Herzblut: Kluftingers neuer Fall (German Edition)
schon einen Fuß abtrennen oder Ebola oder so was kriegen. Ich bin ja selbständig, da wird nicht so genau hingeschaut. Das gilt übrigens für fast alle Inhaber von den Fahrgeschäften oder Buden hier. Wir krebsen doch alle nur knapp über dem Existenzminimum rum. Recht romantisch und nostalgisch finden es schon immer alle, was wir hier machen, aber kosten soll’s am besten gar nix!«
In diesem Moment unterbrach das Klingeln von Kluftingers Handy Finks Ausführungen. Willi rief an.
»Du, die haben in München genau analysiert, was das für ein Zeug war. Das ist ein Schmier- und Reinigungsmittel auf Weißölbasis, das in der Zusammensetzung heute wohl gar nicht mehr hergestellt wird. War früher im Ostblock recht verbreitet, weil es noch aus DDR -Produktion stammt. Aber ich hab’s mal gegoogelt, es gibt einige, die drauf schwören und Restbestände zu kaufen versuchen. Wird aber immer seltener, und im Handel gibt’s gar nix mehr. Es heißt Abrinol. Hilft dir das?«
»Ob mir das hilft? Willi, du bist der Beste, danke!« Er beendete das Telefonat und nickte Strobl zu. Die Schlinge um Finks Hals zog sich enger.
»Sie kennen also den Herrn Hübner nicht?«, wiederholte Kluftinger die Frage seines Kollegen.
»Haben Sie’s mit den Ohren?«
»Aber Sie haben von ihm gehört …«
»Von diesem Hübner? Nicht dass ich wüsste.«
»Stand einiges in der Zeitung.«
Fink schien nachzudenken. »Ist das der, wo ermordet worden ist?«
»Exakt.«
Kluftinger wartete ab.
»Und?« Fink wirkte nervös.
»Womit reinigen Sie Ihre Waffen?«
»Was hat denn jetzt das mit dem anderen zu tun?«
»Das überlassen Sie mal uns.«
»Mit Öl, mit was sonst?«
»Welches Fabrikat verwenden Sie?«
Finks Unterlippe begann zu beben. Er schien zu spüren, dass sich der Ton des Kommissars verschärft hatte, und fühlte sich offenbar in die Ecke gedrängt. »Ich nehm das alte Zeug aus der DDR , Abrinol, warum? Hab da mal billig eine große Menge gekauft. Schon ewig her. Aber mit meinen Waffen, da ist auch alles okay, die sind nicht aufgebohrt oder sonst was …«
Die Polizisten schwiegen und fixierten den Mann, der immer mehr die Kontrolle über sich verlor. Und das war ganz in ihrem Sinne.
Plötzlich riss Fink die Augen auf: »Ach du Scheiße, Sie meinen, mit diesem Versicherungsmenschen da, dass ich …« Er lachte künstlich. »Das ist doch wirklich der letzte Scheißdreck.«
Strobl übernahm: »Lassen Sie uns doch bitte mal Ihre Waffen sehen.«
»Meine Waffen?«, fragte Fink ungläubig nach. »Ich sag Ihnen doch, damit können Sie niemanden erschießen!«
»Aber erschlagen«, erwiderte der Kommissar. »Wir haben in einer Wunde eines Mordopfers genau das Öl gefunden, das Sie hier in rauhen Mengen stehen haben, das es aber nicht mal mehr im Handel gibt. Und ein Röhrchen aus Ihrer Schießbude lag in seinem Blut. Herr Fink, da müssen Sie uns wohl einiges erklären, oder?«
»Erklären? Ich … aber ich hab doch …«, stammelte er.
»Also? Was ist?«
»Bitte, die können Sie schon sehen.« Er stand auf – und blieb wie erstarrt stehen. Nach ein paar Sekunden rieb er sich mit einer Hand den Nacken. »Also, das ist jetzt eine saublöde Sache …«
»Ja?«
»Ich hätt das vielleicht vorher schon … aber ich hatte ja keine Ahnung. Aber … ich … also, weil mir ja eines gestohlen worden ist. Ein Gewehr. Deswegen wollt ich ja schon lange vorbeikommen bei Ihnen, also bei der Polizei.«
Die Polizisten sahen ihn fragend an.
»Ich wollt schon eine Diebstahlsanzeige machen, weil eins von meinen schönen alten Luftgewehren weggekommen ist. Aber ich komm ja kaum raus hier. Und dann: Wiederkriegen werd ich das Ding eh nicht. So einem wie mir hilft doch … also nicht, dass ich irgendwie …«
Strobl warf seinem Chef einen Blick zu, den dieser sofort verstand. Was Fink hier zusammenstotterte, war die typische Geschichte, die sie zu hören bekamen, wenn sie ein belastendes Beweismittel sehen wollten: Entweder war es zufällig gerade weggeworfen worden, gestohlen oder aus Versehen verbrannt, und man wollte
gerade
eben den Verlust melden.
»Aha«, versetzte Kluftinger zynisch, »haben Sie denn einen Verdacht, wer Ihnen zufälligerweise das Gewehr … entwendet haben könnte?«
»Keine Ahnung. Vielleicht der Schratt? Das war beim Jahrmarkt in Landsberg. Was weiß ich. Vielleicht auch einer von seinen Kumpels, ich kann’s Ihnen nicht sagen.«
»Das klingt alles ein bisschen vage, Herr Fink«, fand Strobl. »Können Sie
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