Herzgrab: Thriller (German Edition)
nach Siena über die Felsen und konnte nur noch tot aus dem Wrack geborgen werden « , sagte er schließlich, » und Lorenzo verbrannte in seinem Motorboot auf dem Arno, als er eine undichte Dieselleitung reparieren wollte. «
Zumindest hatte Dinos Anmache in diesem Fall etwas Gutes – Cristina wurde gesprächig. » Unternahm Ihr Mann öfter solche Fahrten? « , fragte Gerink.
» Er besaß drei Boote « , übersetzte Scatozza.
Cristinas Erzählung wurde von einem Dienstmädchen unterbrochen, das mit Gläsern und einem Wasserkrug auf einem Tablett das Zimmer betrat. Gerink roch den Duft von Limetten.
» Eine kleine Aufmerksamkeit von Zenobia Del Vecchio, damit Sie bei der Heimfahrt nicht so durstig sind « , erklärte das Mädchen auf Italienisch und vollführte einen Knicks. Es war eine Art höflicher Rauswurf. Nachdem sie den Saft getrunken hatten, verließen sie das Zimmer.
» Ich möchte mir noch den Hintereingang ansehen « , sagte Gerink, als sie im Treppenhaus nach unten gingen.
Cristina führte sie an der Küche vorbei zum ehemaligen Lieferanteneingang. Kein Töpfeklappern. Zudem roch es steril, als hätte schon lange keiner mehr in diesem Haus gekocht.
Sie traten an der Rückseite der Villa ins Freie. In dieser abgeschiedenen Ecke des Grundstücks lag nur eine Pferdekoppel, auf der einige Stuten grasten. Die Wiese ging in weite Mohnfelder über. Ein schmaler Forstweg führte über den Hügel und verschwand nach etwa fünfhundert Metern zwischen den Pinien. Cristina erklärte, dass der Forstweg nach etwa einem Kilometer auf eine Bergstraße treffe, die nach Florenz führe.
Sofern man einen Schlüssel für das hüfthohe Eisengatter am Waldrand besaß, konnte man mit einem Geländewagen sogar bis zur Rückseite der Villa fahren.
Während Cristina am Lieferanteneingang wartete, gingen Gerink und Scatozza über den Pfad zum Gatter am Waldrand. Für jemanden, der sich auskannte, wäre das Schloss leicht zu knacken gewesen. Ein gebogener Draht genügte. Aus Erfahrung wusste Gerink, dass am Tatort einer Entführung die ersten achtundvierzig Stunden entscheidend waren. Danach begannen die Zeugen schon, Daten und Uhrzeiten durcheinanderzubringen. Verdächtige hatten sich bereits wasserdichte Alibis besorgt, Spuren waren vernichtet und widersprüchliche Aussagen aufeinander abgestimmt worden. Außerdem war es einen Monat nach Teresas Verschwinden zwecklos, hier nach Fingerabdrücken, Autospuren oder Zigarettenkippen mit DNS -Spuren zu suchen.
Zweifelsohne musste der Glatzkopf diesen Weg genommen haben, durch den Wald auf die Bergstraße nach Florenz. Das verriet Gerink, dass die Entführung geplant worden war. Entweder kannte der Mann das Grundstück der Del Vecchios, oder er hatte es vorher ausspioniert. Er musste von der Trauerfeier gewusst haben, auch dass Teresa an diesem Tag anreisen und ihr übliches Zimmer beziehen würde. Gerink glaubte nicht an Zufälle. Und dann war da noch diese andere Sache mit Teresas Brüdern: Salvatores Verschwinden und Matteos und Lorenzos tödliche Unfälle.
Sie gingen zurück zur Villa. Die Pferde kamen zum Holzzaun, als erhofften sie sich ein Stück Zucker, und irgendwo kläfften wieder diese beiden nervigen Köter.
» Zenobia Del Vecchio hatte vier Kinder « , fasste Gerink zusammen.
Scatozza blickte auf die Armbanduhr. » Ich muss in zwanzig Minuten zu meinem Laptop. «
Gerink ignorierte den Kommentar. » Vor einem Jahr verschwindet ihr ältester Sohn Salvatore und hinterlässt nur einen Abschiedsbrief. Danach stürzt ihr zweiter Sohn Matteo mit seinem Wagen über die Klippen, Lorenzo fackelt in seinem Boot ab, und letzten Monat wird ihre Tochter Teresa auf dem Grundstück entführt. Das ist mehr als bloß Pech. « Er warf Scatozza einen Blick zu. » Zenobia muss irgendjemandem zu nahe getreten sein, der sich nun an ihr rächt oder sie einschüchtern möchte. «
» Möglich. «
» Dann wären aber nicht nur ihre Kinder in Gefahr, sondern auch ihre Schwiegertochter Cristina oder ihre Enkelkinder, wie beispielsweise Monica. «
» Was soll der in Wien schon passieren? « , brummte Scatozza. » Gib mir den Autoschlüssel. In zwanzig Minuten bin ich bei unserem Wagen. «
» Geh mir nicht auf die Nerven! « , warnte Gerink ihn. Er erinnerte sich an das Gespräch, das er mit Monica im Haus ihrer Tante geführt hatte. Gestern hatte er noch keinen Zusammenhang zwischen dem Untertauchen ihres Vaters und der Entführung ihrer Tante gesehen. Mittlerweile war er vom Gegenteil
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