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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Er überlegt sich, ob er bei der Arbeit auch alles richtig gemacht habe oder ob da irgend jemand einen Fehler nachweisen könnte.
    Nach einem Gespräch kann er sich nicht in Ruhe zurücklehnen.
    Er wiederholt innerlich das Gespräch und zergrübelt sich den Kopf, was denn nun der andere von ihm denken könnte, ob er hinter manchen Bemerkungen seine Problematik, seine neurotische Struktur entdecken könnte. Die Angst verfolgt uns wie ein Schatten und läßt uns nie zur Ruhe kommen.
    Neid und Eifersucht hindern uns auf ähnliche Weise an der Ruhe wie die Angst. Der Neid führt dazu, daß wir uns ständig mit andern vergleichen. Wir können nicht bei uns bleiben und das genießen, was uns geschenkt worden ist. Wir sind mit unseren Gedanken immer beim andern, beziehen unseren Wert aus dem Vergleich mit andern. Man braucht nur den Stammtischgesprächen oder dem Kaffeeklatsch in den Arbeitspausen zuzuhören. Da wird ununterbrochen über andere hergezogen. Andere müssen entwertet werden, um sich selbst aufzuwerten und um an den eigenen Wert glauben zu können.
    Da kann man den andern nicht so stehen lassen, wie er ist. Wir müssen unseren Kommentar dazugeben. Dieses ständige Überandere-Reden ist heute ein typisches Kennzeichen unserer Unruhe. Auch wenn wir äußerlich nicht über andere reden, so sind unsere Gedanken doch in einem unaufhörlichen Gespräch über sie. Unser Herz kommt nie zur Ruhe.
    Wer von Eifersucht gequält wird, der weiß, wie sie ihm die Ruhe rauben kann. Wenn die Ehefrau oder der Ehemann, die Freundin oder der Freund einen Besuch macht, ist der ganze
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    Abend voll von eifersüchtigen Gedanken. Man überlegt, wie dieser Besuch wohl aussehen wird, ob da mehr dahinter ist, ob sie oder er über mich redet, ob sie an diesem Mann oder ob er an dieser Frau Gefallen findet, ob da mehr daraus entstehen könnte.
    Wir versuchen, uns die Gedanken zu zerstreuen, indem wir uns vor den Fernseher setzen. Aber auch da kommen die eifersüchtigen Gedanken nicht zur Ruhe. Wir gehen ins Bett.
    Aber wir können nicht einschlafen, weil wir uns in der Phantasie ausmalen, was da alles geschehen könnte. Um die Eifersucht nicht zuzugeben, weil sie unser großartiges Selbstbild zerstört, steigern wir uns in ärgerliche Gedanken über den Freund oder die Freundin hinein. Wir denken uns Sätze aus, wie wir ihn bzw.
    sie verletzen könnten, wie wir uns rächen könnten. Auf einmal entdecken wir, welche Mördergrube unser Herz ist, wie wir da nicht mehr Herr im eigenen Haus sind, sondern von unzähligen masochistischen und sadistischen Gedanken gequält werden. Sie rauben uns die Ruhe, lassen uns nicht schlafen, hindern uns daran, uns über den Abend zu freuen, an dem wir endlich einmal allein sind. Das Alleinsein wird zur Qual. Wir martern uns selbst mit eifersüchtigen Gedanken.
    Die Hybris besteht in der Weigerung, seine eigene Wirklichkeit anzuschauen und sich mit ihr auszusöhnen. Wir halten fest an unserem idealen Selbstbild und verschließen die Augen vor unseren blinden Flecken. Aber wir leben doch ständig in der Angst, daß die andern unsere Fassade durchschauen und unsere Schwächen entdecken könnten. Wir denken uns immer neue Strategien aus, um unsere Schwächen zu verdecken. Aber das ist sehr anstrengend. Vor allem aber geraten solche Menschen durch jede Krise völlig in Panik. Jetzt versuchen sie, voller Unruhe darauf zu reagieren und die Krise wieder in Griff zu bekommen. Es darf unmöglich geschehen, daß die andern meine Krise erkennen, daß sie meine Unsicherheit spüren. So klammere ich mich entweder an einen Guru und verspreche mir von ihm, daß er meine Krise löst. Oder
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    aber ich suche voller Unruhe ständig nach neuen Methoden, um meine Krise in Griff zu bekommen. Vielleicht versuche ich es mit gesunder Ernährung oder mit Joggen oder mit autogenem Training. Das sind alles gute Wege. Doch wenn ich sie aus der Angst heraus gehe, sonst könnten die andern meine Krise erkennen, dann helfen sie mir nicht weiter, dann treiben sie mich vielmehr immer mehr in die Unruhe hinein. Dann möchte ich mit Gewalt die Krise in Griff bekommen und werde doch weiterhin von der Angst getrieben, es dennoch nicht zu schaffen.
    In der Hybris möchte ich nicht nur meine Fehler und Schwächen vor den andern verbergen, ich möchte auch vor mir selbst gut dastehen. So ve rsuche ich, meine Schuldgefühle zu verdrängen. Aber ich lebe ständig in der Angst, daß die Schuldgefühle doch hochsteigen und mich quälen

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