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Herz im Zwiespalt (German Edition)

Herz im Zwiespalt (German Edition)

Titel: Herz im Zwiespalt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Alge
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fürchtete, weil er wusste, dass seine Dämonen nur auf diesen Augenblick warteten, um ihn heimzusuchen. Sie kamen jede Nacht und quälten ihn mit grässlichen Bildern von Feuer und Schlachten. Gaukelten ihm die Todesschreie seiner Volksleute vor, bis er glaubte, sein Schädel müsse unter dieser Wucht zerplatzen.
    George saß auf einem Strohballen und lehnte sich erschöpft gegen die hölzerne Stallwand. Er hatte seine Männer vorausgeschickt, während er sich wie ein gemeiner Dieb im hintersten Teil dieses Stalls versteckt hielt. Er sehnte sich nach einem Augenblick der Ruhe, und die Finsternis, die ihn hier umgab, wirkte wie Balsam auf seine gepeinigte Seele. Der Gestank von Pferdeschweiß, Leder und fauligem Stroh hing schwer in der Luft. Dennoch sog er tief den Atem ein, um die Anspannung aus seinem Körper zu vertreiben. Leider ließ sich der dumpfe Schmerz in seiner Brust nicht genauso leicht beseitigen.
    Cumnock war stets ein friedliches, unbedeutendes Dorf gewesen. Die Bewohner, hauptsächlich Bauern, waren friedlich und gottesfürchtig ihrer Arbeit nachgegangen. George hatte oft auf dem Weg zur Grenze bei ihnen Halt gemacht und ihre Gastfreundschaft genossen. Viele von ihnen hatte er bereits seit Jahren gekannt. – Nun waren sie alle tot. Er war zu spät gekommen. George schloss bedauernd die Augen. Wie tollwütige Hunde war ein Trupp Engländer mitten in der Nacht ins Dorf eingefallen – sie hatten gemordet, geschändet und gebrandschatzt und ein Bild des Grauens hinterlassen.
    Alles, was er und seine Männer für die Dorfbewohner noch hatten tun können, war, ihre sterblichen Überreste anständig zu begraben. George nahm nachdenklich den schwarzen Helm vom Kopf und strich sich das schweißnasse Haar aus der Stirn. Heute war er mit seinen Männern wesentlich tiefer in England eingedrungen als bisher. Es war ein Wagnis gewesen, doch kalter Zorn und Rachedurst hatten ihn so lange angetrieben, bis er die Schuldigen aufgespürt hatte.
    Noch immer glaubte er das Entsetzen in den Augen seiner Feinde zu sehen, als er mit seinen Männern auf die Lichtung geritten kam. Es war ein kurzer, brutaler Kampf. Da sich der Trupp auf englischem Boden in Sicherheit wähnte, waren die Männer auf einen Angriff nicht gefasst gewesen. Ein Irrtum, den sie mit ihrem Leben bezahlten. Alle bis auf einen. George schonte bei jeder Schlacht einen einzigen Mann, damit dieser nach England zurückkehren konnte, um von der unerbittlichen Rache des ›schwarzen Ritters‹ zu berichten. Dies gehörte ebenso zu seinem Markenzeichen wie die schwarze Rüstung, die er trug.
    Doch je mehr die Engländer den schwarzen Ritter zu fürchten begannen, desto mehr vertrauten die schottischen Grenzbewohner auf seine Hilfe. Ein wahrer Teufelskreis, denn die Bürde dieser Verantwortung lastete schwer auf seinen Schultern.
    Plötzlich hörte George leise Schritte und seine Hand glitt automatisch zum Schwert.
    »Hallo, meine Schöne«, begrüßte Lizz ihre anmutige Stute liebevoll. Lady Lou quittierte die sanften Worte mit einem zufriedenen Schnauben und ließ sich bereitwillig die samtweiche Nase streicheln.
    »Du findest wohl auch keinen Schlaf, was? Ich auch nicht. Ich bin viel zu aufgeregt«, gestand Lizz fröhlich. Seit Wochen schon freute sie sich auf diese Reise und nun war es endlich so weit. Sie befanden sich auf dem Weg nach Stirling Castle. Es war das erste Mal, dass sie mit ihrer Familie eine Reise unternahm. Das erste Mal überhaupt, dass sie Stobhall Castle und das Dorf für längere Zeit verließ. Die Aussicht auf die Tage am Königshof erschien ihr wie ein herrliches Abenteuer, das nur auf sie wartete. Lizz ließ ihren Blick durch den vorderen Teil des Stalls schweifen und ein breites Lächeln hob ihre Mundwinkel. Es herrschte ein wahres Chaos. Überall lagen angerissene Strohballen kreuz und quer auf dem schmutzigen Boden herum. Sättel und Zaumzeuge hingen von den Decken und umgekippte Eimer und Mistgabeln vervollständigten das unordentliche Bild. »Wie ich sehe, ist deine Unterkunft auch nicht besser als unsere.«
    Ihr Grinsen wurde noch breiter. »Du hättest Margaretes und Annabellas Reaktionen auf unsere Unterbringung sehen sollen. Als der Wirt unsere Kammer aufschloss, saß eine Maus auf dem Bett und knabberte genüsslich ein Loch in die Matratze. Margarete fiel natürlich augenblicklich in Ohnmacht, während Annabella einen regelrechten Schreikrampf bekam.«
    Lady Lou wieherte leise und forderte mit leichtem Anstupsen der Nase

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