Herz in Gefahr
“Ich denke nicht. Ich traue dir nicht, Charlie. Du hast dich bisher so bemüht, uns von deiner kostbaren Gemeinde fernzuhalten. Was hat sich jetzt geändert?”
“Ich meine doch nicht euch alle”, rief der Priester ungeduldig. “Nellie kann ich dort nicht gebrauchen, aber du könntest als ein Gemeindemitglied durchgehen.”
“Herzlichen Dank, ich bin dir sehr verbunden, aber nicht überzeugt. Du kommst am besten jeden Tag her und bringst so viel du jedes Mal tragen kannst.”
“Das kann ich nicht tun. Nächste Woche heirate ich. Meine Abwesenheit veranlasst die Stiefmutter meiner Verlobten bereits zu gereizten Bemerkungen. Willst du, dass ich meine Braut verliere?”
Margrave setzte eine schockierte Miene auf. “Mein lieber Sir, ich hoffe nicht! Die Dame soll die Quelle unseres künftigen Reichtums werden, nicht wahr?”
“Dann hör mir zu. Ich kann vor meiner Hochzeit nicht wieder hierherkommen. Und danach bin ich nicht sicher. Du behauptest, diese Summe sei bescheiden. Ich stimme dir zu. Aber im Moment befindet sich das Geld, das mir zur Verfügung steht, in der Sakristei. Es wird euch für mehrere Wochen reichen. Danach müssen Papiere unterzeichnet werden, und wahrscheinlich muss erst eine gewisse Zeit verstreichen, bevor ich mich im Besitz des Erbes meiner Frau befinde.”
“Also bietest du uns deine Ersparnisse an? Mein lieber Freund, wie großzügig von dir, wenn auch, wie ich leider hinzufügen muss, sehr untypisch. Wir müssen uns damit abfinden, zu warten, denke ich.”
“Wie du willst!” Truscott erhob sich und machte Anstalten, davonzugehen, aber Nellie mischte sich ein.
“Wir können nicht von dem hier leben!”, knurrte sie. “Trau ihm nicht, Dick! Wenn der erst verheiratet ist, kommt er nicht wieder.”
“Oh, ich denke doch, aber du hast recht. Wir können nicht von Luft leben. Nun gut, ich werde mit dir gehen, Truscott, aber ich warne dich. Ich bin bewaffnet.”
Truscott überhörte die Drohung. Sein Plan schien Erfolg zu haben, und er hatte es nicht eilig. “Am besten kommst du heute Abend zu meiner Kirche. Wenn du dir den Gottesdienst anhörst, wirst du begreifen, was ich meine. Ein Blick auf die fetten Gänse, die nur darauf warten, gerupft zu werden, und du wirst nicht länger zögern.”
“Warum muss es heute Abend sein?” Margrave war sofort misstrauisch.
“Die Kirche wird voll sein. Keinem wird deine Anwesenheit auffallen, und ich werde dir das Geld nach dem Gottesdienst geben. Du wirst kaum etwas dagegen haben, deinem Beutel die heutige Kollekte hinzuzufügen, oder?”
Gier kämpfte sekundenlang mit Argwohn, doch dann, genau wie Truscott erwartet hatte, willigte Margrave, obwohl zögernd, ein.
“Aber keine Tricks, wohlgemerkt!” Er klopfte bedeutungsvoll auf seine Tasche, beruhigt von dem Gewicht seiner Pistole, die er immer bei sich trug.
Truscott schüttelte in scheinbarer Betrübtheit den Kopf. “Du musst lernen, mir zu vertrauen, Margrave.”
Und mit diesen Worten verabschiedete er sich und schlenderte hinaus. Alles lief bestens. Jetzt musste er sich wieder ein wenig um Judith kümmern.
Er war überrascht zu erfahren, dass Judith sich bereits von ihren Freunden getrennt hatte. Erwartete sie die Hochzeit voller Ungeduld? Schnell unterdrückte er das Lächeln, das sich auf seine Lippen gestohlen hatte, als er Mrs Avetons Salon betrat und Judith schnell auf ihn zukam.
“Charles, haben Sie Neuigkeiten? Wie geht es Ihrer Mama?”
“Traurige Neuigkeiten, meine Liebe! Sie ist leider von uns gegangen und befindet sich in diesem Augenblick bei ihrem Schöpfer.” Er setzte sich und bedeckte die Augen mit zitternder Hand.
“Oh, mein Lieber, es tut mir so leid. Wenigstens konnten Sie bei ihr sein. Es muss ihr eine große Erleichterung gewesen sein in ihren letzten Minuten …” Sie legte ihm tröstend die Hand auf die Schulter.
Er nahm sie und drückte die Lippen auf ihre Finger. “Sie sind zu gütig, mein Engel! Nun habe ich nur Sie. Sie sind der einzige Mensch, der mir geblieben ist.” Truscott hob das Gesicht zu ihr auf und achtete nicht auf Mrs Avetons spöttischen Blick. “Ich muss stark sein”, fuhr er leise fort. “Es wird in den nächsten Tagen viel zu tun geben. Das Begräbnis, Sie wissen.”
“Möchten Sie vielleicht, dass wir unsere Hochzeit ein wenig aufschieben? In einer Zeit der Trauer wäre so eine Zeremonie unziemlich.”
“Ach, meine Liebste, wie ähnlich es Ihnen doch sieht, meine Gefühle zu bedenken, aber ich schwor einen Eid
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