Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
Vom Netzwerk:
sahen in ihm eine Art Fürst, waren kritiklos und zeigten entsprechend unterwürfigen Respekt oder gar Angst.
    »Wir werden etwas feiern«, sagte Jan, stellte das Tablett mit den Gläsern auf dem Tisch ab, ging langsam zum Fenster und sah hinaus. »Nur Geduld.«
    Draußen in der Dämmerung saß Trivial in der Mitte der Pappelallee, sah ihn an, die Ohren gespitzt, als könne er jedes Wort verstehen.
    »Manchmal denke ich, dieser Hund weiß mehr als wir alle zusammen«, sagte er mehr zu sich selbst. Der Pastor war hinter ihn getreten. »O nein. Er durchschaut uns nur. Das ist alles.«
    »Genau das meine ich.« Der Ton war zu nachdenklich geraten.
    Der Pastor kam ihm mit einer Pointe zu Hilfe: »Er wird uns nicht verraten.«
    Die Haushälterin servierte drei Flaschen Rotwein, und die Gäste schauten verwirrt auf die Etiketten. Jan grinste übermütig. »Es ist kyrillische Schrift. Der Wein kommt von der Krim.
    Man hat ihn erst jetzt eingemauert in den Kellern des Kreml entdeckt. Es ist eine Spezialabfüllung für Stalin gewesen. Fragen Sie mich nicht, wie ich ihn bekommen habe. Ich selber habe meinen Lieferanten auch nicht befragt, sonst hätte ich mich vielleicht mit dem Kauf der Hehlerei schuldig gemacht. In Berlin habe ich ihn bereits probiert, und ich muß sagen, das geknechtete Volk hat dem großen Diktator einen wahrhaft unvergleichlichen Tropfen geschenkt.« Er roch an dem Korken der bereits geöffneten Flaschen und schenkte seinen Freunden ein. Mit derselben Geschichte war es ihm gelungen, neunzigtausend Flaschen nach Frankreich zu verkaufen.
    »Der Anlaß für diese Weinprobe ist ein Brief, den ich gestern erhielt. Er ist von diesem Hamburger Anwalt, der uns vor einigen Wochen einen in den USA lebenden Nachfahren der Grafen Weinstein präsentierte und dessen Ansprüche anmeldete, falls unser Haus ohne Erben bleibt. Nun schreibt er in einem neuen Brief, man könne diesen Vertrag meines Vorfahren Cornelius mit dem Grafen Weinstein annullieren, wenn man sich auf einen finanziellen Ausgleich einige.«
    Er lachte. »Damit dürften wir aller unserer Sorgen enthoben sein. Wer so etwas anbietet, wird kaum nachweisen können, daß er wirklich ein Weinstein ist. Der Mann ist ein Betrüger. Meine Herren!« Er hob sein Glas. »Herzensach wird bleiben, was es ist.«
    Alle vier tranken sich zu. »Auf Herzensach.« (Nebenbei: Der Wein war gut, aber nicht ganz so gut wie seine Geschichte.)
    »Jan«, begann der Pastor. »Sie wissen, was die einfachste Lösung ist.«
    Der Gutsherr lachte. »Ja, ja, ein Sohn, aber dazu muß ich eine Ehefrau in Kauf nehmen. Nein, ich bin wahrhaftig auf der Suche ...« Er zog die Schultern hoch und wiegte den Kopf
    Überraschend ergriff der Doktor das Wort, allerdings ohne jemanden anzusehen: »Es geht auch anders. Ein Ehevertrag, der alles regelt und so weiter und so weiter.«
    Jan schüttelte den Kopf. »Wir haben das schon oft diskutiert. Und ich danke euch allen. Solange die Möglichkeit besteht, jenem bestimmten Mädchen zu begegnen ... nein, ich bin sicher, daß es sie gibt ... daß sie irgendwo auf mich wartet ... Ja, die Liebe achte ich sehr hoch. Lassen Sie mir meinen Traum, solange noch Zeit ist.« Er spürte, er hatte zu dick aufgetragen, denn die Runde schwieg. Jeder betrachtete ein Detail des Raumes, als sehe er es zum ersten Mal.
    Schließlich räusperte sich der Förster. »Ich bin gewohnt, falsche Fährten von echten zu unterscheiden – und damit will ich auf den amerikanischen Weinstein zurückkommen: Was wäre, wenn der Brief nur eine Finte ist, um Sie in Sicherheit zu wiegen, während man die letzten notwendigen Dokumente herbeischafft?«
    Der Gutsherr kniff die Augen zusammen, stützte den Kopf auf und ließ seine Augen die Bücherregale entlangwandern.
    Der Förster hob die Flinte: »Und Ihnen, Jan, vielleicht sogar nachweist, daß Ihre Vorfahren am Tode der Weinsteins schuld sind, und Ihnen mit solcher Begründung und findigen Anwälten Herzensach entreißt.« Der Förster ließ die imaginäre Waffe sinken. »Ich gebe es nur zu bedenken.«
    Jan spielte den Volltreffer. »Franke! Wenn Sie recht haben, ist er ein ebenbürtiger Gegner.« Er stand auf, fletschte die Zähne. Die Rolle gefiel ihm! Er steckte die Hände tief in die Hosentaschen und wanderte im Raum umher. Er holte ein rauhes Lachen hervor. »Zu Cornelius' Zeiten hätte es für all diese Probleme eine einfache und endgültige Lösung gegeben: ein Schiff voller wilder Gesellen – und auf nach Amerika!«
    Er setzte

Weitere Kostenlose Bücher