Herzblut - Gegen alle Regeln (German Edition)
zurückgezogen. Danach übergab ich mich. Mein Magen leerte sich immer wieder, bis nichts übrig war, und trotzdem musste ich weiter würgen.
Und dann schlief ich. Stunden, Tage, ich hatte keine Ahnung, wie lange. Im Schlaf träumte ich von Tristan.
Als ich aufwachte, starrten mich drei Leute an. Mom, Nanna … und Dad.
Hoffentlich habe ich nicht im Schlaf geredet. Falls ich Tristans Namen laut ausgesprochen hatte …
Aber ich beruhigte mich wieder. Es war verrückt, wegen eines Traums ein schlechtes Gewissen zu haben. So etwas konnte man nicht kontrollieren. Und selbst wenn ich im Schlaf seinen Namen gesagt hatte – ich hatte zwar in der vierten Klasse versprochen, mich von Tristan und den anderen Clann-Kindern fernzuhalten, aber nur weil ich jetzt von ihm geträumt hatte, würde ich nicht gleich Ärger bekommen.
Trotzdem: Wenn mein Dad vorbeikam, musste ich irgendwas falsch gemacht haben. Sonst besuchte er mich nur zu meinem Geburtstag im Oktober und einmal im Sommer. Und selbst dann trafen wir uns nur zum Abendessen in unserem Lieblingsrestaurant in der Stadt und taten so, als würden wir trotz der angespannten Atmosphäre essen, und er tat so, als würde er sich für mein Leben interessieren. Nannas Haus hatte er zuletzt an dem Weihnachten betreten, als ich sieben war und er sich so mit Mom gestritten hatte, dass sie am Ende mit Tellern und Eiswürfelschalen nach ihm geworfen hatte.
Nanna beugte sich vor und fühlte mir die Stirn und die Wangen, um zu sehen, ob ich noch Fieber hatte. „He, meine Kleine, wie fühlst du dich?“
Ich versuchte zu schlucken. Meine Kehle war so wund, als hätte sie jemand mit Sandpapier ausgescheuert. „Durst“, flüsterte ich mit Mühe.
Mom reichte mir ein Glas Wasser. Als ich mich aufsetzen wollte, schmerzte mein Unterbauch so, dass ich stöhnend liegen blieb. Es fühlte sich an, als hätte mir jemand mit einem Baseballschläger in den Bauch geschlagen. „Hat mich jemand verprügelt?“
Mom lachte, aber es klang matt. „So ähnlich.“
Beim zweiten Versuch hob ich nur den Kopf, um meine Kehlemit einem kleinen Schluck Wasser zu beruhigen. Als ich es geschafft hatte, fragte ich: „Was war mit mir los?“
Alle drei tauschten Blicke aus. Das war wirklich unheimlich. Ich wusste nicht mal, wann ich sie zuletzt zusammen in einem Zimmer gesehen hatte, ganz zu schweigen davon, wann sie sich diese nervenden, vielsagenden Blicke zugeworfen hatten, die Erwachsene so toll fanden.
„Michael, du solltest es ihr jetzt sagen“, meinte Mom und setzte sich auf das Fußende des Betts.
Dad nickte knapp und faltete die Hände wie ein Priester bei einem Begräbnis. Er konnte noch nicht lange hier sein. In seinem dunkelblauen Anzug sah er aus wie immer … tadellos, ohne eine einzige Falte, jede Strähne seiner gewellten schwarzen Haare lag da, wo sie hingehörte. Wir hatten die gleichen Augen. Leider konnte er seine Gefühle besser verbergen als ich, seine Augen blieben immer eisig grau. Meine hatten die lästige Angewohnheit, je nach Stimmung die Farbe zu wechseln, sodass ich nichts verbergen konnte.
„Savannah, es gibt da ein paar Sachen, die du über dich wissen musst“, setzte er an.
„Weil ich ein, zwei Tage krank war?“
„Eher fünf“, warf Nanna ein.
Ich hatte fünf Tage lang flachgelegen? „Das war mal eine anständige Grippe.“
„Du hattest keine Grippe“, sagte er. „Du veränderst dich.“
„Ich verändere mich? Was meinst du?“
„Ich bin ein Vampir. Deine Mutter ist eine Hexe, genau wie deine Großmutter. Damit bist du in beiden Welten ein Sonderfall, weil sich Vampire wie ich normalerweise nicht fortpflanzen können …“
„Halt, halt, halt. Hast du gerade gesagt, du wärst ein … ein Vampir? Meinst du wie bei Rollenspielen, wo man sich verkleidet, falsche Zähne einsetzt und auf seltsame Partys geht?“ Was sollte das werden? Ein seltsamer, verspäteter Aprilscherz?
Nanna setzte sich neben mich aufs Bett und legte ihre warmen, pergamentartigen Hände auf meine. „Savannah, Liebes, ich weiß, dass das schwer zu glauben ist, aber es ist wahr. Dein Vater ist ein Vampir. Eine besondere Art von Vampir, die man Inkubus nennt.“
„Ein Dämon ?“ Ich schnappte nach Luft. Von Inkuben hatte ich schon gehört, im Internet oder in der Kirche hatte ich etwas über sie gelesen. Aber ich war noch zu benebelt, um mich an Einzelheiten zu erinnern. Meine Gedanken kreisten um eine einzige Sache … Dad behauptete, er sei ein Dämonenvampir. Ein echter
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