Herzgesteuert: Roman (German Edition)
aus der verglasten Vorderfront auf den Kapuzinerberg? Hier können die Patienten sich schon im Wartezimmer herrlich entspannen, man könnte auch noch einen Ausgang ins Freie machen …« Ich rüttele an der Fensterfront. Unten auf der vierspurigen Straße sausen die Autos vorbei, bevor sie sich in einer langen Schlange vor der Ampel stauen. Ein Bus quietscht und drängelt sich zwischen die Fahrzeuge. Zwei Taxis hupen und verlangen, vorgelassen zu werden. Ein Rettungswagen nähert sich mit Tatü-Tata und rast in Richtung benachbartes Unfallkrankenhaus.
»Wie oft steht man da im Stau?«
»Überhaupt nicht, Herr Dr. Braunwald, überhaupt nicht! Sie haben vorne auch noch die Parkplätze von der Sparkasse, die Ihre Patienten natürlich mitbenutzen können.« Ich zupfe ihn am Ärmel, damit er von seiner aberwitzigen Stauidee ablässt. »Schauen Sie sich den hinteren Bereich an, dort könnte man den Röntgenraum einrichten oder die Teeküche für die Arzthelferinnen …«
»Diese verschachtelten fensterlosen Räume hier …« Der alte Herr schreitet kritischen Blicks über die Baustelle, wobei sein feiner dunkelblauer Tuchmantel schon Putzflecken bekommt. »Was sollen die denn mal werden?«
»Das sind natürlich die perfekten Gästetoiletten«, antworte ich fachmännisch. »Da müssten nur noch die passenden Anschlüsse gelegt werden. Und eine Frischluftzufuhr natürlich …«
Obwohl ich auch nicht so genau weiß, was diese komischen Verliese einmal werden sollen. In einem scheint es sich ein Bauarbeiter bequem gemacht zu haben, bevor er wieder an die Arbeit ging: Auf dem Fußboden liegt eine dicke Schicht gelbes Dämmmaterial, darüber ist eine graue Wolldecke gebreitet, und am Fußende steht ein Spirituskocher mit einem kleinen Töpfchen. Leere Wasserflaschen und eine Konservendose mit Bohneneintopf schauen aus einer Plastiktüte mit dem Aufdruck meines Lieblingssupermarktes.
Die Doktorenmutter schaut nun auch leicht irritiert in den fensterlosen Raum.
»Sieht ganz so aus, als hätte sich hier ein Obdachloser eingenistet …«
»Aber liebe gnädige Frau!« Unauffällig ziehe ich die Dame am Pelzmantelärmel aus der Gefahrenzone. Mein Gesicht ziert ein strahlendes Lächeln.
»Das ist ganz und gar unmöglich! – Ich sagte gerade zu Ihrem Gatten, dass ich Ihnen bis Mitte der kommenden Woche zusichern kann, dass alle Leitungen Ihren Wünschen entsprechend verlegt werden. Wo haben Sie übrigens diesen entzückenden Pelzmantel her?«
Während ich noch auf die freundliche Dame einrede, kommt mir plötzlich der Mann aus dem Park in den Sinn. O Gott. Der wird doch wohl nicht … ausgerechnet in meinem Revier wildern? Das wäre ja ein ganz unglaublicher Zufall! Erst mein Lieblingssupermarkt, dann meine Lieblingsbank im Park und nun auch noch meine Immobilie?
Das wäre ja geradezu unheimlich!
Wir balancieren wieder Arm in Arm über die Baubretter, wobei wir uns gegenseitig freundlich den Bauschutt von den Luxusmänteln klopfen.
Beim Verlassen der Baustelle knöpfe ich mir den Bauaufseher vor: »Lassen Sie bitte das Zeug aus dem Raum entfernen, ja?«, sage ich so charmant wie möglich. »Das kann da unmöglich bleiben, das verschreckt mir die Kunden!«
»Geht klar«, brummt der Mann hinter mir her, und ich winke das reizende Ehepaar aus der Parklücke. Dann winke ich noch so lange, bis ihr schwarzer Mercedes in der nächsten Kurve verschwindet.
6
E in paar Tage später besprechen wir im Club der Unternehmerinnen das Charity-Golfturnier, das am 7. Juni in Bad Ischl stattfinden soll. Der Lions-Club hat uns dazu eingeladen. Natürlich auf meine Anregung hin, denn die Herren vom Lions-Club kaufen und verkaufen immer mal wieder gern Liegenschaften oder kennen jemanden, der das gerade im Begriff ist zu tun! Alle diese Herrschaften muss ich mir warmhalten – und der Golfplatz ist die beste Warmhaltestelle dafür! Bekanntlich werden nirgends so viele Geschäfte gemacht wie auf dem Golfplatz. Nach den vier Stunden, in denen ich mit meinen Golfpartnern die achtzehn Löcher abgehe, habe ich mit Sicherheit wieder ein paar Spinnen im Netz. Das nenne ich Networking!
Jede Dame vom Club der Unternehmerinnen soll eine Sachoder Geldspende in Höhe von mindestens dreihundert Euro zur Verfügung stellen, damit wir das Golfturnier auch stemmen können. Außerdem suchen wir Sponsoren. Einer meiner größten Sponsoren ist übrigens der Besitzer des Erotikclubs »Pascha« – warum auch nicht?! Dafür stellen wir seine Werbeflächen
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