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Herzkurven

Herzkurven

Titel: Herzkurven Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michelle Holman
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die Hüften. »Begaffst du mich?«
    »Natürlich nicht!« Nach übermäßigem Haarwuchs suchen war nicht begaffen.
    »Hast du vor, weiter hier zu stehen und mir zuzuschauen, während ich mich wasche?«
    »Nein!«
    »Dann schleich dich!« Ross griff sich Dannys Ellbogen, hob sie in den Flur und schloss dann die Tür direkt vor ihrer Nase.
    Danny stürmte davon. Der Anrufer auf dem Handy war nicht Deryl gewesen, und so ging sie kurz nach ihr schauen. Allein schon der Fakt, dass Deryl zum Arzt gegangen war, war besorgniserregend – sonst waren die einzigen Gelegenheiten, in denen Deryl etwas mit medizinischem Personal zu tun hatte, wenn ihre Schweine einen Tierarzt brauchten. Nachdem sie mit Deryl gesprochen hatte, stürmte Danny zurück ins Haus, zog Patricks Koffer unter Nellas Bett heraus und schleppte ihn zur Badezimmertür. Auf keinen Fall würde sie erlauben, dass Ross halb nackt durch das Haus stolzierte. Sie würde sich sonst nicht davon abhalten können, weiter nach Zeichen für abartigen Haarwuchs zu suchen.
    Ross trat gerade aus dem Bad, als Danny die Tür erreichte. Wie sie erwartet hatte, war sein Oberkörper nackt. Ein Handtuch lag um seinen Hals, und sein dreckiges T-Shirt trug er in der Hand.
    Sie ließ den Koffer auf seinen Fuß fallen. »Hier!«
    »Au!« Ross riss seinen Fuß unter dem Koffer heraus. »Was ist das denn jetzt?«
    Sie zeigte auf das Gepäckstück. »Das sind Patricks Sachen. Zieh dir etwas an!« Damit drehte sie sich um und ging.
    Der Louis-Vuitton-Koffer lag auf der Seite vor Ross’ Füßen. Er ging in die Hocke und berührte ihn zögernd. Dann klemmte er sich die Hände zwischen die Knie; er wollte die Sachen seines Bruders nicht berühren. Er schüttelte ungeduldig den Kopf. Er benahm sich dumm; außerdem, wenn er die Besitztümer seines Bruders nicht sortierte, hieß das nur, dass eine seiner Schwestern oder seine Eltern es tun mussten.
    Der Reißverschluss öffnete sich leise surrend, und die zwei Hälften teilten sich. Ross öffnete den Koffer und atmete tief durch. Das war ein Fehler. Der Geruch von Pats Aftershave stieg ihm in die Nase, überflutete seinen Blutkreislauf, überzog seine Nerven und wurde von den Poren seiner Haut aufgesogen. Ross fiel nach hinten gegen die Wand. Er fühlte sich schlecht und unsicher. Er ballte seine Hände zu Fäusten und legte einen Arm auf sein Knie, als der Geruch noch stärker zu werden schien.
    Dannys blaue flache Ballerinas erschienen neben ihm. Sie berührte kurz die Haut zwischen seinen hochgezogenen Schultern, dann kniete sie sich neben ihn, um den Koffer zu schließen. »Bleib nackt!« Sie schnappte sich den Griff und stand auf. »Deine nackte Brust lenkt zumindest etwas von deiner Nase ab.«
    Der Anflug eines Lächelns hob seine Mundwinkel. Danny war selbst dann bösartig, wenn sie eigentlich freundlich war. Es war wieder passiert – diese Verbindung zwischen ihnen. Sie hatte gewusst, was er fühlte und auch, dass er keine Umarmung oder freundliche Worte wollte. Ihre kurze Berührung hatte gereicht, und ihre böse Bemerkung über seine Nase war genau das, was er gebraucht hatte, um die Anspannung zu lösen.
    Ross beobachtete, wie Danny den Koffer in das Zimmer ihrer Schwester zurückzerrte. Er war viel zu schwer für sie – sie musste rückwärtsgehen und mit beiden Händen ziehen –, aber Ross bot ihr keine Hilfe an. Er wusste, dass sie keine wollte. Stattdessen stemmte er seine Ellbogen auf die Knie und vergrub die Hände in den feuchten Locken, die von seinem Kopf abstanden. Der Abstand zwischen ihm und Pat hatte nur vier Jahre betragen, nicht so viel, aber die Kluft zwischen ihnen hatte auch nichts mit ihrem Alter zu tun gehabt. Pat war immer eifersüchtig auf Ross gewesen. Einmal hatte er in einem Wutanfall geschrien: »Ich versuche ständig, mal aus deinem Schatten zu treten!
Niemandem
fällt auf, was
ich
leiste!«
    Die ganze Familie hatte gehofft, dass Pat irgendetwas finden würde, das er leisten konnte und das ihn glücklich machte. Aber er hatte sich nie entschieden, nie etwas zu Ende gebracht, das er angefangen hatte. Immer jagte er etwas nach, was es nicht gab. Ross vermutete, dass Pat ihn nur aus Spaß zum Vormund der Kinder ernannt hatte. Als das zweite von sechs Kindern hatte Ross vor Jahren schon seinen Teil in Sachen Naseputzen und Barbies-aus-dem-Klo-Fischen geleistet. Er hatte dem Gejammer seiner Schwestern über Kerle zugehört, in die sie verliebt waren, die aber leider ihre beste Freundin liebten, oder

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