Herzen aus Gold: Roman (German Edition)
sechswöchigen Aufenthalt in Kalkutta arrangiert. Sie hat das gesellschaftliche Leben dort in den letzten eineinhalb Monaten in vollen Zügen genießen können!«
»Ist es das, was du dir für sie gewünscht hast?«
»Ich hätte ihr nicht einmal annähernd so ein Leben ermöglichen können. Bell bewegt sich mittlerweile vollkommen selbstverständlich in den Kreisen der oberen Zehntausend. Als ich letztes Jahr in Madras war, zeigte sie bereits mehr Haltung und Selbstbewusstsein als viele der Frauen, die doppelt so alt waren wie sie. Bell ist ganz anders als ich. Ich wollte nie etwas anderes haben als ein geordnetes Familienleben. Ich hoffe nur, dass der Mann, in den sie sich einmal verliebt, so wohlhabend ist, dass er ihr das bieten kann, was sie sich wünscht.«
»Wann wird sie dich hier einmal besuchen?«
»Jetzt, da sie die Schule beendet hat und fast sechzehn ist, hoffe ich, dass das schon in den nächsten Monaten der Fall sein wird.«
»Gut. Wie sieht es übrigens mit deiner Unterkunft aus?«
Ned seufzte. »Ich habe nicht den Komfort, den man sich leisten kann, wenn man so wie du einen festen Vertrag hat.«
»Ja, aber auch du stehst auf der Gehaltsliste der Firma. Es ist schließlich nicht gerade so, dass ihnen die qualifizierten Elektriker die Tür einrennen. Außerdem sieht der alte Lawson inzwischen so schlecht, dass er nicht einmal mehr die Anzeigen ablesen kann.«
Ned warf Jack einen leicht tadelnden Blick zu. »Lawson ist in Ordnung, und das weißt du auch. Er ist ein guter Chef. Ich habe viel von ihm gelernt und deshalb nicht die geringste Abs icht, ihn von seinem Platz zu verdrängen, auch wenn es für ih n an der Zeit wäre, in den Ruhestand zu gehen, und ich durchaus in der Lage bin, seine Aufgaben zu übernehmen.«
»Du bist einfach zu bescheiden. Du leitest die Abteilung doch praktisch sowieso schon.«
»Ich bin erst vierundzwanzig, Jack. Sie werden mir also weder die Stellung noch das dazugehörige Haus geben. Jedenfalls jetzt noch nicht.«
»Da bin ich aber anderer Meinung. Ich werde sehen, was ich tun kann.«
»O nein, das wirst du schön bleiben lassen.«
Jack hielt die Hand hoch, um Neds Protesten Einhalt zu gebieten. »Ich kann mir vorstellen, wie leid du deine Unterkunft sein musst, schließlich wohne ich selbst auch noch nicht allzu lange in meinem eigenen Haus. Ich habe nichts gegen die Italiener, aber wenn Vince Batista nur noch ein einziges Mal ›O Sole Mio‹ gesungen hätte, hätte ich ihn den Harry’s Shaft hinuntergeworfen.«
Ned sah ihn tadelnd an. Sie wussten beide, wie gefährlich die Arbeit in einer der tiefsten Minen der Welt war. »Mach darüber keine Witze.«
»Nun, jetzt weiß ich zumindest, dass es etwas ganz anderes ist, in seinem eigenen Bungalow zu wohnen. Was ich dir anbiete, ist eine ganz andere Kategorie von Unterkunft. War das gerade etwa deine etwas merkwürdige Art zu sagen: ›Danke, Jack, dass du so aufmerksam bist, und ja, ich würde gern in Marikuppam wohnen.‹?«
Ned lächelte. »Ich bin dir durchaus dankbar für dein Angebot, Jack. Aber ich denke, ich sollte dich dort noch eine Weile allein vor dich hin schmoren lassen, wenn du auf deiner neuen Veranda sitzt und jedem, der es auch nur wagt vorbeizugehen, böse Blicke zuwirfst. Ich werde schon bald genug mein eigenes Haus haben. Ach übrigens, kommst du zum Champion-Reef-Picknick? Bei dieser Gelegenheit könntest du auch Iris kennenlernen.«
»Nein. Aber ich werde am Abend zum Tanz kommen, freilich nur, um mich zu vergewissern, dass mein verliebter Freund nicht ernsthaft in Erwägung zieht, jemanden zu heiraten, der einen Hintern wie ein Elefant hat.«
Ned verschluckte sich fast an seinem Bier.
Jack drohte ihm scherzhaft mit dem Finger. »Du musst dir immer zuerst die Mutter anschauen.«
»Halt!«, sagte Ned lachend. »Jetzt wirst du wirklich gemein.«
Jack erhob sich. »Ich leg mich ein bisschen aufs Ohr. Heute Abend habe ich wieder Schicht.«
Ned sah zu, wie sich sein hochgewachsener Freund vom Club entfernte, wobei er es ihm überließ, für ihre Drinks aufzukommen. Aber das störte Ned nicht. Jack war ihm gegenüber in allen Dingen mehr als großzügig. Er gab dem Diener ein Zeichen, und während er wartete, folgte er mit dem Blick Jack, der mit großen Schritten den Weg entlangging, der die makellos weißen Clubgebäude von der Straße trennte. Er fragte sich, ob Jack jemals eine Frau finden würde, die zu ihm passte, was er insgeheim bezweifelte.
Sie hatten zusammen eine Handvoll
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