18. Dezember 19:21
Betreff: Advent, Advent, mein Herz brennt
Von:
[email protected] An:
[email protected] Liebe Sara,
mit roten Ohren sitze ich am Computer und versuche irgendwie, Deine rote Unterwäsche und Fietes Ratschlag möglichst nicht in meinem Kopf miteinander verschmelzen zu lassen. Das wird heikel, sehr heikel.
Mir fallen etliche Sprüche und Anmerkungen zu dem Thema ein, aber alle sind eindeutig zweideutig und zeigen mir, dass ich mich wahrscheinlich auch mal wieder vögeln lassen müsste. (Gott, habe ich das wirklich geschrieben? Jetzt aber Schluss, ich komme mir vor wie ein notgeiler, alter Mann.)
Ich hoffe, Du packst die Unterwäsche trotzdem in Deinen Koffer, wenn Du mich in Boltenhagen triffst. Ich freue mich schon sehr. Besonders, weil ich das Hotel kenne. Und an dem dazugehörigen Strandabschnitt am Ende des Piers hat mich Deine Flaschenpost am Kopf getroffen! Kann das noch Zufall sein?
Wann reden wir über einen konkreten Termin???
Es tut mir leid, dass ich Dich und meine Mutter in einen Topf geworfen habe. Das kommt nie wieder vor. Ich bin manchmal etwas stoffelig, was solche Dinge angeht. Und meistens passiert es, wenn ich verlegen bin, so wie diesmal auch. Ich habe – auch von meiner Mutter – gelernt, dass man Gefühlen nicht trauen darf, und reagiere daher immer verstockt, wenn ich über mein Innerstes reden soll. Auf der anderen Seite habe ich ein großes Verlangen, mich Dir gegenüber zu öffnen. Ich sage es also noch einmal ganz deutlich: Deine Einladung hat mich sehr, sehr glücklich gemacht! Ich stelle mir das Treffen schon in allen Einzelheiten vor. Wie wird es sein mit einer Psychologin am Tisch? Wie wird unsere erste Begrüßung ausfallen? Sehen wir uns das erste Mal im Frühstücksraum der Pension, oder (mein Favorit) treffen wir uns am Pier, wo der Wind gerade Deine Haare zersaust und ich Deinem Regenschirm hinterherlaufe? Beim Überreichen des Schirms sind wir einander dann restlos verfallen, und alles Weitere passiert ganz von selbst … So weit meine Gedanken und Hoffnungen an diesem 4. Advent.
Jetzt gehe ich gleich runter zu Petzi und bedanke mich, dass sie sich um meine Post gekümmert hat, und schenke ihr eine frische Kokosnuss als Dank (die habe ich noch am Flughafen gekauft).
Heute Nacht stelle ich mir dann noch einmal unser Treffen an der Ostsee vor und überlege mir, welche Unterwäsche ich tragen sollte.
Lebkuchen-Umarmung
Dein Berti
PS . Du brauchst Dir übrigens keine Sorgen um mein Sylvester zu machen. Ich werde bei meinem Squash-Partner in dessen Haus bei einer großen, feuchtfröhlichen Party meinen Mann stehen und einen Böller auf unsere Zukunft abschießen. Damit vertreibt man die unfreundlichen Geister, so wie es hier im Süden Brauch ist. Sei geküsst.
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Mo 19. Dezember 17:37
Betreff: AW : Advent, Advent, mein Herz brennt
Von:
[email protected] An:
[email protected] Lieber Berti,
ich staune. Ich war bislang zwar nur ein Mal in meinem Leben in Boltenhagen, bei dieser unsäglichen Hochzeit. Und doch bin ich mir ziemlich sicher, dass ich während meines unliebsamen 24-stündigen Aufenthalts diverse Pensionen und Hotels in dem Ort habe ausmachen können. Und nun schreibst du, du kennst ausgerechnet genau das Hotel, in dem ich den Geschenk-Gutschein für dich organisiert habe. Das kann nur bedeuten, dass du damals auch dort gewohnt haben musst! Und das wiederum bedeutet, wir haben womöglich die Nacht zusammen verbracht! Also, jedenfalls in ein und demselben Haus.
Das finde ich irgendwie magisch. Wenn mir am nächsten Morgen nicht so übel gewesen wäre und ich das Frühstück nicht verschlafen hätte, wären wir uns womöglich am Buffet begegnet. Womöglich hätten wir uns in die Augen gesehen, als wir gleichzeitig nach einem Buttercroissant griffen und …
Jetzt geht die Phantasie mit mir durch. Aber vielleicht sind wir uns tatsächlich irgendwann an dem Wochenende begegnet, ohne dass wir es wissen. Ist das nicht aufregend? Leider kann ich mich nicht mehr an andere Gäste erinnern. Nur an die, die auch zur Hochzeitsgesellschaft gehörten. Ich weiß allerdings noch, dass ich die Straßen und den Strand als unangenehm überfüllt empfand. Aber das wird sicher anders sein, wenn wir im Februar (es wird also Februar, ja?) dort sind und den Pier entlanglaufen und du mir die Stelle zeigst, wo dich meine Flaschenpost getroffen hat.
Ich merke, wie mich diese Aussicht immer