Herzgespinst - Thriller
sie ihn aus lauter Wut hinuntergestoßen, es war einfach so passiert.
This is the end, you know
Lady, the plans we had went all wrong
We ain’t nothing but fight and shout and tears
Oliver hatte sie genauso enttäuscht wie ihr Vater.
Er hatte einfach nicht begreifen wollen, dass sie für immer zusammengehörten. Ständig ging alles schief. Deshalb musste sie sich etwas Wirksameres ausdenken.
We got to a point, I can’t stand
I’ve had it to the limit; I can’t be your man
I ain’t more than a minute away from walking
Fredo hatte das Futter mit dem Schlafmittel gierig aufgefressen und bestimmt hatte er nicht gelitten, als sie ihn mit der Gitarrensaite erwürgt hatte, die sie aus dem Probenraum mitgenommen hatte. Trotzdem hatte sie die ganze Zeit geweint, während sie den Draht um seinen Hals zuzog.
Sie hoffte, ihr Einsatz würde sich wenigstens lohnen, aber Oliver war einfach nicht einsichtig gewesen.
Luis hatte sie anfangs gerne gemocht. Er tat nämlich so, als ob er unglücklich in sie verliebt wäre, und sie hatte deshalb sogar Mitleid mit ihm gehabt, aber in Wirklichkeit wollte auch er sie nur demütigen. Es geschah ihm also recht.
Out of my head, Out of my bed
Out of the dreams we had, they’re bad
Dass Oliver ihr die Sache mit Shiva präsentierte, war wie eine Ohrfeige und ließ das Fass endgültig überlaufen.
Dass sie in dieser Nacht, als sie krank vor Liebeskummer über den Zirkusplatz irrte, Olivers Handy vor Shivas Wohnwagen gefunden hatte, war der reine Zufall gewesen. Kurz zuvor hatte sie Olivers Rennrad dort entdeckt. Da hatte ihr Herz für einen Moment aufgehört zu schlagen und sie war wie tot auf den Boden gesackt.
Zum Glück war sie schlau. Sie hatte die SMS geschrieben und sich in der Puppenwerkstatt versteckt, bis Shiva den Wohnwagen verlassen hatte. Nachdem sie Schneewittchen die hässlichen Haarzotteln abgeschnitten hatte, folgte sie ihr hinunter an den Fluss.
Ganz ehrlich: Sie hatte es sich nicht so leicht vorgestellt. Shiva war sofort tot. Julia war eben doch stark. Ihr Vater hatte keinen Grund gehabt, sie auszulachen. Den blutigen Stein vergrub sie anschließend unter den Stachelbeeren im Garten.
Tell them it’s me, who made you sad
Tell them the fairytale gone bad
Was sie nun vorhatte, fiel ihr wirklich schwer. Sie würde Oliver enttäuschen müssen, und sie hasste es, wenn er traurig war. Aber es gab einfach keine andere Möglichkeit.
Außer Atem kam sie bei der Scheune an und stieg leise vom Sattel. Vorsichtig hob sie die Kühltasche aus ihrem Rucksack. Die fünf Eisblöcke, die den luftdicht abgeschlossenen weißen Phosphor kühlten, waren schon beinahe geschmolzen. Es war ziemlich schwer gewesen, ihn ungesehen aus der Schule zu schmuggeln. Sie hatte seine Brennwirkung bereits einmal im Chemieunterricht ausprobiert und war sehr zufrieden gewesen. Die Scheune und alles, was sich darin befand, würde bei diesen Temperaturen ohnehin wie Zunder brennen.
Oliver lag im Stroh und döste vor sich hin, als er die SMS von Kurt bekam.
Das untätige Warten zerrte an seinen Nerven. Schließlich hatte er sogar Julias Blechkiste mit seinem Taschenmesser aufgebrochen, auf der Suche nach … ach, er wusste es selber nicht genau.
Seitdem spielte er nervös mit der Karte herum, die er darin gefunden hatte. Es war die Pontiac-Firebird-Spielkarte aus seinem Autoquartett, die er als Kind wie einen Schatz gehütet und schmerzlich vermisst hatte. Irgendwie hatte er damals von Anfang an Julia in Verdacht gehabt, sie weggenommen zu haben, er konnte es gar nicht richtig begründen. Und nun hatte er sie tatsächlich in dieser Blechkiste, die sie unter dem Stroh versteckt hatte, gefunden. Wie durchgeknallt war das denn?
Vor knapp einer Stunde hatte Kurt angerufen. Er hatte aufgeregt geklungen.
Er hatte Oliver nicht gesagt, was geschehen war, weil es Teil der vertraulichen Ermittlung war, aber ihm unzweifelhaft signalisiert, dass er das fehlende Indiz, nach dem er gesucht hatte und das Olivers Unschuld beweisen sollte, endlich gefunden hatte.
Der Text der Kurznachricht, die er nun las, verwirrte ihn. Es war eine Strophe aus »Creep« von Radiohead und lautete:
She’s running out the door
She’s running out
She run, run, run, run
Run
Oliver runzelte die Stirn und setzte sich beunruhigt auf. Aber er konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, was Kurt damit gemeint hatte.
»Hallo, Olli«, sagte Julia und lächelte ihn an. »Hast du die Karte endlich wiedergefunden?«
Ihre
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