Herzgrab: Thriller (German Edition)
erinnerte.
Er folgte ihrem Blick. » Ach ja, das Gemälde. Kommen Sie mit. «
Sie marschierten durch einen langen Korridor zur Vorderseite des Hauses. Das Klappern von Elenas Stöckelschuhen hallte durch die ganze Villa. Sie war sprachlos, als sie die riesige Eingangshalle erreichten. Durch ein großzügiges getöntes Dachflächenfenster schien die Abendsonne in den Raum. In jeder Ecke ragte eine mannshohe Palme aus einem wuchtigen Topf. Eine an Stahlseilen hängende chromfarbene Treppe führte in das obere Stockwerk. Darunter standen Rattanstühle um einen Korbtisch, auf dem Elena eine Mappe mit dem blauen Rinaldi’s-Logo entdeckte. Möglicherweise handelte es sich um die Gutachten und die Expertise des Körner-Instituts. Rasch wandte sie den Blick ab.
In einer Ecke lagen Dutzende Kartons, Styroporteile und schwarze Plastikbänder auf den Fliesen. Eine ältere Frau mit blauer Schürze kehrte soeben den Abfall in einen Müllsack.
Dunek warf der Bediensteten einen scharfen Blick zu. » Ewa, ich dachte, Sie seien längst fertig! «
Sie zuckte zusammen. » Entschuldigung « , murmelte sie mit einem starken Akzent, der Elena geläufig war.
Er machte eine knappe Kopfbewegung. » Raus hier. «
Kommentarlos ließ die Frau Schaufel und Besen liegen und verschwand.
» Nehmen Sie den Besen mit! « , rief Dunek ihr nach.
Was für ein Arsch, dachte Elena. Aber diese Meinung hätte sie auch gehabt, wenn die Putzfrau nicht aus Polen gekommen wäre. » Sie haben das Gemälde bereits ausgepackt? « , fragte sie schließlich mit freundlicher Stimme.
» Für diesen Kaufpreis kann man doch einen entsprechenden Service verlangen, oder? « , sagte Dunek. » Drehen Sie sich um « , forderte er sie auf. » Die Fachleute der Spedition haben es bereits aufgehängt. «
Elena wandte sich um und schaute nach oben. Neben dem Treppenaufgang befand sich eine große fliederfarbene Wand. In etwa drei Meter Höhe hing Isabellas Antlitz .
» Ist das nicht ein herrlicher Platz? « Dunek deutete zur Decke. » Wenn das Licht durch das Dachflächenfenster fällt, kommt das Gemälde richtig zur Geltung. Es handelt sich um ein Spezialglas; die Sonne kann den Farben nichts anhaben. «
Auch wenn Elena das selbstgefällige Geschwafel des Millionärs mittlerweile satthatte – er sagte die Wahrheit. Im Vergleich zur Auktionshalle wurde dieser Ort dem Gemälde mehr als gerecht. Es hätte in keinem Museum der Welt hängen dürfen.
Die Wand des oberen Stockwerks bot reichlich Platz für den knapp zwei mal drei Meter großen Keilrahmen. Sobald man die Villa nicht wie Elena über die Terrasse, sondern durch den Haupteingang betrat, sah jeder Besucher als Erstes unweigerlich dieses Bild. Isabellas geneigter Kopf und ihr leicht nach unten gerichteter Blick wirkten hier noch intensiver als im Auktionssaal. Sie wurde das Gefühl nicht los, dass die Frau auf dem Gemälde lebte und ihr direkt in die Augen sah.
» Es ist wie geschaffen für diesen Ort « , flüsterte sie zu sich selbst.
» Nicht wahr? «
Sie fuhr zusammen. Dunek stand dicht neben ihr. » Deshalb musste ich es haben. «
» Darf ich fragen, wie Sie das Geld für den Kauf aufgebracht haben? « Die Frage war unverschämt indiskret, doch dem selbstgefälligen Gockel würde sie bestimmt gelegen kommen.
» Ich spekuliere an der Börse. Das ist nicht jedermanns Sache, doch bisher hatte ich Glück. Man muss kaufen, wenn alle in Panik geraten, und verkaufen, wenn sich der Markt erholt. Das ist das ganze Geheimnis. « Während er sprach, ging Monica fasziniert die Treppe nach oben, um das Gemälde näher zu betrachten. Sie beugte sich über den Handlauf und hätte mit den Fingern beinahe die dick aufgetragene Farbschicht berühren können.
» Ich verrate Ihnen ein Geheimnis. Wissen Sie, wie man ein kleines Vermögen an der Börse erzielt? « , fragte Dunek.
Elena schüttelte den Kopf.
» Indem man ein großes investiert. « Er lächelte über seinen eigenen Scherz. » Aber im Ernst, ich spekuliere mit Grundstücken und halte Firmenanteile an osteuropäischen Flughäfen. Der Markt boomt seit etwa acht Jahren – trotz Finanzkrise –, und ein Ende ist nicht abzusehen. Ich bin sozusagen zum besten Zeitpunkt auf den richtigen Zug aufgesprungen. «
Was für ein Glückspilz!
Mit einer knappen Geste deutete er durchs Haus. » Das ist bei Weitem nicht der einzige Del Vecchio, den ich besitze. In dieser Villa befinden sich sechs weitere Gemälde von ihm und in meinen Büros in Prag, Budapest und
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