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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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er wusste, dass Roselynne in Gefahr schwebte, sollte auch ihn erst später verwundern. In diesem Augenblick schoss er lediglich wie der Blitz durch den Burghof und gleich einem Panther auf den breiten Rücken zu, der sich über einen Heuhaufen beugte, aus dem nun ein ersticktes Jammern zu hören war.
    Rob Duncan erstarrte, als die Spitze eines Dolches gefährlich kühl auf seiner Halsschlagader zu liegen kam. Die zweite unmissverständliche Warnung drang sogar durch den roten Nebel wilder Begierde, der ihn umfangen hielt. Wie von selbst lösten sich seine Hände von den verlockenden Brüsten seiner strampelnden Beute.
    »Ihr schon wieder!«, fluchte er.
    »Verschwindet!«, knurrte eine eisige Stimme hinter seinem Ohr. »Verschwindet, oder ich vergesse, wer Ihr seid und wer ich bin!«
    Der tödliche Emst dieser Worte im Verein mit dem Bewusstsein, dass er sich ausgerechnet mit diesem Mann in keinen Kampf verwickeln lassen sollte, brachte den Grafen von Duncan endgültig zur Vernunft. Er richtete sich mit einem Fluch auf und versuchte sich den Anschein von Lässigkeit zu geben.
    »Zum Donner«, knurrte er gereizt. »Da soll ein Mann nicht auf falsche Gedanken kommen, wenn man ihm so viel hübsches Fleisch unter die Nase hält. Die Dirnen an diesem Hofe sind eine Dummheit wert, wenngleich sie mehr Dornen haben als jeder Rosenstock.«
    Er klang ein wenig undeutlich, denn seine Zunge blutete und ein langer, gleichfalls blutiger Kratzer auf seiner Wange zeugte von Roselynnes heftiger Gegenwehr. Dennoch brachte er es fertig, mit der Gelassenheit eines Mannes davon zu schlendern, der nichts verbrochen hatte. Dass er innerlich über die neuerliche versäumte Gelegenheit wütete, war ihm nicht anzusehen.
    »Bei Gott!« Justin d'Amonceux, der sich jetzt Loup de Luthais nannte, sank auf ein Knie und strich mit der Fingerspitze vorsichtig die schwarzen Haarsträhnen aus Roselynnes Stirn. Weit aufgerissene, entsetzte Augen fingen das wenige Licht ein, das von einer Fackel unweit der Ställe stammte. »Hat er Euch wehgetan? Man sollte diese Barbaren nicht über den nördlichen Wall lassen! Sie sind Wilde, keine Menschen.«
    Roselynne entfloh ein hysterischer Laut, halb Schluchzen, halb Kichern. »Das sagt ausgerechnet Ihr«, wisperte sie heiser.
    Da der Ritter nicht ahnen konnte, dass sie sich auf sein Gespräch mit dem Schotten bezog, hielt er diese Bemerkung für Kritik an seinem eigenen Benehmen. Er musste ihr zudem Recht geben: In der Tat hatte er am allerwenigsten Grund, sich zum Moralapostel über andere Männer zu erheben, die sich an ihr vergriffen.
    »Lasst Euch aufhelfen!«
    Er fasste nach ihrer Hand, stützte sie sorgsam an den Schultern und half ihr, zum Stehen zu kommen. Während der ganzen Zeit war ihm jedoch das seidig warme Fließen ihrer glatten Haare, der Rosenduft ihrer Haut und die weibliche Zartheit ihrer feenhaften Gestalt so sehr bewusst, dass er an sich halten musste, sie nicht ebenfalls in seine Arme zu reißen, ohne sich um ihren Willen zu kümmern.
    Er zupfte mit einem kaum hörbaren Fluch ein paar übrig gebliebene Heuhalme aus den Haaren, und es wurde jäh ein Streicheln daraus, welches das ohnehin zwischen ihnen glimmende Feuer wieder zu heller Glut entflammte. Er konnte sie nicht berühren, ohne sie mit jeder Faser seines Seins zu begehren. Ergeben senkte er den Kopf und küsste den glänzenden Scheitel, der, von ihrem Silberreif umfangen, wie eine geheimnisvolle Spur in der Nacht schimmerte. Er spürte ein Beben unter seinen Lippen, hastige Atemzüge.
    »Verrücktes Kind, habt Ihr nichts Besseres zu tun, als Euch mitten in der Nacht bei den Ställen herumzutreiben?«, warf er ihr dennoch ärgerlich vor. Dabei war er weniger über ihren Leichtsinn als über die eigene unerwartete Sorge um sie erbost.
    »Ich bin kein Kind mehr«, antwortete Roselynne in einer Mischung aus aufflammendem Trotz und mühsam kontrollierter Atmung. Sie war der Lügen, Andeutungen und Vermutungen schlagartig überdrüssig. »Die Zeiten, wo Ihr mich einfach davon schicken konntet, weil Ihr Euch von meiner Gegenwart gestört fühltet, sind vorbei, Seigneur. Oder ist es Euch lieber, wenn ich Euren Titel verwende, Messire de d'Amonceux?«
    Die sehnige Gestalt, deren Arme sie stützten, erstarrte zu Marmor. Er hielt den Atem an - oder vielleicht war es auch die Welt um sie herum, die den Atem anhielt, so genau konnte sie das nicht mehr unterscheiden. Viele Herzschläge später löste ein tiefer, beherrschter Luftzug seine

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