Herz aus Eis
nicht!
Dann kommst du jeden Tag in mein Haus und kommandierst die Leute herum — mich inbegriffen —, und bleibst dann plötzlich wieder weg, als hätte einer von uns die Masern bekommen und stünde das Haus unter Quarantäne. Eines Morgens wache ich auf, und du schaust mich an, als würdest du jeden Moment verhungern. Aber kaum fasse ich dich an, zertöpperst du deinen Krug voll Wasser auf meinem Schädel und brüllst mich an, daß ich dich gefälligst zu respektieren habe. Aber als ich dich dann das nächstemal anfasse, ziehst du mich auf den Boden hinunter und reißt mir fast die Kleider vom Leibe. Doch ich habe Respekt vor dir und lasse dir deine verdammte Jungfernschaft, wie du es von mir verlangt hast. Aber was bekomme ich dafür? Als nächstes erfahre ich, daß du dich fragst, ob du mir den Ring zurückgeben sollst, und nun stehen wir wieder dort, wo wir angefangen haben — du weißt noch nicht, ob du mich heiraten willst!
Heute morgen kam deine Mutter zu mir, sagte mir, welchen Anzug ich für die Kirche anziehen soll« — er warf ihr einen vorwurfsvollen Blick zu — »und lud mich in ihr Haus zum Mittagessen ein.«
Er holte Luft und funkelte sie an.
»Da stehe ich nun, fix und fertig für das Essen angezogen, während du mir sagst, vielleicht werde ich dich heiraten, vielleicht aber auch nicht, und das hängt alles davon ab, was die Leute dir über mich erzählen. Houston, ich habe diese Faxen jetzt satt. Jetzt will ich von dir entweder ein Ja oder ein Nein hören und verlange, daß es dann auch dabei bleibt. Wenn du jetzt ja sagst und nein am Tag der Hochzeit, dann werde ich dich notfalls bei den Haaren zum Altar ziehen. Bei Gott, das werde ich tun, Houston! Also — ist es nun ja oder nein?«
»Ja«, sagte sie leise, und es war erstaunlich, wieviel Freude sie bei diesem Wort empfand.
»Und was passiert, wenn jemand zu dir sagt, ich tauge nichts? Oder daß ich irgendwelche Leute umgebracht hätte?«
»Werde ich dich immer noch heiraten.«
Er drehte sich von ihr weg. »Fürchtest du dich so sehr vor dieser Ehe? Ich meine, ich weiß ja, daß du Westfield heiraten wolltest, und ich habe mich auch nicht immer wie ein Gentleman betragen, wenn ich um dich warb. Doch bisher hast du dich immer an deinen Teil des Vertrages gehalten. In der Öffentlichkeit hast du dich stets so aufgeführt, als hättest du nichts dagegen, mit mir verheiratet zu sein.«
Houstons Erleichterung, daß sie ihn mit ihrem Betragen nicht abgeschreckt hatte, war so groß, daß sie zu zittern begann. Sie würde ihr Leben nicht mit der Häkelnadel im Schaukelstuhl verbringen, sondern an der Seite dieses Mannes, der so ganz anders war als irgendwer sonst.
Sie bewegte sich um ihn herum und baute sich vor ihm auf.
»Sonntags nach dem Essen gehen die meisten verlobten Paare in den Fenton Park, um dort spazierenzugehen, zu plaudern und die Zeit gemeinsam zu verbringen. Vielleicht möchtest du auch mit mir dorthingehen.«
»Ich muß doch . . .« begann er. »Wenn du dich immer noch mit mir sehen lassen willst, nachdem ich mit deiner Familie zu Mittag gegessen habe, gehe ich mit.«
Sie schob ihren Arm unter den seinen. »Du mußt nur darauf achten, was ich mache, darfst nicht mit vollem Mund reden, niemanden anbrüllen und vor allem nicht fluchen.«
»Du verlangst ja wirklich nicht viel von mir«, meinte er grimmig.
»Tu so, als würde der Kauf von Mr. Vanderbilts Wolkenkratzer von diesem Essen abhängen. Vielleicht ist das hilfreich und erinnert dich daran, dich gut zu benehmen.«
Kane blickte sie betroffen an. »Das erinnert mich daran, daß ich unbedingt. . .« Er sah sie an. »Weißt du, ich würde doch lieber den Nachmittag im Park herumsitzen. Es ist schon Jahre her, daß ich mir einen ganzen Tag freigenommen habe.«
Kane schien das Mittagessen sehr zu genießen. Opal scharwenzelte um ihn herum, und Duncan fragte ihn um Rat. Houston beobachtete sie alle. Sie hatten ein Monster zum Essen erwartete, und nun entpuppte er sich als liebenswürdiger Gesellschafter.
Blair hatte während des Essens kein einziges Wort gesagt, und Houston war froh, daß sie Kane endlich persönlich kennenlernte und sich überzeugen konnte, was für ein großzügiger Mann er war. Kane gestattete Mr. Gates sogar, sich an einem seiner Geschäfte zu beteiligen, und zwar an dem Kauf eines Stück Landes, das er, wie Houston vermutete, zu einem Spottpreis bekam.
Als sie gemeinsam das Haus verließen, sagte Kane: »Deine Schwester ist dir überhaupt nicht
Weitere Kostenlose Bücher