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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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schließlich im Zorn, der nach Evagrius der Traurigkeit folgt. Der Zorn, die Bitterkeit, die Unzufriedenheit sind typische Formen der Ruhelosigkeit. Da verletzt mich jemand. Ich kann die Verletzung nicht loslassen, die kränkenden Worte nicht vergessen. Ich führe ständig Selbstgespräche und komme nie zur Ruhe. Oder ich habe mich geärgert. Auch wenn ich abends allein in meinem Zimmer bin, tauchen diese ärgerlichen Gedanken immer wieder auf. Ich kann einfach nicht abschalten.
    Ich komme nicht zur Ruhe. Die negativen Gedanken und Gefühle peinigen mich. Ich kenne eine Frau, die überall in ihrem Dorf das Negative sieht. In der Kirche stimmt nichts mehr. Der Fußballverein nimmt ihre Kinder in Beschlag und überfordert sie. Mit der Nachbarin gibt es Streit. Mit allen Menschen gibt es nur Streit. Ob sie bügelt oder einkauft, immer verfolgen sie die Gedanken, daß alle gegen sie sind. Sie kommt von ihrem Ärger einfach nicht los. Sie hat Angst, verrückt zu werden. Sie spürt, daß es so nicht weitergehen kann. Sie hat keine Distanz, sie kann nicht unterscheiden zwischen den Menschen, die Probleme haben, und sich selbst. Sie kann die andern nicht draußen lassen.
    So steigert sie sich in eine Unruhe hinein, die für sie bedrohlich
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    wird. Obwohl es nach außen hin keine schlimmen Verhältnisse sind, macht sie sich das Leben so schwer, daß sie es nicht mehr alleine schafft.
    Manchmal ist es auch eine innere Unzufriedenheit, die mich daran hindert, zur Ruhe zu kommen. Ich lehne mich gegen alles auf, kann mich auf nichts einlassen, nichts wirklich genießen.
    Mit nichts bin ich zufrieden. Selbst wenn etwas gelingt, finde ich ein Haar in der Suppe. Oder wenn mir andere etwas Gutes tun, finde ich genügend Gründe, es zu kritisieren. Ich spüre, daß ich es nicht lange neben solchen Menschen aushalten kann, die immer nur Unzufriedenheit verbreiten. Neben solchen Menschen, die in sich zerrissen sind, ist es nur sehr schwer, seine innere Ruhe zu bewahren. Vor ihnen muß man sich schützen und sie ihrer eigenen Unzufriedenheit überlassen.
    Manche schimpfen ständig vor sich hin und rauben sich damit die Ruhe. Andere sind zwar nach außen still, aber in ihrem Innern tobt der Kampf der Gedanken und Gefühle. Es ist wie ein Vulkan, auf dem sie sitzen. Jeden Augenblick kann er platzen, sobald noch jemand kommt und ihnen Anlaß gibt, sich zu ärgern.
    Akedia - die Unfähigkeit, zur Ruhe zu kommen Die typische Beschreibung der Unruhe finden wir in den Überlegungen der Mönche zum Logismos der Akedia. Akedia ist für Evagrius Ponticus der schlimmste Dämon, der den Menschen innerlich auseinanderreißt. Akedia ist die Unfähigkeit, im Augenblick zu sein, sich auf das einzulassen, was gerade ist. Evagrius schildert einen Mönch, der vom Dämon der Akedia angefochten wird, recht humorvoll.
    Der Mönch sitzt in seiner Zelle. Aber er hält es dort nicht aus.
    Er schaut ständig zum Fenster hinaus, ob vielleicht nicht doch jemand zu Besuch kommt. Er schimpft auf die hartherzigen Mitbrüder, die heute wieder nicht an ihn denken. Dann schaut er zum Himmel, ob es nicht bald Zeit zum Essen ist. Er rebelliert gegen Gott, der die Sonne heute so langsam wandern läßt. Dann
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    liest er ein wenig in seiner Bibel. Aber dabei wird er müde und schläfrig. So nimmt er die Bibel als Kopfkissen, um zu schlafen.
    Dann ärgert er sich, daß das Kopfkissen so hart ist. Er steht wieder auf und rebelliert gegen alles. Evagrius meint, er wird weinerlich wie ein kleines Kind, weil es nicht bekommt, was es haben will, wobei es gar nicht genau weiß, was es überhaupt haben möchte. Als ich diese Schilderung des Evagrius in einem Kurs vorgetragen habe, meinte eine Frau, ich würde genau ihren Mann schildern, wenn es draußen neblig sei. Da könne sie es noch so gemütlich machen, eine Kerze anzünden oder Musik auflegen. Da nützt nichts. Da ist der Mann unruhig, wandert von einem Raum in den andern und rebelliert gegen alles, was gerade ist, gegen das Wetter, gegen Gott, gegen die Politiker, gegen die Kirche, gegen die Frau, gegen die Kinder, gegen den Beruf. Alles ist gegen ihn. Nicht umsonst nennt Cassian die Akedia taedium (Widerwille, Überdruß). Die Akedia erzeugt im Menschen den horror loci (Widerwillen gegen den Ort, an dem man gerade ist). Immer möchte man woanders sein. Wenn man arbeitet, möchte man am liebsten nichts tun. Wenn man nichts zu tun hat, wird es einem auch langweilig. Man kann sich weder auf das Gebet noch auf die

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