Herzenskälte: Ein Fall für Leitner und Grohmann (German Edition)
unbestimmten Gefühl heraus wandte der Staatsanwalt sich direkt an den Jungen. »Hast du deiner bisherigen Aussage noch irgendetwas hinzuzufügen, Florian?«, fragte er.
Der Angesprochene schüttelte den Kopf.
»Und du, Vanessa?«
Auch von dem Mädchen erhielt er nur ein stummes Kopfschütteln als Antwort.
»Also gut«, seufzte Grohmann. »Dann gehen wir jetzt alles noch einmal durch.«
Vanessa setzte sich auf. Hinter der ganzen Schminke verbarg sich ein Mädchen, das zwanghaft versuchte, älter auszusehen, als es war. »Wieso denn das?!«, fragte sie mürrisch. »Wir haben alles gesagt, was wir wissen. Wann können wir endlich gehen?«
»Gehen?«, wiederholte der Staatsanwalt überrascht, bevor er mit einem Blick in die Aktenmappe den Kopf schüttelte. »Nicht so bald.«
Die Jugendliche öffnete den Mund, ohne etwas zu sagen. Dann verschränkte sie die Arme vor der Brust und wich sowohl Grohmanns als auch Jennifers Blick aus.
»Ihr habt heute Morgen also versucht, Kleidung und Schmuck an eure Mitschüler zu verkaufen.« Keine Reaktion. »Wo habt ihr die Sachen her?«
Florian verdrehte die Augen. »Ey, Alter, was soll das?! Das haben wir den anderen Bullen jetzt schon zweimal erzählt!«
»Dann erzählt ihr es uns eben ein drittes Mal.«
»Und weshalb?«, schnappte Vanessa. »Wer sind Sie überhaupt?«
Grohmann schenkte den beiden ein geduldiges Lächeln. »Zwei weitere Bullen, die sich eure Geschichte anhören wollen, um zu entscheiden, ob ihr Märchen erzählt oder die Wahrheit sagt.«
Vanessa stieß ein entnervtes Schnauben aus. »Wieso sollten wir lügen? Alles, was wir gesagt haben, ist wahr.«
»Das werden wir sehen. Ihr seid nicht gerade für eure Wahrheitsliebe bekannt.« Der Staatsanwalt gab den beiden keine weitere Gelegenheit, sich zu profilieren. »Also noch einmal: Woher habt ihr die Kleidung und den Schmuck?«
»Aus einem Auto, von einem Typen, der die Karre einfach stehengelassen hat«, erklärte Florian gereizt. »Wir haben die Sachen mitgenommen. Er wollte sie offenbar nicht mehr. Das war’s.«
»Geht das etwas präziser?«, hakte Jennifer nach. Sie folgte Olivers Ansatz, sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen, auch wenn sie ihre Zweifel hatte, dass die Samthandschuhmethode sie zum Ziel führen würde. »Wo und wann genau war das?«
Die beiden Vierzehnjährigen schüttelten unisono den Kopf. »Das haben wir doch alles schon zweimal durchgekaut«, protestierte Florian erneut. »Ich will jetzt gehen.«
Grohmann lehnte sich mit einem Seufzer zurück und musterte die Jugendlichen schweigend, bevor er einen konspirativen Blick mit Jennifer tauschte. »Also schön, na gut. Wir werden so fair sein, euch eine letzte Chance zu geben, auch wenn ihr die nicht verdient habt. Es läuft folgendermaßen: Entweder ihr macht jetzt den Mund auf und kooperiert, oder ihr geht heute überhaupt nicht mehr nach Hause.«
Vanessa kniff die Augen zusammen. Sie war offensichtlich die Intelligentere von den beiden, denn im Gegensatz zu Florian schaltete sie sofort. »Was soll das denn? Sie können uns doch gar nicht festhalten, selbst dann nicht, wenn wir die Klamotten irgendwo geklaut hätten.«
»Wenn wir davon ausgehen müssen, dass ihr in einen Mord verwickelt seid, dann schon.«
»Mord?!«, wiederholte das Mädchen entsetzt, während ihrem Freund der Mund offen stehenblieb.
Oliver nickte. »Die Frau, der die Sachen gehört haben, ist tot.«
»Fuck!«, fluchte Vanessa. »Damit haben wir doch nichts zu tun!«
Der Staatsanwalt zuckte die Schultern. »Überzeugt uns davon.«
»Scheiße, Mann!« Vanessa verschränkte die Arme vor der Brust. Es war deutlich zu sehen, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete, während Florian neben ihr nur undeutlich Flüche vor sich hinmurmelte.
Sie ließen ihnen noch ein paar Sekunden Zeit, sich über die Botschaft und ihre Folgen klarzuwerden, bevor Jennifer fragte: »Wann und wo seid ihr diesem Typen begegnet? Was genau ist passiert?«
Vanessa und Florian tauschten einen kurzen Blick, bevor das Mädchen endlich die gewünschten Informationen herausrückte. »Wir haben Dienstagnacht mit ein paar anderen unter der Autobahnbrücke abgehangen. War eigentlich recht ruhig, bis dann auf einmal dieses Auto aufgetaucht ist.«
»Wann war das genau?«, hakte Oliver nach.
Sie zuckten zuerst die Schultern, dann sagte Florian: »So um halb zwei.«
Normalerweise wäre dies der Zeitpunkt gewesen, um zu fragen, wieso sich zwei Vierzehnjährige um diese Uhrzeit unter einer
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