Herzen in süßer Gefahr (German Edition)
musterten sie einander schweigend.
„Josie“, beharrte ihr Vater. „Tu, worum ich dich gebeten habe.“
Gehorsam trat sie zur Seite, folgte allerdings jedem Schritt des feindlichen Offiziers mit wachsamem Blick. Ihr Gewehr war immer noch auf ihn gerichtet, so wie jetzt die französischen Soldaten mit ihren Musketen auf sie zielten.
„Capitaine Dammartin.“ Ihr Vater machte dem Mann ein Zeichen, näher zu kommen.
Der Franzose rührte sich nicht.
Angesichts des Widerstrebens des jungen Mannes huschte ein schwaches Lächeln über Lieutenant Colonel Mallingtons Züge. „Sie sind aus dem gleichen Holz geschnitzt wie Ihr Vater. Er war ein wahrhaft würdiger Gegner.“
„Ich danke Ihnen, Lieutenant Colonel.“ Um Dammartins Mund lag ein bitterer Zug. „Was für ein nobles Kompliment!“
Lieutenant Colonel Mallington sah kurz zu Josette. „Sie ist meine Tochter und alles, was mir auf dieser Welt geblieben ist. Ich brauche Sie nicht zu bitten, sie ehrenhaft zu behandeln. Als Jean Dammartins Sohn könnten Sie gar nicht anders, das weiß ich.“ Er hustete, und auf seinen Lippen erschien Blut.
Dammartin starrte ihn höhnisch an. „Ach, wissen Sie das?“ Er streckte den Arm aus, sodass die Spitze seines Säbels das Gesicht des Lieutenant Colonel fast berührte. „Sie sind sich außerordentlich sicher für einen Mann in Ihrer Lage.“
Die Dragoner hinter ihm lachten, aber Dammartin hob die Hand, um sie zum Schweigen zu bringen.
Josette trat einen Schritt näher. Ohne sich anmerken zu lassen, wie sehr das Gewicht des Gewehrs ihre Arme belastete, packte sie es fester und richtete es auf Dammartins Brust. „Senken Sie die Waffe, Sir, sonst schieße ich Sie nieder.“
„Nein, Josie!“, brachte ihr Vater mit erstickter Stimme hervor.
„Denken Sie daran, was geschehen wird, wenn Sie abdrücken.“ Dammartin wirkte völlig unbewegt.
„Ich denke daran, was geschehen wird, wenn ich nicht abdrücke“, erwiderte sie.
Keiner ließ den anderen aus den Augen, als könnte dies entscheiden, ob der Säbel oder das Gewehr schneller sein würde.
„Josie.“ Ihr Vater hustete qualvoll. „Leg dein Gewehr beiseite.“
Josette schoss ihm einen entsetzten Blick zu. „Wir ergeben uns nicht“, wiederholte sie seine eigenen Worte.
„Josie.“ Mit blutbefleckten Fingern winkte Lieutenant Colonel Mallington sie zu sich heran, aber die Bewegung war schwach und unkontrolliert.
Mit einem letzten Blick auf Dammartin, der seinen Säbel ein kleines Stück sinken ließ, ging Josette neben ihrem Vater in die Hocke.
„Unser Kampf ist vorbei“, flüsterte er. „Mehr können wir nicht tun.“ Als sie ihn unterbrechen wollte, fuhr er fort: „Ich liege im Sterben.“
„Nein, Papa“, widersprach sie, doch die tödliche Blässe seines Gesichts verriet ihr die schreckliche Wahrheit.
„Ergib dich, Josie. Capitaine Dammartin ist ein Ehrenmann. Bei ihm wirst du in Sicherheit sein.“
Es war Josette unbegreiflich, wie er das von einem Menschen behaupten konnte, der ihn mit solchem Hass in den Augen ansah. „Niemals! Wie kannst du so etwas sagen? Er ist unser Feind!“
„Befehlsverweigerung wird streng bestraft“, versuchte ihr Vater zu scherzen, aber sein Lächeln geriet zu einer Grimasse, und er musste abermals husten.
„Papa!“ Ohne weiter auf Dammartin zu achten, legte sie das Gewehr auf den Boden, ergriff die rechte Hand ihres Vaters und strich ihm sanft über die kalte Wange.
„Versprich mir, dass du dich ihm ergeben wirst“, brachte er mühsam hervor. „Vertrau ihm, Josie. Obwohl sie unsere Feinde sind, sind die Dammartins anständige Männer.“
Sie biss sich auf die Unterlippe, um ihr Zittern zu unterdrücken, und gab die einzige Antwort, die ihr möglich war. „Ich verspreche es, Papa.“ Sanft drückte sie ihm einen Kuss auf die Stirn.
„Braves Mädchen“, sagte er liebevoll.
Heiße Tränen liefen ihr über die Wangen.
„Capitaine Dammartin.“ Die Worte des Lieutenant Colonel klangen wie ein Befehl. Etwas von seiner früheren Kraft schien für einen Moment zurückgekehrt.
Josettes Herz machte einen Sprung. Vielleicht würde ihr Vater doch nicht sterben. Sie beobachtete, wie er fest die Hand des jungen Franzosen ergriff.
„Ich vertraue Josette Ihrer Obhut an. Sorgen Sie für ihre Sicherheit, bis Sie sie hinter die britischen Linien zurückbringen können.“
Sein Blick ließ den des Capitaine nicht los. Der Anblick des Franzosen war der letzte, der dem Lieutenant Colonel vergönnt sein sollte.
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