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Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Herzgesteuert: Roman (German Edition)

Titel: Herzgesteuert: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hera Lind
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aller Welt steckt eine … ähm … elegante Frau wie Sie einem … Obdachlosen einen Geldkoffer mit immerhin …« Er schaut in seine Unterlagen. »… 180 000 Euro in den Wagen?«
    »Weil ich … das Bedürfnis dazu hatte«, antworte ich. »Ich habe ihn inzwischen kennengelernt. Wahrscheinlich hat sich niemand je die Mühe gemacht, einem Obdachlosen zuzuhören und ihn zu fragen, wie es dazu kommen konnte, dass er unter der Trauerweide sitzt. In diesem Fall …« Ich weise mit dem Kinn in Richtung Georg, vermeide aber, ihn oder gar Falk anzusehen. »In diesem Fall ist ein Mensch im wahrsten Sinne des Wortes abgestürzt.«
    Ich muss schlucken, räuspere mich und hoffe, nicht allzu viel wirres Zeug geredet zu haben. Konzentriert versuche ich den Faden wieder aufzunehmen.
    »Ich wollte, dass er sich beruflich wieder etwas aufbaut. Er ist kein schlechter Mensch. Im Gegenteil, er ist sogar ein fantastischer Mensch. Er ist gebildet und er hat … Herzenswärme. Ich habe viel von ihm gelernt. Und ich fühle mich für ihn … zuständig.«
    Mann, was zittern mir die Beine. Ich kann mich kaum halten auf meinen Stöckelschuhen. Immer noch klammere ich mich an die Tischplatte des Richters.
    »Wir hören Ihnen zu.« Der Richter nickt mir begütigend zu. »Fahren Sie fort.«
    »Er hatte einen Flugzeugabsturz. Und das kann jedem passieren. Er hat … durch welche Umstände auch immer … nicht wieder ins sogenannte ›normale Leben‹ zurückgefunden. Das mag uns, die wir hier alle gesicherte Berufe haben und unseren Platz in der Gesellschaft, fragwürdig vorkommen. Wir waren noch nie in der Situation, auf einer Parkbank wohnen zu müssen. Wir waren auch noch nie eines so schäbigen Verbrechens angeklagt. Ich kann einfach nicht mitansehen, wie man einen Menschen wie Georg für Dinge zur Rechenschaft ziehen will, die er nicht verbrochen hat. Er hat jetzt wochenlang in diesem mittelalterlichen Knast gesessen, und wenn ich mich nicht um ihn gekümmert hätte, wäre er darin wohl zugrunde gegangen.«
    Ich bin plötzlich den Tränen nahe, und bevor ich umkippe, angele ich mir einfach einen Stuhl.
    »Dann beweisen Sie uns mal seine Unschuld«, sagt der Richter ungerührt.
    »Das Mädchen lügt«, sage ich mit fester Stimme. »Georg war mit mir zusammen, an jenem 19. September. Ich habe ihn mit nach Kitzbühel genommen, und wir haben die Nacht zusammen in einer … ähm … Villa verbracht.«
    So. Jetzt ist die Bombe geplatzt.
    Falk starrt mich an, Georg starrt mich an, und die Richter starren mich auch an.
    Es entsteht ein verwirrtes Schweigen im Saal.
    Selbst die Protokollführerin starrt mich tatenlos an. Ihre Hände liegen ganz still in ihrem Schoß.
    Ich zucke die Schultern: »Tja. Das war es, was ich sagen wollte.« Ich versuche aufzustehen und wende mich zum Gehen. Dabei gerate ich ins Taumeln. Mir ist ganz schön schwindelig. Ich atme tief durch.
    Okay. Das mag mich jetzt meine Karriere gekostet haben, mein Ansehen und natürlich meine Chancen bei Falk, aber ich konnte nicht anders.
    »Moment!«, ruft der Richter, und ich mache auf dem Absatz halt. »Wenn der Angeklagte für den besagten Abend ein Alibi hat und Sie für den Stofffetzen und den Geldkoffer verantwortlich sind, der ja ein sehr belastendes Indiz war, wer ist dann für Vickis Schwangerschaft verantwortlich? Mit wem war Vicki denn nun wirklich am Abend des 19. September zusammen?«
    Alle schweigen perplex.
    Meine Blicke kreuzen die von Georg, und wir lächeln uns eine Sekunde lang an. Meine Lippen zittern, so als müsste ich jeden Moment weinen, und ich sehe eine Träne über seine unrasierte stoppelige Wange kullern.
    Ich schaue schnell weg.
    Falk spricht etwas in sein Mikrofon, und nun kommt wieder Leben in die Dreiergruppe im Nebenzimmer.
    Ich höre, wie Charlotte Sandmann Mutter und Tochter erklärt, dass gerade jemand Georgs Alibi untermauert hat. »Er war es nicht. Und die Besitzerin des Stofffetzens ist auch aufgetaucht. Sie hat soeben ausgesagt.«
    Vicki zuckt zusammen, die Mutter redet auf sie ein, Charlotte Sandmann hält sich das eine Ohr zu, damit sie den kleinen Knopf in ihrem anderen besser hören kann.
    Falk spricht wieder ins Mikrofon, ich höre, wie er nach dem Freund fragt, nach der Diskothek und der Möglichkeit, dass jemand Vicki was ins Glas getan haben könnte.
    Vicki schüttelt den Kopf. Ich möchte sie anbrüllen, dass sie endlich aufhören soll zu lügen! Sie hat doch von nichts eine Ahnung, bei ihrer ganzen Sauferei und Herumtreiberei! Sie

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