Herz in Gefahr (German Edition)
war. Dann reichte er Robin den Brief zurück.
»Hm«, knurrte er und sah unschlüssig in die Runde. »Aus dem Brief ist leider nicht ersichtlich, dass Ihr befugt und befähigt seid, einen Edelmann gefangen zu nehmen«, stellte er dann fest.
»Was soll das heißen? Wollt Ihr uns etwa nicht weiterziehen lassen?«, fragte Robin und konnte nicht verhindern, dass Ärger in seiner Stimme mitschwang.
»Auch Ihr untersteht dem Gesetz des Königs. Und dieses besagt, wie Ihr wohl wisst, dass ein Verdächtiger einem Sheriff oder dem Gericht überstellt werden muss«, erwiderte der Ordnungshüter.
»Aber ...«, begehrte Robin auf, doch der Sheriff gebot ihm mit einer Handbewegung Stillschweigen.
»Aber«, nahm er Robins Satzanfang auf, »Ihr habt Glück. Ich habe eine alte Verwandte in Canterbury, die ich schon lange einmal besuchen wollte, doch leider fehlt mir das Geld für die Reise.
Wenn ich Euch also meine Dienste anbiete, so schlagt Ihr zwei Fliegen mit einer Klappe. Ihr könnt Eure Reise ungehindert fortsetzen und steht außerdem unter dem Schutz des königlichen Gesetzes. Ein Pferd allerdings brauche ich noch und hoffe auf klingende Dankbarkeit Eurerseits.«
Robin seufzte. Er sah zu Funbird, der ihm zunickte, und antwortete dann: »Wir nehmen Euer Angebot an. Sucht Euch ein Pferd aus dem nahen Mietstall aus und erwartet den Lohn für Eure Dienste in Canterbury.«
Wenig später saßen Funbird, Robin und der Sheriff auf ihren Pferden und machten sich auf den Weg nach Canterbury, das gute 15 Meilen entfernt lag. Robin hatte in Dover außerdem neue Stiefel und einen Maulesel erworben, auf dem Matthew saß, erneut an Händen und Füßen gefesselt, und der von den Männern abwechselnd geführt wurde.
Sie kamen nur langsam voran. Die Pferde konnten mit Rücksicht auf Matthews Maulesel keine schnellere Gangart als einen leichten Trab gehen. Trotzdem hatten sie am Abend bereits das Stadttor von Canterbury erreicht und trafen pünktlich zum letzten Glockengeläut im Kloster ein.
Robin ließ dem Erzbischof seine Rückkehr melden und vernahm mit großer Freude, dass Thomas Bourchier bereit war, Warthorpe bereits am nächsten Morgen zu vernehmen.
Die Männer versorgten ihre Tiere und begaben sichdann in den Speiseraum, um das kärgliche Abendmahl einzunehmen. Sir Matthew Warthorpe hingegen bekam eine Schlafstelle in der Arrestzelle der Mönche zugewiesen und verbrachte die Nacht auf dem kalten Steinboden, nur mit einem Krug Wasser und einem Kanten Brot zur Stärkung.
25. Kapitel
»Sir Matthew Warthorpe von Warthorpe, Ihr werdet beschuldigt, den Erben des Waterhouse Manor, Andrew Waterhouse, im Mai diesen Jahres auf einer Waldlichtung zwischen Bloomfield und Waterhouse mit dem Pferde umgeritten und anschließend durch eine Ohrfeige zu Tode gebracht zu haben«, eröffnete Thomas Bourchier im Beisein eines bestellten königlichen Richters die Verhandlung.
»Ihr habt nun Gelegenheit, Euch zu den Vorwürfen zu äußern!«
Sir Warthorpe saß zusammengesunken vor dem großen Tisch, hinter dem das hohe Gericht thronte und hielt den Blick gesenkt. Das zerzauste, ungepflegte Haar hing ihm wirr in die Stirn. Sein Gesicht war gerötet, von Bartstoppeln bedeckt, und sah müde und ungewaschen aus. Er scharrte mit den Stiefeln auf dem Boden herum und warf Robin Bloomfield und Funbird, die neben ihm saßen, von unten herauf einen hasserfüllten Blick zu. Dann sah er auf, schüttelte trotzig den Kopf und sagte mit belegter, seltsam kleiner Stimme: »Nein, ehrwürdiger Vater, mich trifft keine Schuld. Robin Bloomfield war es, der den Jungen auf dem Gewissen hat. Er allein hatte Grund dazu. Es war die Gier nach Besitz und Macht, die ihn zu dieser abscheulichen Tat getrieben hat. Sein Handschuh wurde als Beweis auf der Waldlichtung gefunden. Und seine Flucht in der darauf folgenden Nacht zeugt ein weiteres Mal von seiner Schuld.«
Der Erzbischof räusperte sich und schaute zu Robin, der angespannt dem Verlauf der Verhandlung folgte. Bourchiers Hand lag schützend auf einem kleinen Holzkästchen, das vor ihm auf dem Tisch stand.
»Und Ihr, Robin Bloomfield, was habt Ihr zu den gegen Euch gerichteten Beschuldigungen zu sagen?«, fragte er.
Robin erhob sich und trat hochaufgerichtet vor den Richtertisch.
»Ehrwürdiger Vater, ich habe Andrew Waterhouse nicht getötet«, antwortete er schlicht und sah dabei dem Erzbischof und dem königlichen Richter gerade in die Augen.
»Nun gut«, bemerkte Bourchier sachlich. Er wandte sich an einen
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