Herz in Gefahr
“Lass uns in die Sakristei gehen. Du brauchst nicht auch noch einen öffentlichen Skandal.”
“Lassen Sie sie los!”, schrie Truscott. “Wie können Sie es wagen, sich einzumischen? Sie und Ihre Familie haben Ihr Bestes getan, um sie gegen mich aufzubringen. Und jetzt, nehme ich an, wollen Sie sie dazu überreden, diese Lügen über mich zu glauben?”
“Judith wünscht nur, die Wahrheit zu erfahren, Sir”, erwiderte Sebastian kühl. “Wenn Sie unschuldig sind, brauchen Sie nichts zu befürchten.”
“Wer sind Sie, dass Sie es wagen, mich zu verurteilen? Sie mit Ihrem Geld und Ihrer Arroganz! Meine Frau wird jede Verbindung zu Ihnen jetzt sofort abbrechen!”
“Sie fallen unangenehm auf. Nehmen Sie Rücksicht auf Judiths Gefühle, Mann!”
Truscott versuchte, Judiths Arm zu nehmen. “Hören Sie nicht auf ihn. Sie sind alle gegen mich …”
An diesem Punkt sah der Bischof sich veranlasst, einzugreifen. “Lord Wentworth hat recht. Sie bieten ein sehr unwürdiges Schauspiel. Nichts von alldem sollte in der Öffentlichkeit stattfinden.” Stirnrunzelnd ging er davon.
“Nicht, Mylord, gehen Sie nicht!” Truscott eilte ihm nach. “Habe ich nicht das Recht, mich zu verteidigen und diese Vorwürfe zurückzuweisen?”
“Das dürfen Sie, und ich werde Sie anhören. Aber nicht vor dem Altar. Später, und wenn Sie die Zweifel der Dame beseitigen konnten, mag die Zeremonie fortgesetzt werden.”
Truscott kehrte an Judiths Seite zurück, aber Judith achtete nicht auf ihn, sondern sprach das verängstigte Mädchen an. “Wie ist Ihr Name?”
“Nan, Miss. Bitte, Sie müssen mir glauben. Ich habe nicht gelogen. Josh hat mich auf die Straße geworfen. Ich habe kein Geld für das Kind. Ich glaube, es wird sterben …”
“Geben Sie die Hoffnung nicht auf”, sagte Judith leise. “Sie werden jede Hilfe bekommen, die Sie brauchen. Sie kennen diesen Mann als Josh? Es ist der Gleiche, mit dem ich mich fast vermählt hätte?”
“Ja, Miss. Gibt er vor, ein Geistlicher zu sein?” Sie verzog voller Bitterkeit den Mund. “Er ist kein guter Christ. Er hätte uns beide einfach verhungern lassen.”
“Sie sind sehr müde”, sagte Judith sanft. “Lassen Sie uns zu einem ruhigeren Ort gehen, wo Sie sich setzen können.” Sie sah Sebastian an, und er nickte. Dann machte er einem seiner Lakaien ein Zeichen und schickte ihn fort, etwas zu essen zu besorgen.
Truscott machte einen letzten verzweifelten Versuch. “Nein!”, schrie er. “Ich werde helfen! Ich werde ihr Geld geben, aber Judith, Sie müssen mich anhören!”
“Ich bin gern dazu bereit.” Sie legte einen Arm um das Mädchen und führte sie durch eine Tür in die Sakristei. Sebastian und ein sehr verstörter Truscott folgten ihr.
“Du wirst in der Hölle schmoren für deine Lügen, Weib!”, rief er zornig. “Das ist das Los derer, die vor Gott falsches Zeugnis ablegen!”
“Ersparen Sie uns Ihre Drohungen”, fuhr Sebastian ihn an. “Sie werden den Mund halten. Mylord, wollen Sie das Mädchen befragen?”, bat er den Bischof.
Nan war zutiefst verängstigt, aber ermutigt durch Judiths sanfte Art, begann sie, ihre Geschichte zu erzählen.
“Seven Dials?” unterbrach Truscott an einer Stelle. “Ich kenne den Ort nicht.”
“Sehr seltsam, wenn man bedenkt, dass Sie dort ein Haus unterhalten.” Sebastian betrachtete scheinbar interessiert seine Fingernägel. “Man hat Sie wiederholt hineingehen sehen, ebenso wie Nan. Sie heißen Nan, nicht wahr?” Er lächelte sie ermutigend an.
Das Gesicht des Geistlichen wurde aschfahl. “Das hätte ich mir denken können”, stieß er heftig hervor. “Sie haben mir nachspioniert. Aber was nützt Ihnen das schon! Als ein Mann Gottes werde ich in allen Teilen Londons gebraucht. Ich kenne nicht immer die Namen der Orte, zu denen ich gerufen werde.”
“Ebenso wenig scheinen Ihnen die Gesichter derer bekannt zu sein, die Sie angeblich mit Ihrer Barmherzigkeit beschenken.” Der Bischof sah ihn finster an. “Warum gaben Sie vor, dieses Mädchen nicht zu kennen?”
“Aber, Mylord, man kann nicht von mir erwarten, mich an all jene zu erinnern, die mich um Hilfe angehen. Es sind so viele …” Truscott warf Judith einen flehentlichen Blick zu.
Sie sah ihn nicht an. Plötzlich kam ihr der Tag in den Sinn, an dem er in eben dieser Kirche auf einen kleinen Jungen eingeschlagen hatte. Ein Schwindelgefühl ergriff sie, als sie die Wahrheit erkannte. Sie hatte sich die ganze Zeit in ihm
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