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HERZ HINTER DORNEN

HERZ HINTER DORNEN

Titel: HERZ HINTER DORNEN Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Unbekannter Autor
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seltsam verschwommen nahm sie ihre Umgebung wahr. Sie hatte geträumt zu fliegen, Leben zu sehen.
    Nur ein Traum. Das rote Glühen kam vom Feuer im Kamin.
    Die Kerzen in dem großen schmiedeeisernen Leuchter brannten flackernd, der dringend geputzt werden musste. Auf dem Boden vor dem Kamin lag etwas Silbernes, wie ein Pfütze vergossenes Wasser. Verwirrt senkte sie wieder die Lider und versuchte die Dinge einzuordnen, die sie sah und spürte.
    Ihr Körper fühlte sich seltsam schwerelos und zugleich besonders empfindlich an. Ihre Brüste schmerzten, als wären sie mit rauem Gewebe in Berührung gekommen, und zwischen ihrer. Beinen zitterte der Nachhall einer inneren Verletzung, deren Blutspuren sie erst später auf dem Linnen entdecken sollte.
    In diesem Augenblick kam Leben in das Gewicht auf ihren Brüsten. Sie spürte seidige Haare, Bartstoppeln und einen Mund, der wie der eines Kindes so nahe an einer Brustspitze ruhte, das jeder Atemzug sie kühlte und winzige Schauer fremder Empfindungen hervorrief.
    Justin! Die Erinnerung kehrte mit einem Schlag zurück. Sie hatte ihre Jungfräulichkeit an Justin d'Amonceux verschenkt und dafür Augenblicke der reinsten Lust und überirdischen Wonne erhalten. Sie hatte nicht geahnt, dass es so wundervoll war, was sich zwischen Mann und Frau abspielte. So unglaublich erregend und aufwühlend.
    Sie rang zitternd um Luft, um Beherrschung, schon jetzt in dem Wissen, dass sie all diese Empfindungen in ihrem Herzen vor ihm verschließen musste. Wenn er erfuhr, was es für sie bedeutete, würde es ihn erschrecken, im schlimmsten Fall sogar vertreiben.
    »Nicht!« Justin legte eine warme Hand auf ihre Brust und stützte sich auf den anderen Arm auf, um sie halb schuldbewusst, halb erstaunt anzusehen. »Es hat keinen Sinn zu weinen! Es ändert auch nichts mehr daran.«
    »Aber ich weine nicht«, Roselynne musste fast lachen über so viel Ahnungslosigkeit. Es klang heiser, als hätte sie Stunden damit zugebracht zu sprechen. »Ich wusste nur nicht, dass es so ... so unbeschreiblich ist. So unendlich schön ...«
    Die Worte fehlten ihr, und sie biss sich auf die Unterlippe. Eine Geste, die zu ihr gehörte wie die stolze Neigung des Nackens und der Schwung der endlos langen, nachtdunklen Wimpern. Die Geschehnisse hatten Röte auf ihre blassen Wangen gezaubert und die heftigen Küsse den vollendet geschwungenen Mund mit einer leichten, verlockenden Schwellung versehen.
    Justin d'Amonceux ertappte sich dabei, wie er die Spuren anstarrte, welche ihre Zähne auf der Unterlippe hinterlassen hatten. Er beugte sich hinab zu ihr und fuhr mit der Zungenspitze liebkosend über die Male. Eine unbewusste erotische Zärtlichkeit, die Roselynne noch tiefer erröten ließ, weil sie sich daran erinnerte, was diese Zunge in ihrem Mund getan hatte. Sie hatte nicht geahnt, dass Küsse zu einer gefährlichen Droge werden konnten. Ihre Blicke trafen sich.
    Hellste, sommerblaue Augen tauchten in veilchenblaues Strahlen. In diesem Moment benötigte Roselynne keine Worte. Sie sah, dass er ebenso berührt und verwandelt worden war wie sie. Dass sie einander etwas so Seltenes und Kostbares geschenkt hatten, dass es in ihrer Sprache keine Worte dafür gab. Sie hob eine Hand und legte sie in Höhe seines Herzens auf die nackte Haut.
    Unter ihren Fingerkuppen konnte sie den regelmäßigen Herzschlag spüren, und das Bewusstsein, dass das Schicksal sie für immer aneinander gekettet hatte, war stärker als je zuvor.
    Deswegen war es ihr auch so leicht gefallen, die Heimat ihrer Kindheit zu verlassen. Ein Teil von ihr schien gewusst zu haben, dass ihr Leben an einem anderen Ort Erfüllung finden würde. Dass sie sich auf die Suche nach der zweiten Hälfte ihrer Existenz machen musste.
    Auch Justin spürte die verhängnisvolle Endgültigkeit der zutraulichen Geste. Aber gleichzeitig erschreckte ihn der Besitzanspruch, den die zierliche Hand auf seinem Herzen anmeldete. O nein, er würde kein zweites Mal die Dummheit begehen, Vernunft und Fühlen zu verwechseln. Schon gar nicht bei einer Tochter des Lords von Hawkstone. Auch wenn Roselynne die Spiele des Alkovens noch so sinnlich zu spielen wusste: über ihn würde sie nicht den Sieg davontragen. Er hatte gegen besseres Wissen einmal geliebt und würde es nie wieder tun.
    Roselynne verfolgte den Gang seiner Gedanken ohne Schwierigkeiten.
    »Du verwechselst die Liebe mit der Jagd, mein Herr«, wisperte sie mit einem feinen Runzeln ihrer Stirn. »Warum kannst du nicht

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