Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
zu halten. Sie bekommen bei uns zu essen und können hinten im Anhänger schlafen.«
»Hat Schratt das auch getan?«, hakte Strobl ein.
»Meistens schon. Außer, wenn wir hier in Kempten waren. Da hatte er wohl ein Zimmer, in so einer Art Pension. Ein Bekannter, glaub ich, der ihn da billig hat wohnen lassen. Und er hat ihm dann irgendwelche Hilfsjobs erledigt. Unter der Anschrift war er auch angemeldet.«
Strobl nickte. »Ja, das wissen wir, aber laut dem Bekannten hat er sich immer seltener blicken lassen. Wie viel haben Sie ihm denn bezahlt?«
»Sechshundert im Monat plus Kost und Logis. Mehr ist bei mir nicht drin, glauben Sie mir. Das hat ihm natürlich nicht gereicht. Für das, was der so gebraucht hat.« Er sah wissend zu den Polizisten, dann redete er weiter. »Ja, ich weiß schon, dass der was mit Drogen zu tun gehabt hat. Bin ja auch nicht auf der Brennsuppe dahergeschwommen. Aber ich hab mir gedacht: Lieber arbeitet einer jetzt anständig, als dass er sich das Geld zusammenklaut. Wobei: Meine Kasse hab ich schon immer weggeschlossen. Man weiß ja nie. Der Wolfi hat am Anfang wirklich geackert – und das ist für so Junkies eher selten. Der hat ja auch woanders noch ausgeholfen auf den Märkten.«
»Hatte er denn auch hin und wieder Besuch?«, fragte Kluftinger.
Fink nahm einen tiefen Lungenzug und blies dann heftig den Rauch aus. »Besuch! Was das für ein Gesindel war! Der ist immer für ein paar Stunden am Tag verschwunden – mit wem er sich da getroffen hat: keine Ahnung. Manchmal haben ihn so Typen abgeholt. Alle total abgerissen. Ich hab mir das dann irgendwann verbeten, dass die hier hinten rumschleichen.«
»Hatte er denn auch Kontakte zu den anderen Schaustellern? Oder haben die Kollegen miteinander wenig zu tun?«
»Nein, man trifft sich ja immer wieder, da setzt man sich schon mal zusammen und ratscht bei einem Schnaps. Manche haben damals mit uns angefangen, andere sind schon in dritter Generation dabei. Auch die Jüngeren untereinander stecken oft zusammen. Da war er schon oft dabei, klar. Er hat ja wie gesagt auch mal bei anderen ausgeholfen, bei denen vom alten Kinderkarussell war er öfters, auch bei den Scootern ab und zu. Die haben sich halt auch erbarmt. Obwohl sie genauso wenig haben. Man hilft sich eben in unseren Kreisen.«
»Warum haben Sie ihn denn entlassen, vor … wann war das?«
»Knapp zwei Wochen ist das jetzt her. Der war so aggressiv und patzig zu den Kunden, das hat keinen Wert mehr gehabt. Und irgendwann hat er dann angefangen rumzubrüllen hier hinten und hat uns beschimpft und randaliert. Wir würden ihn ausbeuten und nicht richtig zahlen. Der war nervlich ein Wrack, hat oft nur noch gezittert am ganzen Leib. Das Zeug, was der genommen hat, das hat dem doch allmählich das ganze Hirn weggefressen! Mit den Drogenheinis, das geht nie lange gut. Irgendwann eskaliert es, und dann ist endgültig Schluss für mich. Wenn sie sich nicht mehr im Griff haben, dann müssen sie gehen.«
Er machte eine kurze Pause, um schließlich hinterherzuschieben: »Nicht auszudenken, erschießt der einfach jemanden! Was war der noch? Ein Taxifahrer?«
»Genau.«
»Scheiße. Das muss doch auch mit diesen Drecksdrogen zu tun haben. Ein Normaler macht so was nicht. Tickende Zeitbomben sind das!«
»Haben Sie denn mitbekommen, dass er hier irgendwo mal Drogen deponiert hat?«
Finks Gesicht bekam einen harten Ausdruck.
»Ich lass mir da nichts anhängen, klar? Und dass ich den armen Teufeln eine Chance geb, dafür will ich jetzt nicht auch noch Probleme kriegen.«
Kluftinger verbiss sich einen Kommentar, ob es denn nicht eher Ausbeutung sei, einem jungen Mann sechshundert Euro für einen ganzen Monat harter Arbeit ohne Absicherung, Urlaub und geregelte Arbeitszeiten zu bezahlen. Im Moment kam es darauf an, dass der Schießbudenbesitzer weiter mit ihnen redete – und das war viel wichtiger als eine Grundsatzdiskussion über Arbeitsbedingungen und soziale Fragen.
Strobl kam ihm ohnehin zuvor mit einer Frage, die Kluftinger selbst eigentlich gern noch bis zu Willi Renns Rückruf hinausgezögert hätte: »Kannten Sie einen Mann namens Christian Hübner? Versicherungsmakler in Kempten?«
Fink verneinte mit einem Kopfschütteln. »Mit Versicherungen hab ich’s nicht so. Ich hab nur, was für den Betrieb nötig ist. Ansonsten noch nicht mal ne vernünftige Krankenversicherung. Das Billigste vom Billigen, ich glaub, die zahlen fast gar nix, wenn’s drauf ankommt. Da muss ich mir
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