Herz in Gefahr
an ihrem Sterbebett. Es war der größte Wunsch meiner Mutter, dass unsere Hochzeit stattfinden sollte wie geplant. Bevor sie starb, flehte sie mich an, nicht zuzulassen, dass sie unserem künftigen Glück im Wege stünde.”
“Dann hat das Delirium nachgelassen?”
“Ganz am Ende war ihr Verstand wieder klar, und ich danke dem Herrn dafür. Sie erkannte mich, Judith, und gab uns ihren Segen.” Truscott schaffte es, eine einzelne Träne hervorzupressen. “Sie werden den Konventionen nicht erlauben, den Wunsch einer sterbenden Mutter zu missachten?”
“Nein, nein”, sagte sie leise. “Es soll geschehen, wie Sie es versprochen haben.” Sie schämte sich, dass sie trotz ihres echten Mitgefühls für einen Moment fast erleichtert gewesen war bei dem Gedanken, die Hochzeit aufschieben zu können. Es war üblich, dass man beim Tod eines engen Verwandten mindestens ein Jahr der Trauer vorübergehen ließ. Aber es sollte nicht sein.
13. KAPITEL
Truscott wäre fast ohnmächtig geworden vor Erleichterung. Er hatte ganz die möglichen Konsequenzen seiner Lüge übersehen. Das dumme Mädchen hätte mit ihren albernen Vorstellungen von Anstand fast seine Pläne zerstört. Wenn es nach ihr ginge, würde sie womöglich ein ganzes Jahr Schwarz tragen. Doch jede Verzögerung seiner Heirat würde ihn erledigen, denn Margrave würde nicht warten.
Seine Kehle war trocken und seine Hände zitterten. Es war nicht wichtig. Judith würde sein Erblassen und seine Sprachlosigkeit einem natürlichen Kummer zusprechen. Er warf Mrs Aveton einen Hilfe suchenden Blick zu.
“Unser lieber Charles hat recht”, sagte sie sofort ernst, obwohl sie am liebsten laut gelacht hätte. “Sein Pflichtgefühl gegenüber seiner Mutter macht ihm Ehre.”
Judith kehrte in ihr Zimmer zurück, nachdem Truscott sich verabschiedet hatte, und setzte sich an ihren Sekretär. Die einzige Wirklichkeit für sie seit ihrer Rückkehr war ihr Buch. Im Schreiben konnte sie die traurigen Gedanken vergessen, die sie quälten.
Bessie betrachtete sie bedrückt. Sie seufzte leise und stahl sich unbemerkt aus dem Zimmer. Sie begab sich zu einem Fenster, das auf die Straße hinausging, holte ihr Taschentuch heraus und winkte damit einer Gestalt zu, die auf der gegenüberliegenden Seite gestanden hatte und nun eilig davonging.
Bessie kehrte am nächsten Tag um dieselbe Zeit zu dem gleichen Fenster zurück. Dieses Mal stand die Familienkutsche vor dem Haus. Bessie sah Mrs Aveton und ihren Töchtern nach, die gerade zu einem Ausflug in den Park in die Kutsche stiegen.
Sobald die Kutsche anfuhr, öffnete Bessie das Fenster und machte dem Mann auf der anderen Seite der Straße kurz ein Zeichen. Leise ging sie die Treppe hinunter und ließ ihn durch eine Seitentür eintreten.
Mit einem Finger auf den Lippen sah sie ihn an und bedeutete ihm, ihr die Treppe hinauf zu folgen. Sie blieb vor Judiths Tür stehen und klopfte, aber es kam keine Antwort. Jede Vorsicht in den Wind schlagend, öffnete sie und ließ Dan allein hineingehen.
Judith hob nicht den Kopf. Erst als er hinter ihr stand und ihr die Hände auf die Schultern legte, drehte sie sich um.
“Du!”, rief sie ungläubig. “Du musst von Sinnen sein! Was tust du hier, und wie bist du hereingekommen? Der Butler hat Anweisung, dich nicht vorzulassen.”
“Judith, ich musste dich sehen. Warum bist du davongelaufen?” Dan war sehr blass, aber seine blauen Augen hielten ihrem Blick stand.
“Musst du da fragen?”, sagte sie kühl. “Du gehst besser, bevor meine Stiefmutter zurückkommt.”
“Nicht bevor ich mit dir gesprochen habe. Oh, mein Liebling, ich habe versucht, dir meine Liebe zu gestehen. Warum willst du mir nicht glauben?”
“Ich beurteile einen Menschen nach seinen Handlungen, nicht nach seinen Worten, und ich will nicht mit dir reden. Gehst du, oder muss ich die Diener rufen?”
Dan wich nicht von der Stelle. “Nur wenn du möchtest, dass ich ihnen die Köpfe einschlage. Du musst mir zuhören, und sei es unserer früheren Freundschaft zuliebe …”
“Du nimmst dir aufgrund eben dieser Freundschaft viel zu viel heraus. Was soll ich mir denn anhören? Noch eine Schimpftirade über den Mann, den ich heiraten werde? Deine Vorstellung von Freundschaft ist wahrlich seltsam, Dan. Ist dir mein Seelenfrieden so wenig wert? Ich lasse nicht zu, dass du mich so quälst. Ich muss schon ohne deine ständigen Belästigungen genug durchmachen! Wie kann ich es dir begreiflich machen?”
“Das wirst du
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