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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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ein gleichwertiger Partner und verblüffte den Hof mit seinen modischen Gewändern, die in so krassem Gegensatz zu der sehnigen Gestalt standen, die er bei den Kriegsübungen zeigte.
    Sogar für diese simple Morgenandacht hatte er ein reich verziertes Wams aus kobaltblauem, gepresstem Samt mit Silbertressen angelegt, das an der Seite des jungen Königs alles Licht auf sich zog. Roselynne wagte jedoch zu bezweifeln, dass er betete. Er hatte eine Art, über die Köpfe seiner Begleiter hinweg zu schauen, die eher an die Bestandsaufnahme eines Feldherrn erinnerte, der seine Truppen prüfte, denn an eine fromme Andacht.
    Sie selbst senkte die Nasenspitze noch eine Spur tiefer über ihre fromm gefalteten Hände. Es fehlte gerade noch, dass er sie dabei ertappte, wie sie nach ihm Ausschau hielt. Sie wollte um keinen Preis die Schar der Damen vergrößern, die sich in gackernde Hühner verwandelten, wenn er auftauchte, und seufzend hinter ihm her schmachteten, sobald er sie ignorierte. Dass sie heimlich eben diese albernen Seufzer teilte, verärgerte sie dermaßen, dass auch ihr die Frömmigkeit abhanden kam.
    Der abschließende Segen des Hofpredigers wurde vom ungeduldigen Rascheln der Gewänder und dem allgemeinen Aufbruch der Damen und Herren fast übertönt. Rufus wahrte die Form, aber man konnte ihm gewiss keine übergroße Frömmigkeit nachsagen. Er vertraute eher auf die Kraft seines Schwertes und seinen Verstand als auf den himmlischen Beistand, und sein Hofstaat tat es ihm nach.
    Sicher lag es auch daran, dass der junge König die Macht der Bischöfe und Prälaten so energisch eingeschränkt hatte. Die Rebellion seines eigenen Onkels, des Bischofs von Bayeux, der es gewagt hatte, sich auf die Seite von Robert Kurzhose zu schlagen, hatte nichts dazu getan, sein Misstrauen gegen die Kirche zu besänftigen.
    Roselynne ließ sich im Kreise der Prinzessin nach draußen treiben, wo der Wind die ersten braunen Blätter über den Burghof jagte und böig in Schleier und Rocksäume fuhr. Die Sonne hatte nicht mehr Kraft genug, die feuchte Luft zu erwärmen, aber sie blendete dennoch in so gleißender Helligkeit, dass man kaum etwas erkennen konnte. Roselynne kämpfte wie alle anderen Ladys mit ihrem flatternden Kopfputz. Der Schleier zerrte an den Nadeln in ihrem Haar und behinderte ihre Sicht, sodass sie die letzte Stufe, die das Portal des Gotteshauses vom gepflasterten Hof trennte, übersah.
    Sie trat falsch, geriet ins Taumeln und fand sich von einer eisernen Hand gestützt, die den unvermeidbaren Sturz im letzten Moment glücklicherweise verhinderte. Als sie aufsah, um ihren Dank zu bekunden, blickte sie in das bärtige, beunruhigende Gesicht des Grafen von Duncan.
    »Ihr neigt zum Leichtsinn, Dame Roselynne«, zischte er aus dem Gestrüpp seines dunklen Bartes heraus. »Ihr solltet ein wenig achtsamer mit Euch umgehen, wenn Euch Euer Leben lieb ist.«
    Sie erschauerte unter der unverhüllten Drohung seines Blickes und seiner viel sagenden Worte. Angst überflutete sie inmitten des königlichen Hofes und bannte sie jäh auf die Stelle. So unverhofft eingeschüchtert, gelang es ihr nicht einmal, jenen Mut aufzubringen, den sie gewöhnlich mit purer Willenskraft in sich wecken konnte, wenn es ihr nötig erschien.
    Der Schotte betrachtete die erschrocken aufgerissenen Veilchenaugen und entdeckte eine pochende Ader an ihrem schlanken Hals.
    »Es ist Euch zwar gelungen, mich einmal zu überraschen, mein Fräulein, ein zweites Mal könnt Ihr es indes vergessen! Ich weiß jetzt, dass die Katze Krallen hat, aber denkt nicht, dass mich dieser Umstand dazu bringt, die Jagd aufzugeben.«
    Roselynne versuchte vergeblich ein Zusammenzucken zu verbergen. Der Schotte hatte es geschickt bewerkstelligt, sie innerhalb weniger Schritte vom Strom der Kirchgänger zu trennen. Jetzt standen sie neben einem Bogengang, der zu den Quartieren der bewaffneten Burgmannschaften führte, und für einen flüchtigen Beobachter mochte es sogar so aussehen, als machte sich der Graf die Mühe, eine hübsche Edeldame sorgsam vor dem scharfen Wind zu schützen.
    Was sollte sie tun? Panisch um Hilfe rufen? Sich losreißen und ohne Rücksicht auf Sitte und Anstand mit gerafften Röcken davon stürzen? Närrischer Unsinn, sie brachte es ja nicht einmal fertig, den Mund zu öffnen. Sie war wie hypnotisiert von dem stummen, gewalttätigen Zorn, der den Gesandten beherrschte. Erst jetzt fiel ihr auf, dass er sie mit der Linken hielt und den rechten Arm in einem

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