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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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durch einen Piratenakt zu Geld gekommen zu sein. Sehen Sie, selbst heute fällt noch mancher Autor auf diese Fälschung herein. Allerdings ist die Broschüre 1200 Jahre Weinstein vor neunzehn Jahren von einer Agentur hergestellt worden. Da war ich noch braver Postbeamter. Ich dachte, sie sei längst vergriffen. Heute haben die van Gruntens absolut nichts gegen die Veröffentlichung ihrer Herkunft. Sie sind sogar stolz darauf. Ich kenne den alten Hermann gut und auch den jungen Jan.«
    Karl Metzger sprang auf, eilte zu einem Regal und nahm einen großen Karton herunter. »Wenn Sie sich für Herzensach interessieren, habe ich hier etwas für Sie – ein paar Stücke, die einen seltsamen Sachverhalt wiedergeben. Leider können wir ja nicht alles ausstellen, und gerade Herzensach kommt ein wenig zu kurz.«
    Er öffnete die Schachtel mit den alten Dokumenten, drehte sie so, daß Jakob mitlesen konnte. Doch die Urkunden waren zum Teil vergilbt, gebrochen und die Handschriften oft für einen ungeübten Leser nicht zu entziffern. Karl Metzger zeigte mit dem Finger auf die wichtigen Stellen und las sie vor. Als er bemerkte, daß Jakob die Bedeutung der Texte nicht erkannte, faßte er für ihn zusammen: »Ich bin natürlich kein Rechtswissenschaftler, aber meiner Meinung nach hat Herzensach bei seiner Übertragung auf die van Gruntens als autonomes Gebiet besondere Rechte erhalten, die möglicherweise bis heute unberührt geblieben sind. Bei der Eingliederung des gräflichen Gebietes in das Deutsche Reich ist die Unabhängigkeit von Herzensach übersehen worden. Ein Formfehler, meine ich. Doch danach wäre es noch heute möglich, das kleine Dorf zu einem Freistaat à la Monaco, Liechtenstein oder Andorra zu erklären. Verstehen Sie, mit einem eigenen Recht. Eine Steueroase oder, wenn Sie so wollen, Fluchtburg für Reiche und Verbrecher. Und Jan van Grunten wäre der König von allem.«
    Er lachte übermütig. »Wenn man sich das mal vorstellt. Aber daran kann wohl niemand ernsthaft interessiert sein.«
    »Wissen das der Gutsherr und die Leute in Herzensach?«
    »Ich glaube kaum. Ich habe es selbst erst vor ein paar Wochen herausgefunden. Möglicherweise irre ich mich ja auch. Wenn mein Etat etwas größer wäre, würde ich glatt ein Gutachten in Auftrag geben. Nur aus historischem Interesse, keineswegs um einen Staat namens Herzensach zu gründen.«
    Karl Metzger spendierte zum Kaffee eine Tüte Kekse. Die Krümel prasselten auf Plastikhüllen, rollten über Dokumente und regneten auf ihn selbst herab. Er hatte Vergnügen daran, mit ausholenden Bewegungen und sprühenden Lippen all die Geschichten über Herzensach zu erzählen, die Pastor Pedus in seinem Büchlein nicht für erwähnenswert gehalten hatte (und die es auch nicht waren). Zwischendurch wurden Schachteln herbeigeschleppt, Kaffeeflecken von Briefen entfernt und heruntergefallene Kekse zertreten.
    Es war bereits Nachmittag, als Jakob Finn wieder im Bus nach Herzensach saß. Er breitete seine neue Karte aus und überprüfte ihre Genauigkeit an dem, was er im Vorbeifahren sah. Als sie an Wilhelm Webers Wurstfabrik vorbeikamen, entdeckte er, wie aktuell die Karte war. Ein Anbau, der kaum zwei Jahre alt sein konnte, war bereits eingezeichnet. Etwa einen Kilometer vor Herzensach bat er den Busfahrer zu halten. Der Fahrer zog verwundert die Brauen hoch, denn es gab kein Haus weit und breit. Jakob erklärte lächelnd, er wolle nach Herzensach, aber ihm sei nach einem Waldspaziergang.
    Die Tür öffnete sich zischend, Jakob sprang hinaus in die Sonne und sah dem Bus nach, der die Straße hinab bis zur nördlichen Brücke der Herzensach rollte. Erst jetzt verebbte das Geräusch des Motors, und Jakob war eingehüllt ins Summen der Bienen und Fliegen, übermütige Gezwitscher der Vögel, leichte Rauschen der Bäume und gelegentliche Knarren der Äste. In der Ferne begann ein Specht zu klopfen. Eine Mücke stach ihn in den Nacken. Jakob atmete durch und lächelte, der Förster hatte recht, dies waren die Geräusche und Ereignisse, die den Lauf der Welt bestimmen sollten. Jetzt wunderte er sich, daß er es so lange in der Stadt ausgehalten hatte. Aber dieser zappelige alte Museumsleiter, der wie ein Kobold hin- und hersprang, um mit dem einen oder anderen Dokument seinen Vortrag zu ergänzen, hatte ihn fasziniert. Dieser Mann hatte sich seit seiner Pensionierung vom Postbeamten zum begeisterten Forscher entwickelt.
    Jakob Finn bog in einen Forstweg ein, der laut Karte zum

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