Herzgrab: Thriller (German Edition)
privat verantworten müssen.
» Ich sehe doch, dass du nicht vorhast, nach Wien zu fahren « , murrte Scatozza, als sie zu viert durch den Nieselregen von Florenz zum Pajero gingen.
Gerink legte mit geschlossenen Augen den Kopf in den Nacken und genoss den Wetterumschwung, der endlich die schwüle Hitze aus dem Florentiner Talkessel vertrieb.
» He, amico, was ist? «
Gerink blinzelte Scatozza zu, sagte aber nichts.
» Wir brauchen zumindest eine taugliche Spur « , antwortete Elena an seiner Stelle.
Monica presste fröstelnd die Arme an den Körper. » Nach allem, was wir in den letzten Tagen erlebt und gesehen haben, glaube ich nicht, dass Tante Teresa noch am Leben ist … oder? «
» Da fragst du am besten Rain Man « , antwortete Scatozza. » Der hört meistens auf sein Bauchgefühl, und das sagt ihm, ob deine Tante noch lebt oder nicht. «
Deine Tante! Seit wann waren Dino und Monica per Du? Offensichtlich war ihm seit gestern einiges entgangen. Sie waren schon ein merkwürdiger Haufen von Angehörigen, Privatschnüfflern und Ermittlern, denen der Fall entzogen worden war. Aber immerhin hatten sie in wenigen Tagen mehr auf die Reihe gebracht als die italienischen Kollegen in monatelanger Arbeit.
Sie erreichten den Parkplatz, auf dem ihr Geländewagen neben Elenas Leihauto stand. Gerink begann, Elenas und Monicas Gepäckstücke aus dem Alfa in ihren Dienstwagen zu räumen.
Elena trat an seine Seite. » Verrätst du mir, was du vorhast? «
» Wir fahren gemeinsam zu den Del Vecchios. «
Elena verschränkte die Arme. » Wozu? «
» Ich spüre, dass dort die Antwort auf unsere Fragen liegt. «
Von den Serpentinen in den Bergen aus betrachtet wirkte Florenz, als würde die Stadt in Dunkelheit versinken. Ebenso die umliegenden Felder und Olivenhaine.
Das Grundstück der Del Vecchios auf der Anhöhe von San Michele trotzte dem nahenden Sturm. Die Zypressen bogen sich im Wind, und die meisten Fensterläden waren geschlossen.
Als Gerink mit dem Pajero auf das Grundstück zufuhr, wurde das schmiedeeiserne Tor geöffnet. Sie rollten mit dem Wagen am Natursteinbecken und Orchideenglashaus vorbei bis zum Eingang der Villa. Auf dem ovalen Vorplatz aus Terrakottasteinen parkte ein Maserati. Gerink hielt daneben. Seine Begleiter stiegen aus und standen noch keine Sekunde lang neben dem Auto, als bereits die Haustür aufflog und Zenobia Del Vecchio zügig die Treppe herunterkam. Gerink ließ den Schlüssel im Wagen stecken und stieg ebenfalls aus.
Ähnlich wie bei ihrem letzten Besuch, bei dem Gerink von Zenobia so charmant aus dem Haus komplimentiert worden war, trug sie Riemenstöckelschuhe und einen eleganten Hosenanzug, diesmal in Weinrot, und eine dazu passende Stola. Ihr graues Haar war zu einem straffen Knoten hochgesteckt.
Ihr Auftritt hatte nichts Anmutiges mehr. Sie stand auf der letzten Stufe unter dem schützenden Balkon, sodass der Nieselregen sie nicht erreichte, alle anderen jedoch vor ihr im Regen stehen mussten und sie auf ihre Gäste herabblicken konnte.
Sie empfing Monica mit einer kühlen Distanz, die von ihrer Enkelin genauso erwidert wurde. Gerink glaubte sogar, in Monicas Körperhaltung eine gewisse Abscheu ihrer Großmutter gegenüber zu erkennen, die sie ein Jahr lang nicht gesehen hatte.
Zuletzt reichte die Hausherrin Gerink die Hand, etwas länger als den anderen, sodass die Armreifen an ihrem Handgelenk klimperten. » Sie also haben die Leiche meines Sohnes gefunden. «
Gefunden? So konnte man es natürlich auch umschreiben.
» Gemeinsam mit meiner Frau. « Gerink nickte zu Elena, die zwar höflich lächelte, sich aber interessiert auf dem Grundstück umsah. Gerink kannte diesen Blick. In Elenas Kopf liefen gerade alle Rädchen auf Hochtouren. Sie blickte kurz in jene Richtung, aus der das Kläffen der Pitbull Terrier kam.
Zenobias hochgezogene Augenbrauen und die hervortretenden Wangenknochen unterstrichen ihre Arroganz. » Wie kann ich Ihnen behilflich sein? « , murmelte sie, aber es klang wie Schert euch zum Teufel !
Gerink hatte zwar Salvatores Leben nicht retten können, aber sie hatten immerhin seinen Mörder gefasst und dessen Handlanger getötet. Er hätte von Zenobia zumindest eine Floskel des Dankes erwartet – selbst wenn sie nicht ehrlich gemeint gewesen wäre. Der Besuch lief nicht gerade so, wie er sich das vorgestellt hatte. Doch sie hatten einen Plan B.
» Wir sind gekommen, um Ihnen Ihre Enkeltochter zu bringen « , sagte Gerink. » Monica möchte bis zur
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