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Herzensach - Roman

Herzensach - Roman

Titel: Herzensach - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gunter Gerlach
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Verwalter und schlug ihm auf die Schulter.
    »Jürgen, Ihre Art zu rechnen gefällt mir. Wenn ich daran denke, wie Sie über den Preis des neuen Mähdreschers verhandelt haben, muß ich heute noch lachen. Der arme Händler war Ihnen kaum gewachsen. Am Ende stotterte er und nickte zu allem. Ich bewundere Sie.«
    Er sah den Verwalter lächelnd an und ließ das Lob eine Zeitlang im Raum stehen. (»Die Pause, jenes kleine kostbare Nichts, ist das Geheimnis jeder Wirkung.« Karl Schierhorn: Die Kunst der Überzeugung, Leipzig 1912, Bd. I, 3. Kap., Bibliothek van Grunten, Regal 2, Etage 5, links.) »Nur ein Problem gibt es dabei. Womit beschäftigen wir unsere Arbeiter? Aber wahrscheinlich haben Sie das auch schon bedacht.«
    Jürgen Vietel nickte, sein Gesicht hatte sich vor Eifer gerötet. »Wir beginnen in diesem Sommer mit dem Bau von Gewächshäusern. Wir werden Gemüse ...«
    Jan unterbrach ihn mit einem fröhlichen Lachen. »Ich wußte es! Jürgen, Sie haben freie Hand. Tun Sie, was Sie für richtig halten. Sie glauben nicht, wie froh ich bin, Sie als Verwalter zu haben. Ich glaube, Sie haben mir noch nie eine schlechte Nachricht gebracht.«
    »Leider gibt es aber eine betrübliche Mitteilung«, bremste Jürgen Vietel den Überschwang seines Gutsherrn. »Unsere alte Haushälterin.«
    »Maria? Was ist mit ihr?«
    »Sie liegt in ihrer Dachkammer, kann kaum noch aufstehen. Ich denke, es wäre besser, sie auf ihre letzten Tage in ein Pflegeheim zu bringen. Das kostet natürlich Geld – doch nicht so viel wie ...«
    »Nein, Jürgen, aufs Geld soll es mir nicht ankommen.« Jan ging nachdenklich hinter seinen Schreibtisch zurück. »Ich denke, Maria hat es verdient, da zu bleiben, wo sie sich wohlfühlt. Wenn Sie das alte Mädchen jetzt verpflanzen, geht es jämmerlich zugrunde.« Er versuchte, sein Gesicht in der Scheibe des Gläserschrankes zu sehen. Er kam sich unendlich jung vor. »Wir geben ihr mein ehemaliges Zimmer im Erdgeschoß, damit wir sie leichter pflegen können. Und Doktor Andree ist nicht weit, er kann regelmäßig nach ihr sehen. Ich gehe heute nachmittag hinauf und bespreche alles mit ihr.«
    »Ihr Vater hätte nicht anders entschieden.« Der Verwalter stand auf, alles Notwendige war besprochen, doch der Gutsherr hielt ihn zurück.
    »Ich habe noch etwas für Sie. Vorhin auf dem Hof sah ich Ihren Wagen. Er ist schon recht alt, nicht wahr?«
    »Nun ja ...«
    »Ich bekam in Berlin einen nagelneuen Mercedes als Ausgleich von einem säumigen Zahler. (Nicht ohne Androhung von Gewalt.) Erlauben Sie mir, Ihnen diesen zu schenken, als Dank für Ihre Leistung und Treue.«
    »Das ist doch ... aber ...« Jürgen Vietel spürte eine aufsteigende Hitze.
    »Nein, keine Widerrede, Sie müssen ihn annehmen. Und entsprechend den höheren laufenden Kosten stocken wir Ihr Gehalt auf.«
    Jan zwinkerte dem sprachlosen Verwalter zu und ging forschen Schrittes hinaus. An der Tür drehte er sich um. »Nun kommen Sie schon, Manuela hat auf der Terrasse für uns einen kleinen Mittagsimbiß serviert.« In solchen Momenten sehnte er sich manchmal nach direkter verbaler Bestätigung – »Bin ich nicht wunderbar?«
    Manuela Kotschik erwartete die beiden in der Halle und führte sie nach hinten auf die überdachte Terrasse. Ein Büfett mit kaltem Rehbraten, Lachs verschiedener Zubereitungsweise, Kaviar, Parmaschinken auf Melone, eingelegten Zucchini, gebratenen Auberginen, Salaten und einer französischen Käseplatte war angerichtet. Werner, Manuelas Mann, stand hinter dem Tisch und öffnete eine Champagnerflasche. Mit einer obszönen Bewegung, die niemand sah.
    Jan hatte nur wenig gegessen und sich bald zu einem kleinen Waldspaziergang verabschiedet. Er wechselte die hohen Stiefel gegen leichte Wanderschuhe, tauschte seine Reitkleidung gegen bequeme Jeans, ein weich fallendes weißes Hemd und eine locker über die Schulter gelegte braune Wildlederjacke. Er fuhr sich mit den Fingern durch die Haare, um jegliche Frisur zu zerstören, verließ das Gutshaus über die Terrasse und ging hinunter zur Herzensach. Mühelos fand er die aus dem glitzernden Wasser ragenden Steine, die er schon seit seiner Kindheit kannte, und sprang sicher hinüber. Er blieb am Waldrand, bis er eine Gruppe alter Eichen erreichte. Hier bog er in den dichten Laubwald ein, einem schmalen aufwärtsführenden Pfad folgend. In Gedanken verglich er die Geschäfte in Berlin mit der Verwaltung des Gutshofes. Wie einfach, aber auch wie mühsam lagen die Dinge hier in

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