Herz im Spiel (German Edition)
hatte. Und er strahlte ein Selbstvertrauen aus, von dem Marianne mutmaßte, dass es angeboren sein musste. So etwas konnte man nicht lernen, kaufen – oder am Spieltisch erwerben.
7. KAPITEL
Die Tage vergingen viel zu schnell.
Sicher, am Anfang des Monats waren Peter Desmond und Marianne so vorsichtig umeinander herumgeschlichen, dass das Ganze an die kunstvollen Schritte einer komplizierten Quadrille erinnerte.
„Guten Morgen, Mr Desmond.“
„Ah, Miss Trenton. Sie sind früh unten, wie ich sehe. Ich dachte, ich könnte mit dem Frühstück fertig sein, ehe Sie kommen.“
„Oh, tut mir leid. Aber ich kann später essen“, widersprach sie eilig.
Aber Desmond hob die Hand und gebot ihr Einhalt. „Das macht doch nichts. Da Sie nun schon einmal hier sind, setzen Sie sich. Essen Sie mit mir!“
An nächsten Morgen war es schon einfacher.
„Herein, nur herein“, rief Desmond vom Frühstückstisch her.
„Danke“, sagte Marianne, und ihre Stimme klang nicht mehr ganz so unsicher. „Sieht aus, als würde der Tag schön.“
„Ja, so scheint es.“
Marianne nahm am anderen Ende des Tisches Platz. „Irgendetwas riecht hier sehr gut“, meinte sie und sog die würzige Luft ein.
„Mrs Rawlins hat uns heute einen besonderen Leckerbissen gemacht. Zimtbrötchen.“
Gegen Ende der ersten Woche war es für sie beide fast zur Gewohnheit geworden, sich morgens als erstes zu begrüßen und beim gemeinsamen Frühstück über Belangloses zu plaudern.
Dennoch konnten sie selbst nach dem Ende der ersten Woche nicht auseinandergehen, ohne Gewissensbisse darüber zu verspüren, dass sie die gemeinsam verbrachten Stunden so genossen.
Während jener ersten Woche blieb Marianne länger auf ihrem Zimmer, als ihr eigentlich lieb war. Sie nähte, las und sah viel aus dem Fenster.
Desmond seinerseits hatte zwar seine Bücher immer geliebt, doch jetzt fühlte er sich in der Bibliothek wie eingesperrt. Und allzu viel an Aufsicht war auf den Ländereien, wo die Bauern schon die Felder bewirtschaftet hatten, ehe er auch nur geboren war, nicht zu leisten. Trotzdem fuhr er nicht nach London, nicht einmal bis nach Reading. Er sagte sich, er könne sich die Ausgabe nicht erlauben, und es stimmte, dass er gerade jetzt nicht von Kingsbrook fortwollte, doch die Kosten waren nicht der Grund.
So begann die zweite Juniwoche.
Zum Frühstück hatte es unter anderem Apfelmus und halbflüssige Sahne gegeben, und Mr Desmond, der wie immer zerzaust, aber umwerfend gut aussah, hatte den Großteil der Mahlzeit hindurch mit einem Sahneschnurrbart auf der Oberlippe dagesessen, da er sich die Schale mit dem Apfelmus an den Mund gesetzt hatte, um sie zu leeren. Als Mrs River kam, um die Teller abzuräumen, hüstelte sie und warf einen betonten Blick auf Desmonds Serviette, womit sie ihn endlich auf seinen Fauxpas aufmerksam machte.
Wie ein Schuljunge, den man mit einem schokoladenverschmierten Mund erwischt hat, rubbelte Desmond sich die Lippen mit der Serviette ab.
Marianne lächelte. Es war Desmonds größte Freude, dass Marianne wirklich manchmal lächelte, hier in seinem Haus, in seiner Gegenwart. Er blickte sie an und erwiderte ihr Lächeln.
Jetzt schaute sie aus dem Fenster und räusperte sich. „Ich finde, draußen sieht es heute sehr schön aus.“ Sie redete schnell, ehe er eine Chance hatte, seine Serviette durch den Ring zu schieben und aufzustehen. Sobald er einmal stand, ging er auch rasch hinaus, und sie dachte, dass sie nicht wollte, dass dies heute so schnell geschah.
Er wandte sich zum Fenster und blickte selbst hinaus. „In der Tat, so sieht es aus“, pflichtete er ihr bei.
„Ich könnte vielleicht einen Spaziergang machen.“
Desmond nickte zustimmend. „Nehmen Sie auch einen Sonnenschirm mit“, warnte er sie. „Der kühlende Wind lässt einen die sengende Sonne vergessen.“
„Meinen Sie?“
„Zweifellos“, bekräftigte er.
„Möglicherweise sollte ich mich dann nicht nach draußen wagen?“, fragte sie unsicher.
„Oh, gehen Sie auf alle Fälle hinaus. Ich bin sicher, ein Spaziergang an der frischen Luft kann Ihnen nur guttun.“
„Mrs Avery sagt oft, dass es für die körperliche Gesundheit nichts Besseres gibt als ein wenig Bewegung“, erinnerte Marianne sie beide. Diese Tatsache stellte sie nicht in Frage, sie brauchte nur einen weiteren Vorwand.
„Sehr wahr.“
Ein kurzer Moment unbehaglichen Schweigens folgte, während dessen Marianne sich für eine törichte, impulsive Handlung wappnete.
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