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Herzensruhe

Herzensruhe

Titel: Herzensruhe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Gruen
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Trends in der Gesellschaft stellen, die ihn in die Unruhe treiben möchten.
    Und nur wer in sich die Ruhe findet, kann um sich herum eine Atmosphäre der Ruhe schaffen, in der andere auch zur Ruhe kommen können. Ruhe kann genauso gut anstecken wie Unruhe.
    Wir sind verantwortlich für die Atmosphäre, die wir erzeugen, für Ruhe oder Ruhelosigkeit, für Lust am Leben oder für Hetze und Hektik.
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    II: Wege zur Ruhe

    Da das Thema der Ruhelosigkeit schon in der Bibel aktuell war, möchte ich im ersten Teil bewußt biblische Wege anschauen, die uns zur Ruhe führen könnten. Der rastlose Wanderer, der Frevler, der keine Ruhe findet, der ruhelos Umherirrende, das sind biblische Bilder für Menschen, die heute genauso zutreffen könnten wie damals. Und die biblische Verheißung, daß Gott selbst dem Menschen Ruhe verschaffen wird, ist nicht ein bloßes Wort. Auf dem Hintergrund der Analyse heutiger Ruhelosigkeit könnten gerade die biblischen Wege hochaktuell sein. Ich möchte mich dabei auf zwei biblische Impulse beschränken, auf Jesu Aufforderung, bei ihm Ruhe zu finden, und auf die Beschreibung der Sabbatruhe im Hebräerbrief. Und ich möchte mich auf die Anweisungen der Mönche stützen, wie die Ruhe in Gott gefunden werden kann.
    Den Mönchen, die seit dem 3. Jahrhundert die Wüste von Ägypten bevölkerten, war die damalige Welt der ausgehenden Antike zu laut und zu oberflächlich. Sie wollten einen Weg finden, wie sie ohne Zerstreuung beten könnten, wie sie an der Sabbatruhe Gottes teilhaben könnten. In Gott ganz präsent zu sein, mit Gott eins werden können, ohne von Gedanken und Gefühlen hin und her gerissen zu werden, das ist das Ziel des Mönchsweges, wie ihn vor allem Evagrius Ponticus beschrieben hat. Er gilt als der Psychologe unter den Mönchsschriftstellern.
    Seine Analyse der neun Logismoi und seine Beschreibung, wie wir zu einem Zustand des ungestörten Betens und Ruhens in Gott gelangen können, sind heute genauso aktuell wie damals.
    Cassian und Benedikt, seine gelehrigen Schüler, haben seine Lehre für die Mönche im Westen übersetzt. Die Bücher Cassians wurden im Mittelalter neben der Bibel am meisten gelesen. Und Benedikt wurde zum Lehrmeister des
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    Abendlandes. Seine Regel hält auch für uns nach wie vor überraschende Einsichten bereit. Seine Zeit war von der Unruhe der Völkerwanderung geprägt und ähnelt in vielem der unsrigen.
    Daher glaube ich, daß er uns auch heute Wege zu einem gelingenden Leben weisen kann.

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    1. Aufruf zur Sorglosigkeit

    Nach Martin Heidegger ist der Mensch wesentlich einer, der sich sorgt. Das Dasein ist Sorge. In der Welt sein heißt: sich um sich und seine Existenz sorgen, besorgt sein um sich und für sich selbst sorgen. Die Sorge macht den Menschen unruhig und läßt ihn nirgends ausruhen. Heidegger zitiert die römische Fabel von der Sorge, der Cura:
    „Als einst die ,Sorge' (Cura) über einen Fluß ging, sah sie tonhaltiges Erdreich: sinnend nahm sie davon ein Stück und begann es zu formen. Während sie bei sich darüber nachdenkt, was sie geschaffen, tritt Jupiter hinzu. Ihn bittet die ,Sorge', daß er dem geformten Stück Ton Geist verleihe. Das gewährt ihr Jupiter gern. Als sie aber ihrem Gebilde nun ihren Namen beilegen wollte, verbot das Jupiter und verlangte, daß ihm sein Name gegeben werden müßte. Während über den Namen die
    ,Sorge' und Jupiter stritten, erhob sich auch die Erde (Tellus) und begehrte, daß dem Gebilde ihr Name beigelegt werde, da sie ja doch ihm ein Stück ihres Leibes dargeboten habe. Die Streitenden nahmen Saturn zum Richter. Und ihnen erteilte Saturn folgende anscheinend gerechte Entscheidung: ,Du, Jupiter, weil du den Geist gegeben hast, sollst bei seinem Tode den Geist, du, Erde, weil du den Körper geschenkt hast, sollst den Körper empfangen. Weil aber die ›Sorge‹ dieses Wesen zuerst gebildet, so möge, solange es lebt, die ›Sorge‹ es besitzen.
    Weil aber über den Namen Streit besteht, so möge es ›homo‹
    heißen, da es aus humus (Erde) gemacht ist.'
    Der Mensch ist also wesentlich einer, der sich sorgt. Sein ganzes Dasein ist von der Sorge für sich selbst bestimmt.
    Solange er lebt, gehört er der Sorge. Erst im Tode hört die Sorge auf, über ihn zu herrschen. Dann wird er Jupiter bzw. der Erde gehören. Die Römer haben in dieser ›Fabel‹ zum Ausdruck
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    gebracht, daß alles, was wir tun, von der Sorge geprägt ist. Die Sorge treibt uns an, zu arbeiten, den Lebensunterhalt

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