Herzkurven
aufgepasst hatte, fühlte Danny sich wohler mit der ganzen Situation. Sie erlaubte Matt und Mia, Ross anzurufen, und gestattete ihm, sie zu besuchen und auch Fotos für seine Eltern zu machen – aber nur, wenn sie in der Arbeit war. Er sprach ab und zu am Telefon mit ihr, aber gesehen hatte er sie seit dem Tag der reparierten Toilette nicht mehr. Sie war so kühl und abweisend wie der Nordpol.
Während Danny es Ross einfacher gemacht hatte, die Kinder zu sehen, hatte sie die Barrieren zwischen sich und ihm verstärkt. Zu versuchen, sie festzunageln, war so schwierig wie eine Qualle packen – sie rutschte ihm einfach immer wieder aus den Fingern. Ross hatte darüber nachgedacht, ihr zu verraten, dass ihm zwei Drittel des Hauses gehörten, hatte sich dann aber zurückgehalten. Das war sein Trumpf im Ärmel, und er hielt sich lieber bedeckt, um ihn herausziehen zu können, falls irgendetwas schieflief.
*
Er saß an seinem Laptop, als das Telefon klingelte. Die Glastüren, die zur Dachterrasse des Penthouse führten, waren zurückgeschoben, und der Raum war erfüllt von Sonne und dem Duft des Meeres. Der leise Wind trug ihm die entfernten Unterhaltungen von Leuten zu, die auf den Terrassen der Restaurants und Bars am Viaduct Basin saßen. Eine Möwe schwebte auf der Suche nach etwas Fressbarem herbei, bevor sie einen Flügel senkte und über das blaugrüne Wasser davonglitt.
Ross schaute auf das Display seines Handys: Es war Wanda Newton, seine Agentin in New York. Er nahm das Telefon vom Sofa, legte es an sein Ohr und sagte: »Hoffentlich gute Nachrichten.«
»Ich fürchte nicht.« Wandas Stimme war von jahrelangem Rauchen rauh. »Wusstest du, dass in einem neuseeländischen Frauenmagazin ein Artikel über dich steht?«
Nein, aber Ross konnte sich vorstellen, was er in dem Artikel finden würde: ein paar Fotos und jede Menge Mutmaßungen. »Mein Besuch in Neuseeland sollte nicht bekannt werden. Ich bin in einer Familienangelegenheit hier, nicht wegen Publicity. Wie hat die Presse es herausgefunden?«
»Ich habe keine Ahnung; wahrscheinlich haben sie auch da unten Paparazzi«, antwortete Wanda unbekümmert.
Ross runzelte die Stirn. Nichts an Wanda war unbekümmert; dieser Begriff existierte nicht in ihrem Wortschatz. Er hörte das vertraute Klicken ihres Feuerzeuges. »Wusstest du«, fragte Wanda unschuldig, »dass Findlays auch eine Niederlassung in Neuseeland hat?« Findlays war sein in New York ansässiger Verlag. »Es ist eine ziemlich frische Sache, aber anscheinend gibt es in Neuseeland und der Südsee genügend Talente, damit es sich lohnt.« Dann folgte Schweigen.
Ross versuchte herauszufinden, worauf sie hinauswollte. Er lauschte, wie sie den Rauch ausblies. »Du saugst an einem dieser widerlichen Glimmstengel, oder?«
»Ich liebe die Aufmerksamkeit, die es mir von all den Leute einbringt, die versuchen, mich zu bekehren«, entgegnete sie schleppend. »Besonders von dir.«
Nichts erschütterte Wanda. Sie war mindestens sechzig, eine Veteranin, die vier Ehen hinter sich hatte, und eine Altmeisterin der Verlagsbranche. Ihr Gesicht war tabakfarben gebräunt und nach unzähligen Stunden und Tagen, die sie mit ihrem Lieblingshobby Segeln verbrachte, mit tiefen Falten überzogen. Wanda rauchte ihre Zigaretten in einem Schildpatthalter und trank ihren Scotch unverdünnt. Ross’ Sarkasmus und Launen prallten einfach an ihr ab. Je schwieriger er wurde, desto mehr gefiel es ihr. Wenn die Gelegenheit es erforderte, konnte sie mindestens genauso stur sein wie Ross. Er schätzte ihre Professionalität, ihren verlegerischen Instinkt und ihre Freundschaft. Sie besaß die Gabe zu erkennen, was eine gute Story davon abhielt, eine herausragende Story zu werden. Ross stimmte Wanda nicht immer zu – aber er vertraute ihr. Er hatte einmal gefragt, warum Findlays ihn niemals mit einer der jüngeren (und hochattraktiven) Lektorinnen arbeiten ließ, die sich im Verlag langsam nach oben arbeiteten.
Wanda hatte nur kehlig gelacht. »Weil du sie zum Frühstück verspeisen würdest, deswegen. Die Hälfte von ihnen hat Angst vor dir, und die andere Hälfte ist scharf auf dich, was dir vielleicht einen Fick verschaffen, aber nicht dafür sorgen würde, dass dein Manuskript nach deinen perfektionistischen Vorstellungen bearbeitet wird.«
»Ich bin nicht perfektionistisch.«
»Natürlich nicht.«
»Ich habe nur Standards.«
»Mmmmm …«
Ross lauschte wieder, wie Wanda an ihrer Zigarette zog. »Wie läuft’s mit dem
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