Herz im Zwiespalt (German Edition)
weitere Streicheleinheiten ein.
Lizz schmiegte ihr Gesicht an den warmen Hals der Stute und kicherte leise vor sich hin. »Ich bin ernstlich versucht, diese Maus einzufangen, um sie bei Gelegenheit Margarete unter die Bettdecke zu stecken. Das wäre doch eine angemessene Vergeltung für die letzten Wochen. Findest du nicht auch?«
Ein plötzliches Geräusch ließ Lizz erschrocken zusammenfahren und sie blickte sich alarmiert im Stall um.
»Ist da jemand?« Die winzige Öllampe am Eingang des Gebäudes vermochte nur einen kleinen Teil des Raumes zu erhellen. Alles, was sich außerhalb ihrer Reichweite befand, lag im Dunkeln. Sie warf einen schnellen Blick zur Gaststube hinüber. Es war kurz nach Mitternacht und die Gäste hatten sich längst schlafen gelegt. Alles war still. Lizz schalt sich eine Närrin. Wie war sie nur auf die absurde Idee gekommen, mitten in der Nacht und allein die Sicherheit ihres Zimmers zu verlassen? In dieser Gegend konnten sich wer weiß was für Gestalten herumtreiben. Gauner und Diebe vielleicht, die im Schutz der Dunkelheit ihren Geschäften nachgingen. Allein diese Vorstellung reichte aus, um Lizz einen eisigen Schauder über den Rücken zu jagen. Wie immer hatte sie keinen Gedanken an mögliche Gefahren verschwendet. Und wie immer kam dieser Anflug von gesundem Menschenverstand reichlich spät.
Ihr Blick fiel auf eine Heugabel, die am Scheunentor lehnte. Mit dieser Waffe in der Hand fühlte sie sich gleich um einiges wohler. Trotzdem schlug ihr das Herz bis zum Hals vor Furcht. »Hallo? Wer ist da?« Ihre Sinne waren geschärft, und sie horchte mit angehaltenem Atem; doch nebst dem leisen Schnauben der Pferde und dem gelegentlichen Scharren der Hufe war kein Laut zu vernehmen. Dennoch war sie sich sicher, dass da etwas gewesen war. Es hatte sich wie das Zerreißen von Stoff angehört.
»Tretet ins Licht. Ich weiß, dass Ihr da seid«, forderte sie mit fester Stimme. Was hätte sie darum gegeben, tatsächlich so mutig zu sein, wie ihre Worte klangen. In Wirklichkeit hoffte sie inständig, dass niemand dieser Forderung folgte. Sie würde vermutlich auf der Stelle tot umfallen vor Schreck.
Die Heugabel fest umklammert, ging sie Schritt um Schritt weiter in den Stall hinein.
Die aufgehängten Sättel und Zaumzeuge warfen groteske Schatten an die Wände und ihr Puls schlug noch schneller. Dennoch hielt sie nicht inne. Sie musste dem Geheimnis auf den Grund gehen.
Vielleicht ist es nur eine Katze, versuchte sie sich selbst zu beruhigen und horchte erneut.
Da! Plötzlich war das Geräusch direkt hinter ihr. Beinahe im selben Augenblick presste sich eine riesige Hand auf ihren Mund und erstickte ihren entsetzten Aufschrei. Ein stahlharter Arm schlang sich um ihre Taille und drückte sie mit eisernem Griff an eine stahlharte Brust. Lizz war wie gelähmt vor Furcht. Panik und Übelkeit drohten ihr den Magen umzudrehen.
»Ganz ruhig, Mädchen. Ich werde dir nichts tun«, flüsterte eine dunkle Stimme dicht an ihrem Ohr. Es klang, als käme sie geradewegs aus den Tiefen eines Sees.
Gleichzeitig erwachte Lizz aus ihrer Starre und begann sich verzweifelt zu wehren. Sie wand sich in der erbarmungslosen Umklammerung ihres Angreifers, versuchte die Heugabel gegen ihn einzusetzen, doch er klemmte diese so geschickt ein, class sie als Waffe unbrauchbar wurde. Lizz litt Todesängste, denn sie wusste, dass niemand ihre erstickten Laute hören konnte. Niemand würde ihr zu Hilfe eilen.
Sie versuchte nach ihrem Angreifer zu treten, doch ihre Füße verfingen sich in den Unterröcken ihres Reisekleids und richteten nur geringen Schaden am Schienbein des Unbekannten an.
Die riesige Hand des Mannes presste sich noch immer gnadenlos auf ihren Mund. Großer Gott, sie bekam kaum noch Luft.
»Himmel noch mal, halte endlich still, Mädchen. Ich habe nicht vor, dir Gewalt anzutun. Ich will nur verhindern, dass du das ganze Gasthaus mit deinem Geschrei aufweckst«, flüsterte die Stimme eindringlich.
Lizz glaubte ihm kein Wort und kämpfte wild entschlossen weiter gegen ihn an. Wenn dieser Kerl sie schon umbringen wollte, würde sie es ihm zumindest nicht leicht machen. Voller Genugtuung spürte sie, wie er zusammenzuckte, als sie die Fingernägel in seinen Oberarm grub. Leider war dieser kleine Triumph nur von kurzer Dauer. Ihr Gegner fluchte verhalten und verstärkte seinen Griff so eisern, dass Lizz um ihre Rippen fürchtete. Sie kämpfte so lange gegen ihn an, bis sie sich völlig erschöpft ihrem
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