-mah su?« Ist Kovok-mah hier?
»Hai, ma nav su«, erwiderte Kovok-mah. Ja, ich bin hier. Er stand auf und begutachtete den Washavoki. »Sevren?«
»Hai«, sagte Sevren und sprach auf Orkisch weiter. »Können wir uns unterhalten?«
Kovok-mah antwortete in der gleichen Sprache. »Komm in Muth’las Umarmung. Wir werden reden.«
Sevren verbeugte sich und trat in den heiligen Kreis. Kovok-mah setzte sich neben Zna-yat, der ihm zuflüsterte: »Der Washavoki war schon mal hier. Kennst du ihn?«
»Hai«, sagte Kovok-mah. »Er heißt Sevren. Er hat geholfen, Muth Mauks Leben zu retten.«
Sevren kam näher und verbeugte sich erneut. »Tava, Kovok-mah. Tava, Zna-yat.«
»Setz dich«, sagte Kovok-mah auf Orkisch, damit Zna-yat ihn verstand. »Worüber möchtest du reden?«
Sevren nahm Platz. »Lebt Dargu-yat?«
»Hai«, sagte Kovok-mah. Er war überrascht und verwirrt, denn nun sah er Wasser aus Sverens Augen strömen. »Bist du traurig?«
Sevren lächelte und erwiderte in einem Tonfall, der in den Ohren der Orks sehr belegt klang: »Thwa. Ich bin sehr glücklich.«
Kovok-mah berichtete über Dars Genesung und wechselte
immer dann, wenn Sevren ihn nicht verstand, in die Sprache der Washavoki. Dann erzählte Sevren ihm in gebrochenem Orkisch einiges über die Verhältnisse bei Hofe. »Königin Girta kennt Weisheit nicht. Washavoki-Söhne geben ihr böse Worte. Sie auf sie hören.«
»Ich habe Bah Simi heute bei ihr gesehen«, sagte Kovok-mah.
»Sein Washavoki-Name ist Kol. Er ist jetzt Tolum. Er sagt böse Worte.«
»Das glaube ich auch«, erwiderte Kovok-mah.
»Dargu-yat muss davon erfahren.«
»Sie heißt jetzt Muth Mauk« wandte Zna-yat ein. »Du dienst Könnigirta. Warum bist du hier?«
»Muth Mauk ist klug«, erwiderte Sevren. »Muth Mauk möchte Frieden.«
Kovok-mahs Nase informierte ihn über einen weiteren Grund, der vermutlich der wichtigere war: Er liebt sie noch immer. Er schaute Zna-yat kurz an, denn er wusste genau, dass der Geruch seinem Vetter nicht verborgen geblieben war. Er sah so etwas wie Widerwillen in seiner Miene.
»Sevren«, sagte Kovok-mah. »Ich möchte mit der Großen Mutter der Washavoki sprechen. Dieser Ort ist nicht gut für uns. Sie hat gesagt, wir erhalten ein passendes Quartier; einen Ort, an dem auch Urkzimmuthi-Mütter wohnen können. Wird sie mir zuhören, wenn ich ihr dies erzähle?«
»Wenn du es sagst, glaube ich, sie gute Worte sagt, aber nichts tut«, radebrachte Sevren. »Tut mir leid.«
»Aus Sevren spricht Klugheit«, sagte Zna-yat.
Kovok-mah befürchtete, dass sein Vetter recht hatte.
Für einen Tolum war Kols Unterkunft im Palast durchaus passend.
Seine Kammer war klein, die Wände grob verputzt, und sie verfügte über ein winziges scheibenloses Fenster. Die ganze Möblierung bestand aus einem einfachen Bett und einer Truhe.
Als Kol vom Bankett zurückkehrte, ging er davon aus, nur noch eine Nacht in dieser Unterkunft zu verbringen. Dann konnte er in prächtigere Räumlichkeiten umziehen. Als er die Tür aufsperrte, erblickte er eine auf seinem Bett sitzende Gestalt.
»Guten Abend, General.«
»Gorm! Was machst du denn hier?«
»Ich möchte dir natürlich gratulieren. Es wäre unpassend gewesen, dich auf dem Bankett anzusprechen. Hier hält man mich doch nur für einen Diener.«
Kol schwieg, denn er rechnete damit, gleich den wahren Grund für Gorms Besuch zu erfahren.
»Du bist weit aufgestiegen, Stellvertreter der Königin. Ich hoffe, die schnelle Beförderung ist dir nicht zu Kopf gestiegen. «
»Zu Kopf?«
»Könnte doch sein, dass du jetzt vergesslich wirst. Du bist ja nicht grundlos hier. Mein Herr sieht nur wenig Fortschritt. «
»Er muss einfach geduldig sein«, sagte Kol.
»Geduld ist kein Bestandteil seines Charakters. Er will Krieg. Wenn du ihm kein Blut verschaffen kannst, wird er es sich selbst besorgen.«
»Du sprichst in Rätseln«, erwiderte Kol. »Wieso braucht ein Mann
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