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Herzgespinst - Thriller

Herzgespinst - Thriller

Titel: Herzgespinst - Thriller Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C. Bertelsmann
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Oliver immer noch wie hypnotisiert dastand. »Wenn du willst natürlich. Aber das wird schon. Ist ja alles noch sehr frisch mit Renate.« Er legte den Arm demonstrativ um sie und drückte sie nervös an sich.
    »Ja, stell dir mal vor«, sagte Olivers Mutter. »Wir haben uns an der Bushaltestelle kennengelernt. Das heißt, Walter fuhr gar nicht Bus. Ich hatte meinen Fahrschein vergessen und musste im strömenden Regen aussteigen und da kam Walter mit seinem LKW vorbei und hat mich gerettet.« Sie strahlte Walter dunkelblau an.
    So. Seine Mutter hatte ihren Fahrschein vergessen. Dazu vermutete Oliver eine etwas andere Geschichte, nämlich, dass sie schwarzfuhr und erwischt worden war. Wäre nicht zum ersten Mal gewesen.
    »Ist noch gar nicht lange her«, fügte Walter hinzu. »Aber ich mache gerne Nägel mit Köpfen. Renate und ich sind füreinander bestimmt. Uns bringt nichts mehr auseinander.« Er gab ihr einen ungelenken Kuss auf die Wange. Sie kicherte.
    Oliver konnte sich nicht erinnern, dass er seine Mutter überhaupt jemals kichern gehört hatte. Es passte nicht zu ihr und er wollte es auch heute nicht hören.
    »Na, und du kannst ja wohl auch einen Vater vertragen, der dir sagt, wo es langgeht. Renate hat mir alles über dich erzählt; auch dass sich noch nie ein echter Mann um dich gekümmert hat. Für so etwas ist es aber nie zu spät. Ein Mann braucht einen Mann.«
    Oliver kam sich vor wie in einem schlechten Heimatfilm. Die Sache mit der Band war plötzlich in weite Ferne gerückt und das gute Gefühl wie ausgelöscht. Was bildete der Typ sich eigentlich ein?
    Es stimmte. Seinen richtigen Vater hatte es nie für ihn gegeben. Aber dafür einen anderen, Julias Vater. Und der hatte ihm alles beigebracht, was Oliver heute noch wichtig war.
    Er spürte jäh eine heftige Wut und musste sich wahnsinnig beherrschen, seine Mutter nicht zu schlagen. Damit sie endlich einmal dieselbe Pein fühlte wie er.
    Oliver kannte diesen inneren Zorn bereits. Er hatte ihn schon ein paarmal erlebt. Beim allerersten Mal war er sechs Jahre alt gewesen und hätte beinahe seinen Hamster ersäuft, um dieses furchtbare Gefühl loszuwerden. Aber dann war anstelle der Wut ein ganz fremdes, warmes Gefühl aufgetaucht. Mitleid. Und dieses Mitleid hatte seinen Hass ertränkt und dem Hamster das Leben gerettet.
    Später war das Mitleid mit Julias Vater mitgestorben, und er hatte eine neue Methode gefunden, um seine Wut im Zaum zu halten.
    Er versetzte seinen Körper physikalisch einfach in eine Art Totenstarre und hielt den Atem an. So lange, bis ihm alle Kräfte schwanden und damit auch die Wut verging.
    Der Trick funktionierte auch diesmal.
    »Ziehen Sie bei uns ein?«, fragte Oliver kühl. Die Wohnung war bereits jetzt zu klein.
    Die beiden sahen sich verliebt in die Augen und zögerten mit der Antwort.
    » Mal sehen«, sagte Walter schließlich. »Vielleicht komm t ja auch noch was Kleines hinterher und wir brauchen ein größeres Haus. Ich habe keine Kinder. Du bist bestimmt ein toller großer Bruder, Kumpel.« Er ließ Olivers Mutter los und ließ seine Hand auf Olivers Schulter fallen.
    Er hatte einen ausgesprochen kräftigen Schlag. Oliver ahnte bereits jetzt, dass es besser war, sich nicht mit ihm anzulegen. Aber das hatte er ja auch gar nicht vor.
    »Ach, ist das alles herrlich«, lachte seine Mutter. »Wer hätte gedacht, dass ich doch noch einmal Kinder kriegen möchte, nach dem Reinfall von damals.«
    Sie kicherte erneut.
    Unversehens stieg die Wut wie eine bösartige, graue Wolke wieder auf.
    »Wir müssen los, Renate«, sagte Walter.
    »Sie soll meine Eltern kennenlernen«, fügte er zu Oliver gewandt hinzu.
    »Mit dir warten wir lieber. Erst mal sollen die Alten Renate ins Herz schließen. Wir wollen die Sache nicht komplizierter als nötig machen, was?«
    Oliver trat vorsichtshalber einen Schritt zurück, weil er bereits wieder die Pranke auf sich herunterdonnern spürte. Aber nichts geschah.
    Die beiden hatten es plötzlich sehr eilig.
    »Dann also tschüss. Ich bleibe heute bei Walter. Der hat so eine schöne Wohnung. Im Eisfach ist noch Pizza.« Seine Mutter wollte Oliver überraschend küssen, aber er drehte rechtzeitig den Kopf weg und sie schmatzte an ihm vorbei in die Luft.
    »Wo bleibst du denn Renate? Brauchst wohl was auf deinen Knackarsch!« Kreischend rannte sie hinaus in den Flur.
    »Vergiss deine Handtasche nicht, Süße. Und nimm eine Strickjacke mit, abends wird es kühl.« Oliver hörte einen lauten Knall,

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