Herz in Gefahr
für diese unangebrachte Eile geben als seinen Wunsch, Hand an ihr Vermögen zu legen. Sein Plan, Admiral Nelson für seine Entwürfe zu interessieren, war fehlgeschlagen, und jetzt hatte er vielleicht jede Hoffnung auf eine eigene Karriere aufgegeben.
In ihrem Herzen wusste sie, dass das nicht wahr sein konnte. Dan machte sich nichts aus ihrem Geld, und er glaubte fest an sein Talent.
Wenn er ihr nur seine Liebe gebeichtet hätte, als sie sich ihm in die Arme geworfen hatte! Da hätte sie ihm geglaubt, aber noch war der Schmerz seiner Abweisung zu stark.
Sie schloss gequält die Augen. Wie kühl sein Antrag gewesen war! Er hatte keinen Versuch gemacht, sie an sich zu drücken und ihren Protest mit einem Kuss zu beenden. Stattdessen wollte er ihr ihren Mangel an Urteilsvermögen klarmachen und ihre Dummheit, einen Mann wie Charles Truscott heiraten zu wollen. Sie hatte genug davon! Sie griff nach der Klingelschnur, um nach Bessie zu läuten.
“Ich möchte, dass du ohne Verzögerung meine Sachen packst”, sagte sie zu ihr.
“Heute Abend noch, Miss Judith?”
“Ja, oder morgen früh. Ich fahre morgen nach Hause.”
“Aber, Miss, ich dachte, Sie sollten noch eine Weile bleiben. Wird Lady Wentworth es nicht seltsam finden, wenn Sie in solcher Eile fortgehen?”
“Diskutiere nicht mit mir, Bessie! Ihre Ladyschaft wird es überhaupt nicht seltsam finden, da meine Hochzeit kurz bevorsteht. Es gibt Tausende von Dingen zu tun.”
Bessie verzog unzufrieden den Mund. “Dann packe ich also morgen.” Während sie ihrer Herrin beim Auskleiden half, hielt sie mit ihrer Missbilligung nicht hinter dem Berg, aber Judith achtete nicht auf ihr Gemurmel.
Sie hoffte nur, dass sie das Haus verlassen konnte, ohne sich von Dan verabschieden zu müssen. Wenn sie das schaffte, würde sie verheiratet sein, bevor sie ihm wieder begegnete, und wäre sicher vor jeglicher Art von Überredungskunst.
Ihr Wunsch ging in Erfüllung. Sebastian hatte Dan wohlweislich unter einem Vorwand fortgeschickt und Prudence darauf vorbereitet, Judiths mögliche Abreise gelassen hinzunehmen.
Prudence gehorchte ihm, obwohl es ihr sehr schwer fiel. Sie umarmte Judith voller Zuneigung. “Meine Liebe, ich bin so traurig, dass ich nicht bei deiner Hochzeit werde sein können. Ich frage mich, hättest du es gern, dass Sebastian dich zum Altar führt?”
Judith spürte Panik in sich aufsteigen. Die Erwähnung ihrer Hochzeit machte sie so viel wirklicher. Dann lächelte Sebastian, und sie beruhigte sich.
“Das wäre wundervoll”, sagte sie. “Es ist so lieb von euch. Ihr wisst ja, ich habe keine männlichen Verwandten.”
“Es wird mir ein Vergnügen sein.” Sebastian glaubte, er müsste an der Lüge ersticken. Insgeheim hoffte er immer noch, Truscott entlarven zu können. Doch auch wenn das nicht geschehen sollte, musste Judith seines Beistands sicher sein. Und als er ihr in die Kutsche half, war ihm nichts von seiner inneren Unruhe anzumerken.
Mrs Aveton ließ keinen Zweifel an ihrer Meinung über Judiths Verhalten. “Von allen hinterhältigen, lügnerischen Geschöpfen bist du das schlimmste!”, schrie sie. “Hast du etwa gedacht, dass ich nichts von deinem skandalösen Benehmen erfahren würde?”
“Skandalös, Ma’am? Dessen bin ich mir nicht bewusst.”
“Wie würdest du es denn sonst beschreiben? Spiel mir nicht die Unschuld vor! Willst du etwa leugnen, dass du einen ganzen Tag allein mit diesem … diesem Emporkömmling verbracht hast?”
“Wir waren nicht allein, Ma’am. Wir hatten drei Kinder bei uns. Außerdem bin ich noch nicht vermählt.”
“Und wirst es wohl auch nicht sein, wenn Mr Truscott davon erfährt. Was wird er sagen bei der Vorstellung, dass du dich mit deinem alten Liebhaber schamlos in dunklen Ecken herumdrückst?”
“Ich verlasse mich darauf, dass er nicht die gleichen schmutzigen Gedanken haben wird wie Sie.”
“Du unverschämtes Stück! Wie wagst du es, so mit mir zu sprechen?” Mrs Avetons Wangen wurden hochrot. “Wenn ich daran denke, wie viel du mir schuldest, die ich dich aufgezogen habe wie mein eigenes Kind!”
Doch hier riss Judith der Geduldsfaden. Sie betrachtete ihre Stiefmutter mit Verachtung. “Ich bin Ihnen nicht das Geringste schuldig, Ma’am, bis auf einige unmissverständliche Worte. Seit mein Vater starb, haben Sie alles getan, um mir das Leben zur Hölle zu machen. Ich habe nicht vergessen, was ich unter Ihnen zu leiden hatte, und ich danke dem Himmel, dass das bald ein Ende
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