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Herz im Spiel

Herz im Spiel

Titel: Herz im Spiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sally Cheney
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vereint war, doch ebenso unbestreitbar war, dass der Fingerhut, den Marianne Weihnachten hier gefunden hatte, ihrer Schulkameradin gehörte. Da sie Antworten finden wollte, war Marianne, sobald ihr das ohne Furcht vor einer Entdeckung möglich war, noch einmal in das Zimmer im zweiten Stockwerk von Haus Kingsbrook gegangen.
    Doch sie hatte nur neue Entdeckungen gemacht, die zu weiteren Fragen geführt hatten. Als sie einen Schrank und eine Kommode durchsuchte, waren diese frei von Staub, ja der ganze Raum schien wieder erst kürzlich sauber gemacht worden zu sein, sodass sie sicher war, dass er, genau wie beim letzten Mal, vor kurzer Zeit noch benutzt worden war.
    Nachdem sie eine Weile in diesem Zimmer auf dem bequemen Bett gesessen hatte, gestand sich Marianne ein, dass dieses Rätsel sie vollständig verwirrte. Sie hatte keine Ahnung, was in diesem Haus vorging, aber sie kannte jemand, der es wissen musste, jemanden, der alles wusste, was sich auf Kingsbrook abspielte. Endlich beschloss sie, die Fragen zu stellen, die einige ihrer Probleme lösen würden.
    „Ich meine nicht, dass ein sauberes Zimmer zwangsläufig bedeutet, dass dort jemand gewohnt hat“, entgegnete Mrs River.
    Mit ihrem begütigenden Tonfall konnte sie Marianne jedoch nicht von ihrem Nachbohren abbringen. „Nun, nicht unbedingt. Aber ich habe dort einen persönlichen Gegenstand gefunden“, beharrte sie störrisch.
    „Das ist unmöglich. Ich habe doch selbst …“ Schnell hielt Mrs River inne, doch es war zu spät, um ihren Versprecher wiedergutzumachen.
    Marianne hatte, seit sie der älteren Frau die erste Frage gestellt hatte, keinen einzigen Stich in das kleine Mustertuch, an dem sie arbeitete, gesetzt, und nun legte sie es beiseite und tat nicht einmal mehr so, als sticke sie. „Was geht hier vor, Mrs River? Wer ist die junge Dame, die auf Kingsbrook gewohnt hat?“, fragte sie behutsam, aber unnachgiebig.
    „Wie kommen Sie ausgerechnet darauf, dass es eine junge Dame war, falls wirklich einer der oberen Räume benutzt worden ist?“, wollte Mrs River wissen.
    „Weihnachten habe ich dort einen Fingerhut gefunden, daher habe ich natürlich angenommen, ein weibliches Wesen habe dort gewohnt. Und was die Nutzung des Raumes angeht, so glaube ich, dass er immer noch regelmäßig bewohnt wird. Das können Sie doch nicht abstreiten, Mrs River“, sagte Marianne.
    Mrs River war eine einfache, ehrliche Frau und Mariannes eindringlichen Fragen nicht gewachsen. Sie stieß einen leisen Seufzer aus, und dann war es mit ihrer Beherrschung vorbei. „Ach, Miss“, rief sie, „ich weiß selbst nicht, was ich davon halten soll! So etwas hat Mr Desmond noch nie getan. Er hat tatsächlich vor Weihnachten ein Mädchen hergebracht. Eine Woche hat die junge Dame bei uns gewohnt, vielleicht auch zehn Tage, und seitdem waren da noch zwei andere. Mr Desmond schmuggelt sie herein, wenn niemand da ist, gewöhnlich bei Nacht. Arme kleine Dinger, sie sind zu Tode geängstigt, wie mir scheint. Der Herr hat mir befohlen, ihnen zu essen zugeben, sie zu versorgen und ansonsten in Ruhe zu lassen. Oh Miss, mir gefällt das gar nicht.“
    „Und wer sind die Mädchen?“, fragte Marianne.
    „Ich weiß nicht. In diesem Punkt ist Mr Desmond besonders streng. ‚Sie dürfen ihnen keine Fragen stellen‘, sagt er, aber das ist schon alles.“
    „Und was geschieht mit den jungen Frauen?“, fragte Marianne verwundert.
    Mrs River zuckte die Schultern. „Mr Desmond holt sie, und er bringt sie selbst wieder fort.“
    „In der Kutsche? Mit Rickers als Fahrer?“
    „Niemand hier weiß Genaueres über die jungen Damen. Falls sie in einem Wagen abreisen, was ich annehme, kommt dieser von außerhalb, obwohl ich das nie selbst gesehen habe.“
    Die beiden saßen da und blickten einander eine Weile an.
    „Die Damen sind wohl alte Freundinnen von ihm“, bemerkte Marianne endlich unsicher.
    „So muss es sein“, pflichtete Mrs River ihr bei. Sie klang ebenso wenig überzeugt wie Marianne.
    Als es für Marianne Zeit wurde, Kingsbrook zu verlassen, war Mr Desmond immer noch fort. Seit sie aus der Akademie gekommen war, hatte sie ihn gar nicht zu Gesicht bekommen, was, wie Mrs River ihr bestätigte, ebenfalls ungewöhnlich war. In den vergangenen Jahren hatte Mr Desmond zumindest den Spätsommer immer in seinem Haus verbracht, die Zeit, in der die Spieler, die im Sommer kamen, schon heimgefahren und die zahlreichen Wintergäste noch nicht eingetroffen waren.
    Er hatte Mrs River

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