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Herzbesetzer (German Edition)

Herzbesetzer (German Edition)

Titel: Herzbesetzer (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: T.A. Wegberg
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aufgefallen ist, finde ich sie unverändert. Und Gereiztheit ist ja wohl kaum ein Symptom von frisch Verliebten, oder? Außer natürlich … sie ist gereizt, weil mein Vater sie an der Durchsetzung ihrer Träume hindert. Und meist ist er ja neuerdings die Zielscheibe ihrer Kritik. Aber das ist doch verrückt! Totaler Wahnsinn! Nein, Anoki spinnt sich da was zurecht, genau wie mit den Außerirdischen. Er hat einfach zu viel Fantasie und ist zu viel allein. Ich beschließe, ihn kommendes Wochenende nach Berlin einzuladen und mit ihm ins Theater zu gehen, damit er auf andere Gedanken kommt.

 
 
39
    Vorher wird er allerdings noch beim Schwarzfahren erwischt und erneut von der Polizei nach Hause gebracht. Meine Mutter rastet aus. »Überall reden sie schon über uns«, beklagt sie sich bei mir. »Was meinst du, was das für ein Gefühl ist, wenn Anoki hier dauernd im Streifenwagen vorfährt? Das kriegen doch alle mit, und dann geht das Gequatsche los! Beim Friseur bin ich schon drauf angesprochen worden, und auf der Arbeit trau ich mich kaum noch mit den anderen in die Pause, damit ich nicht wieder darüber reden muss! So geht das nicht weiter!«
    Ich frage mich, wie sie das verhindern will. Anoki steckt ohne jeden Zweifel mitten in der Pubertät und ist für sachliche Argumente so zugänglich wie ein Wildschwein für Himbeerbrause. Natürlich entschuldigt er sich bei meinen Eltern und verspricht, nie wieder irgendwas Illegales zu tun. Aber dann geht er hoch in sein Zimmer, raucht einen Joint und lädt sich Musikdateien runter, oder so was in der Art.
    Mein Vater soll sogar im Zorn gesagt haben, er werde den Bengel eigenhändig zurück ins Heim bringen, falls er noch einmal von der Polizei geschnappt wird. Wenn er seine Position behalten will, muss er sich am Riemen reißen, das mache ich Anoki schonungslos deutlich. Danach ist er sehr geknickt, und am nächsten Tag ruft er mich zum ersten Mal nicht an. Ich mache mir Vorwürfe. Schließlich rufe ich meine Eltern an, um zu fragen, ob mit ihm alles in Ordnung ist.
    »Na ja, in Ordnung wäre wohl übertrieben«, sagt mein Vater, »er sitzt die ganze Zeit oben in seinem Zimmer am Computer und redet nicht mit uns. Er ist auch nicht zum Abendessen runtergekommen. Weißt du, so ein Verhalten finde ich das Allerletzte. Erst wird er von der Polizei hier abgeliefert, und dann tut er so, als wären wir an allem schuld.«
»Das tut er doch gar nicht«, verteidige ich ihn, »er zieht sich bloß zurück. Er hat so ein schlechtes Gewissen, dass er euch jetzt nicht in die Augen sehen kann. Mein Gott, sagt ihm, dass ihr ihm nicht mehr böse seid!«
    »Sind wir aber«, erwidert mein Vater grausam.
    Ich sehe auf die Uhr: gleich halb zehn. Heute ist Donnerstag. Morgen Abend soll Anoki zu mir kommen. Warum fahre ich nicht augenblicklich hin, hole ihn ab und lasse ihn morgen mal die Schule schwänzen? Natürlich mit einer ordnungsgemäßen Entschuldigung. Es ist bestimmt besser, wenn er jetzt Abstand zu meinen Eltern kriegt.
    »Hör mal«, sage ich, »ich bin in anderthalb Stunden da. Ich hol Anoki ab. Sag ihm bitte, er soll seine Sachen packen. Ich klär das mit seiner Schule, mach dir keine Sorgen.«
    Mein Vater fängt an zu protestieren: »Wieso denn das? Du kannst ihn doch jetzt nicht noch belohnen für sein unmögliches Benehmen! Wir haben ihm schon gesagt, dass er am Wochenende nicht nach Berlin darf!«
    Ach, so ist das! Jetzt werde ich ebenfalls wütend. »Das könnt ihr nicht einfach so entscheiden! Ich hab ihn eingeladen, und mir hat er nichts getan, also kommt er zu mir! Bis gleich!« Und ich lege einfach auf – so was hätte ich mich vor einem halben Jahr noch nicht getraut.  
    In meinem Elternhaus geht diese scheußliche und lautstarke Auseinandersetzung weiter. Meine Mutter ist ebenfalls komplett dagegen, dass Anoki durch ein Verwöhnprogramm für seine Verbrechen belohnt wird, und geht sogar so weit, dass sie mich aus dem Haus werfen will. Anoki ist aus seinem Zimmer hervorgekrochen, um mich zu begrüßen – nicht mit der üblichen hündischen Wiedersehensfreude, sondern mit dem panischen Umklammern eines Sterbenden –, und jetzt sitzt er stumm mit uns im Wohnzimmer und lässt seine riesengroßen, dunklen, runden Kinderaugen zwischen meinen Eltern und mir hin und her wandern, je nachdem, wer gerade die übleren Beschimpfungen ausstößt. Es liegt so viel Entsetzen in seinem Blick, dass ich unter gar keinen Umständen ohne ihn hier weggehen werde, und genau das sage ich

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