Herzgespinst - Thriller
Sänger von UNDERGROUND . Ich habe mich einfach so in ihn verknallt, weil er ein super Mensch ist.« Sie riss ihre Flasche an sich und drehte sich weg.
»Ist gut, entspann dich«, sagte Julia beruhigend. »Wenn du willst, kann ich dich auf dem Laufenden halten, was so abgeht bei den Jungs in den nächsten Tagen«, schlug sie gönnerhaft vor. »Und wenn du ein letztes Mal auf mich hören willst: Ich halte es für keine gute Idee, dass du am Samstag zum Konzert kommst.«
Lotte riss ihre ohnehin großen Augen auf. »Aber warum denn nicht?«, fragte sie schockiert. »Die halbe Schule taucht dort auf, da ist doch nichts dabei.«
Julia zuckte mit den Achseln. »Du musst es wissen, Lotte. Ich kann dir nur zu etwas raten, tun oder lassen musst du es selber. Aber glaub mir: Ich kenne Oliver schon fast mein ganzes Leben und weiß, wie er tickt. Wenn man sich an ihn hängt wie eine Klette, flippt er aus.«
Lotte seufzte. »Ich weiß, und ich beneide dich echt. Oliver zum Bruder zu haben, ist ein echter Traum.«
Julia verkniff sich eine passende Antwort. Sobald sie ihr Abitur hatte, würde sie mit Oliver zusammenziehen. Spätestens dann würde jeder über sie Bescheid wissen. Aber das war im Augenblick noch ein streng gehütetes Geheimnis.
Lotte ergriff Julias Hand. »Ganz ehrlich, Julia. Gestern war ich echt stinksauer auf dich, weil du mich fortgeschickt hast. Ich habe nicht kapiert, was das bringen sollte. Aber heute habe ich ja selber miterlebt, wie durcheinander Oliver im Augenblick ist.« Sie kicherte. »Die Feueralarm-Aktion war natürlich trotzdem extrem cool. Aber ich hätte schwören können, dass ich gesehen habe, wie er genug Wasser verwendet hat. Er muss es später versehentlich verschüttet haben.«
Sie wischte sich eine Träne aus dem Augenwinkel.
»Ich bin eben ein extremer Pechvogel. Ich kann mich nicht erinnern, dass ich überhaupt mal richtig verknallt war, und dann ist es ausgerechnet Oliver. Ich könnte auf der Stelle sterben.«
Julia lächelte sie tröstend an. »Wie wäre es mit Luis? Ich glaube, der findet dich richtig scharf. Hat mich die ganze Zeit nach dir ausgefragt, als wir in der Roten Sonne waren.«
Lotte sah sie erstaunt an. »Luis? Bist du sicher? Ich dachte, ihr beiden seid …«
Sie sprach den Satz nicht zu Ende.
Julia schüttelte energisch den Kopf. »So ein Quatsch. Hat Oliver das gesagt?«
Sie wartete die Antwort gar nicht erst ab.
»Luis hat mein Piercing verarztet, weil er Sanitäter ist. Mehr war da nicht. Komm nicht auf die Idee, und erzähle so einen Blödsinn herum, ist das klar?«
Sie hatte keine Sekunde länger Lust, mit Lotte zu reden. Grußlos rannte sie davon.
Dass Lotte nicht wirklich etwas mitkriegte, zeigte sich schon daran, dass sie geglaubt hatte, Oliver hätte den weißen Phosphor mit Wasser gekühlt, dachte Julia wütend. Leute wie sie brachten andere Leute ständig in Schwierigkeiten.
Lotte war eben immer noch das gleiche Pferdemädchen, mit nicht besonders viel Grips unter dem Pony aber einem eindeutig zu hohen Chaosfaktor. Sie hatte sich gründlich in ihr geirrt. Es war ein verdammter Fehler gewesen, so nett zu ihr zu sein. Jetzt ging es vor allem darum, den Schaden, den Lotte bereits angerichtet hatte, zu begrenzen. Auf keinen Fall sollte sie sich einbilden, dass sie jemandem wie Julia in die Quere kommen konnte.
16
D as Zollhaus war bereits Stunden vor dem Auftritt von UNDERGROUND zum Bersten gefüllt. Die Fans der Band hatten sich schon am frühen Nachmittag die besten Plätze gesichert und sich mit Pizzadienst und mitgebrachten Getränken die Zeit vertrieben.
Oliver ging hinter der Bühne noch einmal die Setlist durch.
Ihm war schwindlig vor Aufregung. Die letzten Tage hatte er wie in Trance verbracht, die Vormittage in der Schule waren fast ohne Erinnerung an ihm vorbeigezogen.
Er hatte bis jetzt nicht herausgefunden, warum Lotte sich so distanziert verhielt. Ein einziges Mal fing er ein verstohlenes Lächeln von ihr auf und er hatte dabei sofort wieder Pudding in den Knien gehabt; am selben Tag hatte sie ihm den Lösungsbogen des Genetiktests zugeschoben. Ganz schien die Sache also noch nicht verloren zu sein.
Leider gluckte sie in den Pausen ständig mit Julia zusammen, sodass er keine Gelegenheit fand, mit ihr zu reden. Sein Bauchgefühl flüsterte ihm nämlich, dass Julia in diesem Fall nicht als Vermittlerin taugte.
Auch zu Hause wurde die Stimmung täglich übler.
Entweder hing der Truckfahrer mit nacktem Oberkörper auf der Terrasse
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