Herz aus Eis
Pamela nicht mehr gebunden ist, hättest du mich nicht in dein Haus eingeladen. Mr. Taggert, es steht Ihnen frei, unser Verlöbnis jederzeit zu lösen. Wenn Ihnen das . . .«
»Du fängst doch hoffentlich nicht wieder damit an, oder?« fiel er ihr ins Wort. Er stand auf. »Fällt dir denn gar nichts anderes ein?«
Sie fühlte sich unendlich erleichtert. »Ich dachte nur, daß du vielleicht. . .«
Kane drehte sich zu ihr um und zog sie an sich. »Bitte, halt den Mund, verdammt noch mal«, sagte er, während er sie küßte.
Houston gehorchte.
Am Dienstag frühmorgens erhielt Houston von Willie die Nachricht, daß Miss Lavinia LaRue sie um neun Uhr am Musikpavillon im Fenton Park erwarten würde.
Houston traf dort eine kleine, dunkelhaarige, sehr auffällig gekleidete Frau mit einem gewaltigen Busen an. Ich frage mich, ob das alles Natur ist, dachte Houston.
»Guten Morgen, Miss LaRue. Es ist sehr freundlich von Ihnen, daß Sie mich schon so früh zu einem Gespräch eingeladen haben.«
»Für mich ist es spät. Ich bin noch nicht ins Bett gekommen. Sie sind also diejenige, die Kane heiraten möchte. Ich habe ihm gesagt, er könnte sich eine Lady kaufen, wenn er eine haben möchte.«
Houston warf ihr einen eisigen Blick zu.
»Schon gut«, sagte Lavinia. »Sie haben doch wohl nicht erwartet, daß ich Ihnen um den Hals falle, oder? Schließlich nehmen Sie mir ja eine Einkommensquelle weg.«
»Ist das alles? Mehr bedeutet Mr. Taggert ihnen nicht?«
»Er ist ein guter Liebhaber, wenn Sie das meinen. Aber offen gestanden, macht er mir Angst. Ich weiß nie, was er von mir will. Behandelt mich erst, als könnte er mich nicht ausstehen, und im nächsten Moment tut er so, als könnte er nicht genug von mir bekommen.«
Houston hatte den gleichen Eindruck von ihm gewonnen, sagte aber nichts.
»Weshalb wollten Sie mich sprechen?«
»Ich dachte, vielleicht könnten Sie mir etwas über ihn erzählen. Ich kenne ihn ja erst einige Tage.«
»Sie meinen, wie er es gern hätte im Bett?«
»Nein, das gewiß nicht.« Sich vorzustellen, wie Kane mit einer anderen Frau intim wurde, widerstrebte ihr. »Als Mensch. Können Sie mir etwas über den Menschen Kane erzählen?«
Lavinia entfernte sich ein paar Schritte, Houston den Rücken zukehrend. »Einmal ist mir so ein Gedanke gekommen, daß er . . . Aber das ist natürlich Blödsinn.«
»Erzählen Sie!«
»Also — die meiste Zeit benahm er sich so, als läge ihm nichts an mir. Doch einmal, da stand er am Fenster und sieht unten seinen Freund, diesen Edan, mit einer Frau Vorbeigehen. Und da fragte Kane mich, ob ich ihn mochte. Nicht seinen Freund, sondern ihn selbst. Er war schon im Begriff, wegzugehen, und wartete meine Antwort gar nicht ab. Doch da kam mir der Gedanke, daß er ein Mann ist, den noch keine Frau geliebt hat. Das kann natürlich nicht stimmen, denn ein Mann mit so viel Geld muß eine Menge Frauen haben, die ihn lieben.«
»Lieben Sie ihn? Nicht sein Geld, sondern ihn? Wenn er kein Geld hätte . . .«
»Wenn er kein Geld hätte, würde ich nicht in seine Nähe kommen. Ich sagte doch schon, daß er mir Angst macht.«
Houston zog einen Scheck aus ihrem Notizbuch. »Der Bankdirektor hat Anweisung, diesen Scheck erst einzulösen, wenn er sich davon überzeugt hat, daß Sie sich eine Fahrkarte nach einem Ort in einem anderen Staat gekauft haben.«
Lavinia nahm den Scheck entgegen. »Ich nehme ihn nur, weil ich diesem Nest sowieso schon lange den Rücken kehren wollte. Aber mit Geld bekämen Sie mich nie dazu, die Stadt zu verlassen, wenn ich entschlossen wäre, hierzubleiben.«
»Natürlich nicht. Nochmals vielen Dank, Miss LaRue.«
Am Dienstagnachmittag, als Houston schon nicht mehr hören konnte, was noch alles für die Hochzeit vorbereitet werden müßte, kamen Leora Vaughn und ihr Verlobter, Jim Michaelson, auf einem Tandem-Fahrrad an der Villa Chandler vorbei. Sie stiegen kurz ab, um Houston zu fragen, ob sie Kane nicht überreden könne, sich ebenfalls ein Tandemrad zu mieten und mit ihnen in den Park zu fahren.
Houston lieh sich von Blair deren türkische Hose aus, zog sich um und fuhr auf der Lenkstange des Tandemrades den Hügel zu Kanes Haus hinauf.
»Verdammter Gould!« konnten sie Kane im Haus brüllen hören. Das Fenster seines Büros stand offen.
»Ich werde ihn fragen«, sagte Houston.
»Glaubst du, er hat was dagegen, wenn wir im Haus warten?« fragte Leora, während sie die Fassade des Hauses förmlich mit den Augen verschlang.
»Ich
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