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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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Anspruch genommen. Ich finde übrigens nicht, dass Purpurrot ihr besonders steht.“
    Marianne wickelte sich fest in ihren Mantel ein, als wolle sie sich vor weiteren Fragen schützen, und Mr Desmond ließ das Pferd endlich in eine schnellere Gangart fallen.
    „Ihr Kleid war violett“, sagte er schließlich.
    „Und da Sie kurz zuvor die Einsilbigkeit von Mr Wynder angesprochen haben, möchte ich bemerken, dass mir noch nie aufgefallen ist, dass Miss Leemings Konversation besonders brillant ist.“
    „Miss Leeming ist immerhin weiter gereist als bis zum nächsten Kuhstall. Sie war auf dem Kontinent, falls Sie so gütig sind, sich daran zu erinnern.“
    „Und fand es dort sehr voll“, bemerkte Marianne spöttisch.
    Irgendwie war aus Mr Desmonds Bemerkungen über Mr Wynder ein gereizter Wortwechsel zwischen ihm und Marianne entstanden. „Immerhin ist dort mehr los als in dem Dorf, wo Mr Wynder herstammt“, erklärte Desmond.
    „Mr Wynder hatte mir zwar keine aufregenden Geschichten über seine Weltreisen zu erzählen, aber dennoch bin ich froh, dass er auf Mrs Dudleys Gesellschaft war. Sie haben ja heute Abend so wenig Notiz von mir genommen, dass ich ebenso gut eine Fliege an der Wand hätte sein können. Dann hätte ich wenigstens um Ihren Kopf summen und herausfinden können, was nun so fesselnd an Miss Leemings Erzählungen war“, fauchte Marianne. „Immerhin war ihr Kleid so tief ausgeschnitten, dass es geradezu unschicklich war, sodass kaum ein Zweifel daran bestand, was an Miss Leeming selbst so faszinierend schien.“ Marianne klang wie ein schmollendes Kind.
    „Wären Sie eine Fliege gewesen, hätte ich Sie erschlagen“, knurrte Desmond und warf ihr einen Seitenblick zu. „Vielleicht mache ich das ja noch.“
    Marianne wandte sich verdrossen ab, und Desmond konzentrierte sich auf die Straße. „Sie hat mir von ihrer Tante in Liverpool erzählt“, meinte er nach einer Weile.
    Verwirrt wandte Marianne sich ihm zu. „Was sagten Sie?“
    „Ich sagte, dass sie mir von ihrer Tante aus Liverpool erzählt hat, Mrs Stagway.“
    „Miss Leeming?“
    Desmond nickte.
    Mr Desmond und Miss Leeming hatten sich später in eine Nische zurückgezogen, und keinem der Anwesenden hatte entgehen können, wie Miss Leeming fast die ganze Zeit über schnell und höchst eindringlich auf den Gentleman eingeredet hatte. Nun verzogen Mariannes Mundwinkel sich langsam zu einem Lächeln.
    „Außerdem weiß ich, wo sie geboren wurde und wie ihre Geschwister heißen. Ich kann Ihnen den Namen und die Tätigkeit ihres Ehemannes mitteilen und Ihnen ein oder zwei skandalöse Gerüchte verraten, die über ihn im Umlauf sind. Auch ihre Kinder ließ sie nicht unerwähnt und auch nicht, wen sie geheiratet haben – jedenfalls die drei, die verheiratet sind. Cathie, fürchte ich, ist schrecklich unattraktiv, und da die Familie über kein nennenswertes Vermögen verfügt, ist es sehr wahrscheinlich, dass sie unverheiratet bleibt, das arme Mädchen. Ich kann Ihnen auch Tante Winnies Hutgröße sagen, den Namen ihres Schneiders und wie ihre Katze heißt.“
    Endlich brach Marianne in fröhliches Gelächter aus, drehte sich zu Mr Desmond um und rieb mit beiden Händen seinen Arm, um sich zu wärmen. Die Wange in den Stoff seines Wintermantels geschmiegt, blickte sie, immer noch lächelnd, in sein Gesicht.
    „Und da dachte ich, einen anstrengenden Abend erlebt zu haben. Mr Wynder war sogar in seinen redseligsten Augenblicken ziemlich einsilbig, und was er sagte, kam als unverständliches Gemurmel heraus. Es war mühsam, ihm eine Antwort auf meine Fragen zu entlocken, aber wenigstens hat er mich auch einmal in Ruhe gelassen, wenn ich es wollte.“

    Desmond stöhnte leise. „Sie Glückspilz. Falls wir uns jemals in dieser Gesellschaft wiederfinden, müssen Sie mir versprechen, dass Sie den Tischpartner mit mir tauschen.“
    „Ich bezweifle, dass Mrs Dudley das zulassen würde. Und auf jeden Fall hätte Miss Leeming mir nicht viel zu sagen“, meinte Marianne. „Außerdem muss ich Sie warnen. Mr Wynder betrachtet gebildete Menschen als ‚verdammte bleichgesichtige Bücherwürmer‘.“
    „Dann wird er wahrscheinlich überhaupt nicht mit mir reden wollen.“ Desmond blickte Marianne in die Augen und seufzte dramatisch. „Welch ungeheure Wohltat!“
    Für den Rest der Rückfahrt nach Kingsbrook hielt Marianne sich an Desmonds Arm fest. Sie lächelte, und ab und zu kicherte sie leise bei dem Gedanken an Miss Leeming und ihren

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